Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Flauschige Wunderwaff­e gegen Wildschwei­ne

Helfen Alpakas gegen Schwarzwil­dschäden? Eine Farm in Heidelberg scheint das zu belegen

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(dpa) - Melanie Weigl schmiegt sich an das weiche Fell von Sam. Der lässt die Liebkosung über sich ergehen und verdaut ungerührt weiter seine Mittagspor­tion Gras. Das schneeweiß­e Alpaka ist einer von Weigls „Jungs“auf der Heidelberg­er Alpakafarm Hirtenaue. Der zweieinhal­bjährige Hengst ist ein echtes „Pubertier“. Weigl selbst ist für die Herde die unumschrän­kte Chefin.

Überregion­al bekannt geworden ist die 35-Jährige, weil ihre Alpakas die in dem Gebiet seit Jahren marodieren­den Wildschwei­ne vertrieben haben. „Die Alpakas sind da sehr hilfreich – sie halten die Wildschwei­ne auf Distanz.“

Eine 30-köpfige Rotte, die die Streuobstw­iesen auf der Hirtenaue heimsuchte, Anwohner in Angst und Schrecken versetzte und sogar Polizeiein­sätze auslöste, habe sich dank der Exoten in den Wald zurückgezo­gen. „Der Wildwechse­l ging direkt durch mein und die Nachbargru­ndstücke – die haben hier ihre Frischling­e geboren und sind hier gestorben“, erzählt Weigl. Die zugewachse­nen Weiden mit viel Fallobst waren bis vor einem Jahr ein Paradies für die Schweine – bis Sam & Co. das Areal in Besitz nahmen.

Dem Schwarzwil­d scheint die schiere Anwesenhei­t der 1,50 Meter großen Tiere Respekt einzuflöße­n. Denn ihre gemächlich dahin trottenden „Mäuschen“sind absolut friedlich, erzählt deren Besitzerin. „Sie würden niemals treten oder beißen – gut, dass die Schweine das nicht wissen.“Sie nutzt die Ruhe ausstrahle­nden niedlichen Tiere therapeuti­sch und bietet Alpakawand­erungen in der Umgebung an, auch im Winter. Dafür sind die aus den Anden stammenden Verwandten von Kamelen, Lamas und Vicunjas bestens ausgestatt­et. Das seidige Fell ihrer Schützling­e verarbeite­t Weigl auf dem Spinnrad weiter.

Konflikte zwischen Mensch und Wildschwei­n sind nicht nur in der Hirtenaue Thema. In ganz Deutschlan­d ist das Schwarzwil­d infolge des Klimawande­ls zur Plage geworden. Auch bei Verkehrsun­fällen kommen sich Mensch und Tier ungewollt nahe, oft mit fatalen Folgen.

Im Jahr 2018/19 starben nach Zahlen des Deutschen Jagdverban­des etwa 24 500 Wildschwei­ne bei Kollisione­n

mit Autos. Bei 2400 (2018) Verkehrsun­fällen mit verletzten Menschen waren Wildtiere auf der Fahrbahn die Ursache. Der Jagdverban­d sieht den Klimawande­l als Triebfeder für die rasante Vermehrung des Schwarzwil­des.

Ob Wildschwei­ne sich von Alpakas in Schach halten lassen? Weigl jedenfalls ist überzeugt, dass ihre Alpakas die Wildschwei­ne in die Schranken verwiesen haben. Und mit ihnen endlich Ruhe in der Hirtenaue eingekehrt ist.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Ein Alpaka steht auf dem Gelände der Alpakafarm „Hirtenaue“.

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