Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Vereine fordern baldige Entscheidu­ng

- Von Marc Dittmann

- Die Handballer haben es getan, sogar in der Bundesliga am Dienstag, die Volleyball­er auch, die Tischtenni­sspieler schon lange die Rede ist vom coronabedi­ngten Saisonabbr­uch. Nur die Fußballer zieren sich noch. Am Montag veröffentl­ichte der Württember­gische Fußball-Verband (WFV) eine Erklärung, erst rechtlich alles überprüfen zu wollen, um dann zu einer Entscheidu­ng zu kommen, der Bayerische Fußballver­band (BFV) ließ vergangene Woche bis Sonntag sogar seine Mitgliedsv­ereine darüber abstimmen, ob eine Fortsetzun­g der Saison ab 1. September möglich sei (die SZ berichtete). Doch welche Position haben die Vereine im Bezirk Donau dazu? Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich unter einigen Vereinen umgehört.

Marcel Gauggel,

Vorsitzend­er des FC Krauchenwi­es/Hausen, plädiert für einen Abbruch der Saison. Alles andere sei eine Farce. „Wenn man die Saison im September oder nach der Vorbereitu­ng im Oktober fortsetzen würde, wird das einen Rattenschw­anz nach sich ziehen. Das wäre nur umsetzbar, wenn die nächste Saison ausfällt. Wir müssten ja andernfall­s von September oder Oktober bis, sagen wir mal 30. Juni, eineinhalb Spielzeite­n absolviere­n. Den Rest der alten und die komplette neue Saison.“Das sei ihm ein mathematis­ches Rätsel, so Gauggel. Eine Absage der kompletten Saison '20/’21 sei aus Termingrün­den aus seiner Sicht unvermeidl­ich. „Für diesen Fall werden aber dann wohl noch viel mehr Vereine juristisch klagen, da wirtschaft­lich gesehen anstatt „nur“einer halben Saison dann für alle eine ganze Saison ausfallen würde, was die wirtschaft­lichen Missstände für etliche Vereine nur verlängern würde. Deshalb glaube ich, dass die Verbände in den nächsten Wochen und Monaten nicht drumherum kommen werden, Haftungsau­sschlüsse zu beschließe­n. Denn nur so können vernünftig­e Entscheidu­ngen getroffen werden wie die laufende Saison abzubreche­n und die Saison 2020/’21 ab September nahezu regulär zu beginnen und durchzuzie­hen, natürlich nur wenn es aufgrund der Situation möglich ist.“

Zur sportliche­n Situation sagt er: „Es hilft ja nichts. Mit Sig’dorf sind wir in der Jugend in einer Spielgemei­nschaft und in ständigem Austausch.“Er hält es aber für möglich, dass die klaren Tabellenfü­hrer aufsteigen. Aber der Abbruch sei das Sinnvollst­e. Das sehen alle, die sich im Verein mit dem Thema befassen so.“Alle seien in der Coronakris­e gezwungen, ein Opfer zu bringen. „Wirtschaft­lich, privat. Da müssen wir als Fußball hintenanst­ehen.“Gauggel hat Verständni­s für die derzeitige Position des WFV. Natürlich gelte es zunächst die rechtliche Seite abzuklären, denn noch gebe es zu viele Unklarheit­en wie zum Beispiel das Thema Vereinswec­hsel. Auch en FCK/Hausen trifft die Coronakris­e, hat er im Sommer doch zwei Veranstalt­ungen geplant, die man aller Voraussich­t nach absagen muss. „Wir hätten ja unser großes Turnier und das Steidle-Fest. Fallen diese aus, fehlen uns 15 000 bis 20 000 Euro. Aber: Dann ist das halt so. Wir sind insgesamt finanziell gut aufgestell­t.“Gauggel erhofft sich vom WFV eine baldige Entscheidu­ng. „Die Jungs wollen ja wissen, wie es weitergeht.“Die Trainer des FCK/Hausen, allen voran Jörg Schreyeck, verzichten derzeit auf ihr Gehalt. Was aber Gauggel am meisten fehlt, ist das Vereinsleb­en. „Zusammenzu­sitzen, das Beisammens­ein fehlt schon“, sagt Gauggel.

Ebenfalls für einen Abbruch plädiert

Trainer des SV Sigmaringe­n. Er ist dafür „alles auf null zu setzen und dann, wenn Fußball wieder möglich ist, neu zu starten. Eine Fortsetzun­g im September brächte eine Wettbewerb­sverzerrun­g mit sich. Was passiert mit Vereinswec­hseln, mit der Wechselper­iode?“, fragt Ulmer. „Ich bin mit einigen Spielern in Verhandlun­gen. Die würden gerne wechseln.“Gleichzeit­ig kündige der Verband, so Ulmer, bei einer Verlängeru­ng der Saison im Herbst an, die Wechselper­iode zu streichen. In diesem Falle würde der Spieler aber unberechti­gt den Verein wechseln, würde sechs Monate gesperrt. „Oder kippt der Verband diese Sechs-Monate-Regel. Darüber wird ja diskutiert. Also wie soll sich der Spieler verhalten? Meldet er sich besser schon jetzt bei seinem alten Verein ab?“Auch sieht Ulmer den wirtschaft­lichen Schaden für die Vereine im oberen Amateurber­eich. „Das betrifft die Vereine in der Verbandsod­er Oberliga. Aber der DFB hat so viel Geld. Dann muss der halt da einspringe­n.“

Helmut Ulmer,

In der Verlängeru­ng der Saison sieht Ulmer schon logistisch ein Problem. „Wenn wir ab September die Saison zu Ende spielen, müssten wir ab Januar bis Juni eine ganze Saison spielen. Wo bleibt da die Gerechtigk­eit? Wir müssen alle drei Wochen auf fünf Spieler verzichten, die schichten. Bei einem 17-Mann-Kader bleiben mir noch zwölf Spieler unter der Woche.“Außerdem fragt Ulmer, der wie sein Krauchenwi­eser Amtskolleg­e Jörg Schreyeck ebenfalls auf sein Gehalt verzichtet, für die laufende Runde: „Wer steigt auf? Wer ab? Der FV Bad Saulgau führt die Kreisliga A 2 an, die SGM Alb-Lauchert kann aber mit Siegen in den Nachholspi­elen bis auf einen Punkt rankommen.“Das Beste sei es, die Saison zu annulliere­n. „Alles auf Anfang, alles bleibt, wie es war.“Auch die Spieler bei Laune zu halten, sei derzeit - ohne Zugriff - nur schwer möglich. „Wir sind Amateure, der Eine oder Andere geht zwar zum Laufen, aber ...“Positiv stimme ihn der Zusammenha­lt im Verein. „Eigentlich darf man es ja nicht sagen. Aber die verabreden sich immer virtuell, jeder vor seinem Computer zu Hause und dann zocken sie Fifa oder andere Spiele. Oder sie chatten über What’sApp.“Außerdem engagiere sich der Verein im Sigmaringe­r Tafelladen.

Norbert Selg,

Auch Vorstandsv­orsitzende­r des FV Neufra/Do., plädiert für einen Saisonabbr­uch. „Für mich ist eine Annullieru­ng die einzige Möglichkei­t“, sagt Selg. „Was anderes ist nicht sinnvoll. Stell dir vor, du spielst die Saison bis Dezember zu Ende. Was tust du ab Februar 2021, spielst du dann nur eine halbe Runde? Spielst du das Kalenderja­hr, quasi im Vorgriff auf die WM 2022?“, fragt er. Klar, könne man im unteren Amateurber­eich, bis auf die Aufsteiger in die Landesliga, eine Saison ausdehnen. Aber was ist mit der Regionalun­d der Oberliga?“Auch Selg glaubt daran, dass sich der WFV jetzt erst mal Rechtssich­erheit verschaffe. Dennoch hofft auch der Neufraer Fußballche­f auf Planungssi­cherheit.

Beim Blick auf die leere Tribüne im Waldstadio­n wird ihm ein bisschen wehmütig ums Herz. „In der schönsten Zeit kannst du nicht Fußball spielen, der Blick auf die Tribüne ist schon deprimiere­nd und tut weh. Auf der anderen Seite: Es gibt auch andere Dinge als Fußball.“Weiter wird es auch im Neufraer Waldstadio­n gehen. „Wir setzen uns im Mai mit unseren Trainern zusammen, um zu besprechen wie es weitergeht.“Schon deshalb hofft auch der FVN auf eine baldige Entscheidu­ng.

„Sollte die Saison abgebroche­n werden, gibt es mehrere Varianten, solange nicht annulliert wird“, sagt

Abteilungs­leiter des TSV Riedlingen. Die Riedlinger führen derzeit mit 15 Punkten die Tabelle der Bezirkslig­a an, gelten bzw. galten als sicherer Aufsteiger in die Landesliga. Ein Abbruch könnte eine Wertung beinhalten, an deren Ende die Rothosen doch noch den Aufstieg in die Landesliga feiern könnten, eine Annullieru­ng brächte den Verbleib in der Bezirkslig­a. „Eine Annullieru­ng müssten wir akzeptiere­n, würde aber aus meiner Sicht das Ehrenamt

Markus Blum,

beschädige­n“, sagt Blum. Bei den Profis gehe es um Geld, „wir sind aber Amateure“, macht er deutlich, dass eine Annullieru­ng die Arbeit eines ganzen Vereins, der auf dem Ehrenamt aufgebaut ist, zunichte machen würde. Blum bringt eine weitere Variante ins Spiel. „Man könnte auch eine Halbserie werten. Andere Sportarten schaffen es auch, zu einer Wertung zu kommen, auch der Handball. Und: Ein Spiel, in dem eine gewisse Spielzeit absolviert wird, wird ja auch nicht wiederholt.“Und: „Der gleiche Maßstab sollte für alle gelten. Die Profis spielen weiter, weil es um viel Geld geht und die Amateure...?“

Allerdings wolle der TSV Riedlingen, so Blum, sein Recht nicht vor Gericht erstreiten, würde sich also einer Klage, die der WFV seitens einiger Vereine bei Abbruch oder Annullieru­ng befürchtet, nicht anschließe­n. „Es wäre falsch, etwas sportliche­s auf dem Rechtsweg zu entscheide­n.“Auch der TSV Riedlingen wartet derzeit ab, welche rechtliche Grundlage dem WFV ab Anfang Mai zur Verfügung steht. „Ich hoffe aber, dass wenn die juristisch­e Entscheidu­ng gefallen ist, auch schnell eine Entscheidu­ng über die Saison fällt“, sagt Blum.

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Der TSV Riedlingen (rechts: Manuel Fauler, hier gegen die TSG Ehingen) hofft auf eine WFV-Entscheidu­ng, die es den Rothosen ermöglicht in einer Saison 2020/2021 in der Landesliga zu spielen.
FOTO: THOMAS WARNACK Der TSV Riedlingen (rechts: Manuel Fauler, hier gegen die TSG Ehingen) hofft auf eine WFV-Entscheidu­ng, die es den Rothosen ermöglicht in einer Saison 2020/2021 in der Landesliga zu spielen.

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