Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Belastung für die Psyche
DFB-Teampsychologe
(Foto: dpa) sieht die Gesellschaft angesichts der CoronaKrise weit über den Fußball hinaus vor großen Herausforderungen. „Es sind ganz besondere Zeiten gerade, man könnte fast sagen: Die meisten von uns sind in einem latenten Alarmzustand, in einem Stresszustand“, sagte der 59-Jährige im „Life- und Leadership-Talk“der DFB-Akademie. Etwa Schlafstörungen seien daher normal. Auch die Profis sind betroffen. Laut einer Studie der Spielergewerkschaft FIFPro hat sich der Prozentsatz der Fußballer, die über Symptome von Depressionen klagen, seit Beginn der Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus verdoppelt. 22 Prozent der Spielerinnen und 13 Prozent der männlichen Profis, die zwischen dem 22. März und dem 14. April befragt wurden, klagten über Symptome, die mit Depressionen zusammenhängen. Für die Studie befragte FIFPro 1602 Spieler aus 16 Ländern. (dpa/SID)
Hermann
Ob richtig oder falsch, weiß aktuell niemand. Wichtig war für die Spieler, die Vereine und das gesamte Umfeld, dass es eine Entscheidung gibt und ich denke, dass es in der aktuellen Situation natürlich die sinnvollste Entscheidung war. Wenn man dann noch sagt, dass man die Saison nicht annullieren möchte und eine Wertung findet, mit der alle umgehen können, ist es auch richtig, dass es einen Meister gibt.
Der Fußball drängt mit Macht auf Geisterspiele, hätte der Handball ebenfalls noch warten sollen oder ist das Szenario ohnehin auf den Handball nicht anzuwenden?
Geisterspiele wären bei uns für viele Vereine schon finanziell nicht machbar – ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen. Im Handball schwingt natürlich noch mit rein, dass Vereine und Spieler auch eine gewisse Vorbereitungszeit für die Partien benötigen. Die meisten Clubs können nicht trainieren, das ist anders als im Fußball, da gibt es eigene Leistungszentren mit ganz anderen Möglichkeiten.
Die Entscheidung war deutlich, Alternativszenarien – Stichwort Bob Hanning und viele Spiele in kurzer Zeit an einem Ort – wurden nicht groß diskutiert.
Allgemein ist es immer gut, auch etwas visionär zu denken, aber das Zieldatum 30. Juni für das Saisonende und nicht vorhersehbare politische Entscheidungen haben den Druck halt immer erhöht. Hätte man noch ein halbes Jahr Zeit gehabt, hätte man sicher noch andere Ideen überlegen können.
Sie hatten Ihr Karriereende zum Ende der Saison angekündigt. Ist der Spieler Martin Strobel ab sofort Geschichte?
Ja, heute ist definitiv der Tag, an dem meine Spielerkarriere beendet ist.
Nach Ihrer schweren Knieverletzung bei der Handball WM 2019, dem langen Weg zurück und dem Comeback für den HBW Anfang des Jahres, hätte so eine große Karriere anders enden sollen – selbst Olympia war noch ein Thema. Kann man so überhaupt aufhören?
Es ist eine komische Situation, und man stellt es sich in einer anderen Art und Weise vor, aber damit habe ich mich ja schon die letzten Tage und auch Wochen auseinandergesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt, war ja recht hoch. Ich schaue aber gerne in die Zukunft und da stehen genug Aufgaben und Herausforderungen an. Es wäre vielleicht anders, wenn ich mir ein Idealbild für meinen Abschluss gemalt hätte – das wäre aber nicht ich. Zudem steht das im Moment auch nicht im Vordergrund. Da muss ich so einen Abschied dann einfach hinnehmen, auch wenn nach so einer langen Zeit etwas Wehmut mitschwingt.
Hätten Sie das Karriereende noch überdacht, wenn sie vor der Aussetzung der HBL nicht bereits wieder auf der Platte gestanden hätten?
Ja, vielleicht. Ich hätte mit Sicherheit auf ein Comeback hingearbeitet und mir in dem Fall sicher noch ein paar andere Gedanken gemacht, aber das ist Spielerei.
Wie geht es beruflich jetzt weiter? Immerhin ist der Zeitpunkt des Karriereendes nun vorgezogen?
Ich habe jetzt etwas mehr Zeit im Vorfeld, um meine Planungen für meine Selbstständigkeit im Bereich Teamentwicklung voranzutreiben. Dafür kann ich die Zeit gut nutzen. Ich kann manches früher anstoßen als geplant, auch wenn es in vielen Bereichen derzeit nicht vorauszusagen ist, wie es weitergeht. Außerdem werde ich mein Buchprojekt intensivieren und es zum Sommer oder Herbst abschließen.
Die Große Martin-Strobel-Story?
Eher ein Sachbuch mit biografischem Hintergrund. Natürlich spielt meine Biografie eine Rolle, aber ich will einen Transfer schaffen, welche Erkenntnisse ich aus meiner Karriere herausziehe. Nur Meilensteine abklappern ist nicht meine Art.
Privat ist sicherlich auch Trubel – als mehrfacher Vater.
Der eine ist erst sieben Monate, der andere fünf und er war vor der ganzen Geschichte auch zwei Wochen krank zu Hause, also nun seit Februar. Das ist für ein Kind und uns schon eine sehr lange Zeit. Aber man
Es wird mit Sicherheit Veränderungen geben. Wann die neue Saison losgeht, kann niemand sagen. Auch wie es mit den Sponsoring weitergeht, ist offen und das kommt dann irgendwann auch bei den Spielern an. Das kann bedeuten, ob Verträge überhaupt noch so zu halten sind, wie sie ausgehandelt wurden. Es sind viele offene Fragen.
Offen ist auch, wie Sie sich vom Handball und den Fans verabschieden. Ist der Traum von einem Abschiedsspiel da?
Erst mal werde ich mich noch von der Mannschaft ordentlich verabschieden – zunächst virtuell oder, wenn es wieder erlaubt ist, im normalen Rahmen. Danach bleibe ich nach all den Jahren natürlich Fan. Was das andere angeht, da kann man natürlich schon irgendwelche Gedanken anstoßen, aber man weiß derzeit ja absolut noch nicht, ab wann so was möglich sein könnte. Es wäre vielleicht schon schön, einen Rahmen zu finden. Zwar bin ich niemand, der da vorn stehen muss, weil ich sage: 'Ich brauche das’, aber bei den Leuten um mich herum würde ich mich für die Zeit schon sehr gerne bedanken.