Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Moment für Lebemänner
MCzarnik Jiri Ehrenberger Thomas Supis Vincenz Mayer Rich Chernomaz
an muss sich als glücklichen Menschen vorstellen. Als notorische Frohnatur, die für den Moment lebt. Als Lebemann. Und das ist auch gut so. Denn sonst hätten die Zuschauer in der CHG-Arena an jenem 28. April 2019 nicht so viele Erinnerungen geschenkt bekommen. An diesem Sonntagabend nämlich feierten die ihren zweiten Meistertitel in der Deutschen Eishockey-Liga 2. Und mittendrin: die bauchrutschende „Axt von Manitoba“.
Ravensburg Towerstars
Es war Spiel sechs der Finalserie der DEL2-Play-offs zwischen den Towerstars und den
Bis dahin waren 70 Saisonspiele zu überstehen – eine lange Saison (in der die Towerstars oft auf Platz eins standen, am Ende aber die Frankfurter), am Ende stand das Traumfinale zwischen den leicht favorisierten Hessen und den Ravensburgern.
Löwen Frankfurt.
Bei den Towerstars stand Rich Chernomaz an der Bande, ausgerechnet gegen die Frankfurter, für die er lange Jahre gearbeitet hatte. Ganz offensichtlich fand der Kanadier die richtigen Mittel – und zeigte sich auf den Punkt genau als perfekter Profi. Denn Chernomaz ging in dem Wissen in diese Finalserie, dass ihm auch ein Meistertitel nichts bringen würde. Denn für die kommende Saison hatten die Towerstars im Hintergrund schon als neuen Trainer verpflichtet. Chernomaz war im Februar für den entlassenen gekommen, als Feuerwehrmann – aber was für einer!
Tomek Valtonen
Er bescherte den Ravensburg Towerstars etliche Momente des Glücks. Die Finalserie begann mit drei Auswärtssiegen – die Oberschwaben siegten zwei Mal nach jeweils hohem Rückstand, unter anderem ein 6:5 in Spiel drei nach 0:4Rückstand mit dem Siegtreffer durch
in letzter Sekunde, zwischendurch glichen die Löwen aus. Spiel vier ging mit dem ersten Heimsieg an Ravensburg, das somit Matchball hatte. Den ersten wehrte Frankfurt noch a. Zwei Tage später, am 28. April 2019, stand Partie Nummer sechs in der CHG-Arena an.
Es sollte ein fast 60-minütiger Dauerrausch werden, an dessen Ende der Meistertitel der Towerstars feststand. Die Mannschaft um Kapitän
dominierte die Frankfurter. Schon nach wenigen Minuten erzielte die Führung und brachte die mit 3418 Zuschauer natürlich ausverkaufte Arena zum Beben. Noch zweimal sollte Zucker sich in die Torschützenliste eintragen, dazu je einmal
und Goldhelm
David Zucker Robbie Andreas Driendl.
Nach einem seiner Treffer fuhr Zucker übers ganze Feld, um vor dem Frankfurter Block auf Knien rutschend zu jubeln – was die hessischen Fans natürlich nicht so gut fanden. Driendl dafür donnerte wegen seines Tores mit Gefühlsüberschuss dermaßen schwungvoll gegen eine Plexiglasscheibe, dass es niemand hätte wundern dürfen, wenn diese zerbrochen wäre. In den Schlussminuten kam Frankfurt noch zum 1:5, was höchstens – den als besten Spieler der Finalserie ausgezeichneten Towerstars-Goalie – ein bisschen gewurmt haben mag, da ihm der Shut-out verwehrt blieb.
Jonas Langmann
Die Party startete. Als größtes Feierbiest entpuppte sich Chernomaz, der die Gedanken daran, dass damit seine Zeit in Ravensburg wieder enden musste, wegwischte – und gepflegt die Sau rausließ: großes Glas Bier, Zigarre, breites nordamerikanisches Grinsen, den Pokal im Arm, ein Küsschen seiner Frau. Und dann noch dieser Moment: Vor dem B1Block lief Chernomaz an und schmiss sich in voller Anzugmontur zum Diver aufs Eis. Der tosende Applaus war ihm gewiss.
„Jetzt genießen wir es erst mal“, sagte er, der als „Axt von Manitoba“wieder einmal zugeschlagen hatte, „dann sprechen wir in Ruhe“, obwohl es – was die Öffentlichkeit noch nicht wusste, er aber sehr wohl – nichts mehr zu besprechen gab, weil Valtonen im Anflug war. Chernomaz wollte sich diesen Moment nicht nehmen lassen. Und die Stimmung wollte er auch nicht trüben. Lieber sollte die zweite Meisterschaft der Towerstars unverstellt gefeiert werden. „Eigentlich unglaublich, dass das schon wieder ein Jahr her ist“, sagte Kapitän Vincenz Mayer zuletzt während eines Pressetermins beim Malteser Hilfsdienst. „Mir kommt es vor, als wäre es erst gestern gewesen.