Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Eltern fordern Geld für Schülerfahrkarten zurück
Offener Brief an Kreisräte bringt keine Lösung – Landratsamt hofft auf Lösung durch Landesregierung
ist. „Viele sind aktuell gezwungen, in Kurzarbeit zu arbeiten, müssen aber trotzdem 100 Prozent der Schülerbeförderungskosten weiter tragen“, sagt Annette Mayer, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Liebfrauenschule in Sigmaringen. Hinzu kommt, dass Verkehrsminister Winfried Herrmann die Eltern Ende März gebeten hatte, weiter für die Schülertickets zu bezahlen, um Verkehrsbetriebe finanziell aufzufangen.
Um einen Kompromiss für beide Seiten zu finden, schlagen die Elternbeiratsvorsitzenden vor, dass es individuelle Angebote des Kreises geben soll, der verantwortlich für den Schülerverkehr ist. Das heißt: Wer es sich nicht mehr leisten kann, aus Solidarität das Schülerticket weiter zu zahlen, solle einen Antrag an das Landratsamt stellen können, um das Geld, zumindest für den Zeitraum, in dem das Kind nicht in die Schule gehen kann, vom Kreis zurückzubekommen.
Besonders sauer stößt es Reimann, Mayer und Schultz auf, dass vom Land bereits Geld zur Soforthilfe an die Kommunen und Landkreise geflossen ist. Es handelt sich um zweimal 100 Millionen Euro. Landkreistag und Städtetag empfehlen, mit diesem Geld auch die Rückerstattung der Schülerbeförderungskosten zu finanzieren. Mehrere Regionen kamen dieser Empfehlung bereits nach: Der Kreis VillingenSchwenningen wie auch der Verkehrsund Tarifverbund Stuttgart sehen im Mai von der Abbuchung der Kosten ab. Einen solchen Rundumschlag wollen die Elternbeiratsvorsitzenden aber gar nicht provozieren. „Wer einen solidarischen Beitrag gegenüber den Verkehrsunternehmen leisten möchte, sollte diesen auch zahlen dürfen, aber für alle anderen muss es eine Lösung geben“, so Schultz.
Doch das scheint nicht so einfach zu sein. Wie Marina Venn, Leiterin des Fachbereichs Finanzen im Landratsamt, der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, fließen von der ersten Charge der 100 Millionen Euro Soforthilfe vom Land 353 000 Euro an den Kreis Sigmaringen. Diese werden unter anderem für das CoronaTestcenter und die Beschaffung von Schutzausrüstung verwendet. Eine Zweckbindung hat die Soforthilfe nämlich nicht. Allerdings sei sie als Abschlagszahlung dafür gedacht, „Mehrkosten und Mindereinnahmen“zu decken und „unvorhergesehene Belastungen meistern zu können“, so Tobias Kolbeck, Sprecher des Landratsamts.
Was mit der zweiten Charge der Soforthilfe passiert, ist laut Kolbeck noch unklar. Das Landratsamt hoffe darauf, dass die Landesregierung in Sachen Schülerbeförderung „möglichst rasch einen Vorschlag vorlegt, wie die Eltern entschädigt werden können“, so Kolbeck. „Wir wollen als Landkreis hier keinen Alleingang machen“, fügt er an.
Die Antworten der Kreisräte und der Landrätin fallen ähnlich aus. Zwar zeigen alle Verständnis, geben sich aber unverbindlich. Auch Bürkle plädiert in dem Schreiben dafür, die Schülerabos nicht zu kündigen und hofft auf eine baldige Ausgleichsregelung von Seiten des Landes. Thomas Kugler nennt das Hilfsprogramm des Landes „hoffnungslos überschätzt“und Matthias Seitz findet das Anliegen der Elternbeiratsvorsitzenden zwar berechtigt, halte es aber für falsch, dadurch „den Spielraum für andere möglicherweise einzuschränken“.
Schultz, Mayer und Reimann zeigen sich von der Reaktion des Kreises enttäuscht. „Wir haben ein Gesprächsangebot erwartet“, sagt Mayer. Doch das kam nicht. Nun setzen sie auf öffentlichen Druck. „Der
Kreistag muss ins Handeln kommen, und zwar jetzt und nicht erst im August“, fordert Schultz. Denn der Kreis Sigmaringen könne immer noch Vorreiter im ländlichen Raum sein. Darauf hoffen die Elternbeiratsvorsitzenden nun.