Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Ich möchte hauptberuflich Politik machen“
Ina Schultz aus Hohentengen zu ihrer Bewerbung als Bundestagskandidatin
- In Mengen kennt man Ina Schultz als Elternbeiratsvorsitzende des Gymnasiums und Mutter dreier Kinder, die bei den Triathleten aktiv sind. Beruflich arbeitet sie als politische Referentin der grünen Abgeordneten Andrea Bogner-Unden, ehrenamtlich engagiert sie sich im Vorstand des Kreisverbands der Grünen. Jetzt möchte die 41-Jährige, die mit ihrer Familie in Hohentengen-Völlkofen lebt, für diese Partei den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen im Bundestag vertreten.
„Es macht mir unheimlich Spaß, mich für andere einzusetzen und so das gesellschaftliche Leben mitzugestalten“, sagt Ina Schultz. Begonnen habe dies, als ihre älteste Tochter in den Kindergarten gekommen ist. „Seither bin ich immer Elternbeirat gewesen und habe mich in das direkte Umfeld von Kindergarten und Schule eingebracht.“Durch ihre Arbeit im Büro der Landtagsabgeordneten habe sie in den vergangenen dreieinhalb Jahren Einblicke in das übergeordnete politische Geschehen erhalten, eigene Erfahrungen und Kontakte gesammelt. Ungefähr zeitgleich begann auch ihr Engagement im Kreisverband.
Im Dienst der Abgeordneten lernte Ina Schutz die parlamentarische Arbeit, die Reaktionen auf Presseanfragen
und das Vertreten von politischen Positionen kennen. „Besonders spannend ist für mich aber auf Landesebene auch die Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft, Finanzen und Soziales, deren Sprecherin ich bin“, sagt Schultz. Da gehe es auch um die Entwicklung von politischen Strategien und die Auswirkungen von Entscheidungen, die in Berlin getroffen werden.
„Sehr intensiv war auch die Zeit der Kommunalwahl“, sagt sie. Die habe sie nicht nur als Mitglied des Kreisvorstands begleitet, sondern sei auch als Mitinitiatorin der grünen Liste in Mengen, durch das Organisieren von Veranstaltungen und als Kandidatin für den Kreistag aktiv gewesen. „Dass ich es nicht ins Gremium geschafft habe, empfinde ich nicht als Niederlage“, sagt sie heute. „Vielmehr ist mir auch dadurch klar geworden, dass ich mich weiter politisch einbringen möchte - am liebsten hauptberuflich.“Und damit meine sie nicht als Mitarbeiterin der Abgeordneten, sondern als ein Mensch, der seine eigenen Ansichten und Überzeugungen nach außen trage und vertrete.
Nachdem Andrea Bogner-Unden im vergangenen Jahr angekündigt hatte, erneut für den Landtag zu kandidieren, hat sich Ina Schultz mit dem Thema Bundestag auseinandergesetzt. „Es ist für mich eine Frage der Loyalität, nicht gegen meine aktuelle Chefin anzutreten“, erklärt sie. Gleiches gelte auch für eine Bundestagskandidatur im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen. „Mit Johannes Kretschmann und Thomas Zawalski haben wir zwei starke Kandidaten, da möchte ich nicht als Herausforderin auftreten.“
Den Nachbarwahlkreis RottweilTuttlingen habe sie aus zweierlei Gründen ins Auge gefasst: Einerseits sei er ähnlich ländlich strukturiert wie der Kreis Sigmaringen, sodass sich viele Probleme und Forderungen übertragen ließen. Andererseits sei sie von Mitgliedern der Kreisverbände gefragt worden, ob sie sich eine Kandidatur vorstellen könnte. „Wir müssen davon ausgehen, dass es die Grünen in den wenigsten Wahlkreisen schaffen werden, Direktkandidaten in den Bundestag zu bekommen“, so Schultz. Für die Kreisverbände sei es deshalb wichtig, bekannte und gut vernetzte Gesichter als Kandidaten zu gewinnen, damit sie es über den Listenplatz des Landes schaffen. „Kontakte habe ich in den vergangenen Jahren viele geknüpft“, findet Schultz. Um in den Bundestag einziehen zu können, müsste sie nach eigener Aussage etwa den 20. Platz der Liste ergattern.
Dies wäre allerdings der zweite Schritt. Zunächst einmal muss sich
Ina Schultz intern gegen zwei weitere Frauen behaupten, die ebenfalls grüne Bundestagskandidatinnen werden wollen: Annette Reif aus Aldingen und Katja Rommelspacher aus Tuttlingen. „Es ist natürlich angesichts der aktuellen Corona-Beschränkungen gerade nicht so einfach, mich den Mitgliedern aus Tuttlingen und Rottweil vorzustellen“, gibt sie zu. Das müsse zunächst einmal über das Internet laufen. In ihrem Bewerbungsschreiben, dass die rund 160 Parteimitglieder erhalten haben, nennt Schultz vor allem die Themen „Mobilität“und „Ländlicher Raum“als Steckenpferde. Dabei wolle sie sich um Gäu- und Donautalbahn genauso kümmern wie um den Bereich Digitalisierung und zukunftsfähige Landwirtschaft.
„Außerdem ist mir - vielleicht auch, weil ich in Thüringen aufgewachsen bin – ein Thema wichtig, das Ost und West, Süd und Nord gleichermaßen betrifft“, sagt Schultz. „Ich möchte eine klare Kante gegen Rechts zeigen und mich für Demokratie, Freiheit und Solidarität einsetzen.“Dabei habe sie auch ein wenig das Gefühl, das Erbe ihrer Großmutter weiterzutragen. Die ist nämlich sowohl in der DDR als auch später im vereinten Deutschland Bürgermeisterin gewesen. „Das Politische ist also schon in meiner Familie verankert.“