Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Die Tiere tun den Kindern gut“
Erlöse einer Bastelaktion gehen als Spende an die tiergestützte Therapie in Rulfingen
- Antje liegt auf einem riesigen Kissen auf einer Wiese in Rulfingen und blinzelt in die Sonne. Ein Schaf kommt neugierig heran und stupst das Mädchen sanft mit der Nase an, bevor es sich an sie ankuschelt. Ist Antje etwa eingeschlafen? „So entspannt ist sie selten“, sagt die Mutter der Siebenjährigen. Sie merkt sofort, wie gut ihrer Tochter der Umgang mit den zahmen Schafen tut. Und weil sie möchte, dass auch in Zukunft Kinder mit Behinderungen zur tiergestützten Therapie auf den Hof von Andrea Göhring kommen können, haben Sandra Zarbach und Martina Riekert die Erlöse ihrer Bastelaktionen der vergangenen Monate als Spende mitgebracht. Die 800 Euro sollen helfen, das Loch zu stopfen, das die Corona-Krise gerade in die Kasse des Fördervereins „Bauernhoftiere bewegen Menschen“reißt.
Seit dem Inkrafttreten der Corona-Beschränkungen ist Andrea Göhring mit ihrem Therapie-Angebot doppelt betroffen. Zum einen dürfen die Therapiestunden, bei denen Kinder der Lassbergschule der Stiftung KBZO oder anderer Einrichtungen die speziell ausgebildeten Bauernhoftiere
besuchen, gerade nicht stattfinden. „Der Unterricht und die Betreuung in der Schule ist gerade ausgesetzt“, sagt Göhring. Weil Krankenkassen die Heilbehandlung mit Bauernhoftieren nicht anerkennen, gehören sie nicht zu den Therapieformen, die auch während der Beschränkungen stattfinden dürfen. „Deshalb ist bei uns auf dem Hof gerade nichts los.“
Weil die Krankenkassen die Behandlungen nicht zahlen und für viele Familien die Therapie nicht bezahlbar ist, wurde der Förderverein gegründet. Dessen Mitglieder zahlen Förderbeiträge oder übernehmen Tierpatenschaften. Außerdem halten sie die Augen nach möglichen Fördermitteln auf und organisieren Benefizveranstaltungen. „Eigentlich hatten wir eine Veranstaltung mit den Sieben Schwaben Speakern geplant“, sagt Andrea Göhring. „Das musste ausfallen.“Spendenaktionen seien in Zeiten der Pandemie nicht einfach. „Die Menschen haben ihren Kopf einfach woanders.“
Fressen und herumtollen wollen die Schafe, Ziegen, Schweine und Hühner auf dem Hof in Rulfingen aber trotzdem. „Wir trainieren auch regelmäßig mit dem Esel, der unseren neuen Wagen ziehen soll.“Damit der Kontakt zu Kindern nicht ganz verloren gehe, kämen manchmal Einzelpersonen privat vorbei. Wie etwa Maria und ihre Mutter, mit denen geschaut werde, wie ein Sitz auf dem Eselswagen konzipiert sein muss, damit Kinder mit mehrfachen Behinderungen dort sicher und gemütlich mitfahren können.
Gleichzeitig hält Andrea Göhring die Augen nach möglichen Sponsoren oder Spendern offen. „Ich bin auch auf die Deutsche Fernsehlotterie zugegangen und habe um Unterstützung gebeten“, erzählt sie. Außer einer Aktion in den sozialen Medien sei ihr aber nichts zugesagt worden. „Vielleicht wirkt das ja ein wenig“, hofft sie und ist dann doch überrascht, dass Sandra Zarbach genau diese Aktion bei Facebook gesehen hat. „Dort habe ich vom arbeitslosen Therapieschwein Lilly gelesen und von den Schwierigkeiten auf dem Hof“, sagt Zarbach. Sie habe sich daran erinnert, dass Antje mit ihren Mitschülern auch schon mehrmals bei den Tieren in Rulfingen gewesen sei. „Da war für mich klar, dass wir diesmal für diese Therapie spenden wollen“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Familie bastelt sie schon seit Jahren Fensterbilder, die bei ihrer Schwester Martina Riekert in der
Mengener Postfiliale verkauft werden. Egal, ob Fasnets- oder Weihnachtsbilder, Frühlings- oder Sommergrüße - die Bastelarbeiten haben mittlerweile eine große Fangemeinde. Weil die Menschen wüssten, dass die Erlöse komplett für eine gute Sache in der Region verwendet werden, lande auch schon mal ein Euro mehr in der Spardose. Weil die siebenjährige Antje von Geburt an mehrfach behindert ist, sind die Spenden in der Vergangenheit schon an Einrichtungen gegangenen, die die Familie besucht hat: die Kinderintensivstation der Kinderklinik Tübingen oder die Lassbergschule. Jetzt soll der Kontakt von Kindern mit Bauernhoftieren unterstützt werden.