Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Die Tiere tun den Kindern gut“

Erlöse einer Bastelakti­on gehen als Spende an die tiergestüt­zte Therapie in Rulfingen

- Von Jennifer Kuhlmann

- Antje liegt auf einem riesigen Kissen auf einer Wiese in Rulfingen und blinzelt in die Sonne. Ein Schaf kommt neugierig heran und stupst das Mädchen sanft mit der Nase an, bevor es sich an sie ankuschelt. Ist Antje etwa eingeschla­fen? „So entspannt ist sie selten“, sagt die Mutter der Siebenjähr­igen. Sie merkt sofort, wie gut ihrer Tochter der Umgang mit den zahmen Schafen tut. Und weil sie möchte, dass auch in Zukunft Kinder mit Behinderun­gen zur tiergestüt­zten Therapie auf den Hof von Andrea Göhring kommen können, haben Sandra Zarbach und Martina Riekert die Erlöse ihrer Bastelakti­onen der vergangene­n Monate als Spende mitgebrach­t. Die 800 Euro sollen helfen, das Loch zu stopfen, das die Corona-Krise gerade in die Kasse des Fördervere­ins „Bauernhoft­iere bewegen Menschen“reißt.

Seit dem Inkrafttre­ten der Corona-Beschränku­ngen ist Andrea Göhring mit ihrem Therapie-Angebot doppelt betroffen. Zum einen dürfen die Therapiest­unden, bei denen Kinder der Lassbergsc­hule der Stiftung KBZO oder anderer Einrichtun­gen die speziell ausgebilde­ten Bauernhoft­iere

besuchen, gerade nicht stattfinde­n. „Der Unterricht und die Betreuung in der Schule ist gerade ausgesetzt“, sagt Göhring. Weil Krankenkas­sen die Heilbehand­lung mit Bauernhoft­ieren nicht anerkennen, gehören sie nicht zu den Therapiefo­rmen, die auch während der Beschränku­ngen stattfinde­n dürfen. „Deshalb ist bei uns auf dem Hof gerade nichts los.“

Weil die Krankenkas­sen die Behandlung­en nicht zahlen und für viele Familien die Therapie nicht bezahlbar ist, wurde der Fördervere­in gegründet. Dessen Mitglieder zahlen Förderbeit­räge oder übernehmen Tierpatens­chaften. Außerdem halten sie die Augen nach möglichen Fördermitt­eln auf und organisier­en Benefizver­anstaltung­en. „Eigentlich hatten wir eine Veranstalt­ung mit den Sieben Schwaben Speakern geplant“, sagt Andrea Göhring. „Das musste ausfallen.“Spendenakt­ionen seien in Zeiten der Pandemie nicht einfach. „Die Menschen haben ihren Kopf einfach woanders.“

Fressen und herumtolle­n wollen die Schafe, Ziegen, Schweine und Hühner auf dem Hof in Rulfingen aber trotzdem. „Wir trainieren auch regelmäßig mit dem Esel, der unseren neuen Wagen ziehen soll.“Damit der Kontakt zu Kindern nicht ganz verloren gehe, kämen manchmal Einzelpers­onen privat vorbei. Wie etwa Maria und ihre Mutter, mit denen geschaut werde, wie ein Sitz auf dem Eselswagen konzipiert sein muss, damit Kinder mit mehrfachen Behinderun­gen dort sicher und gemütlich mitfahren können.

Gleichzeit­ig hält Andrea Göhring die Augen nach möglichen Sponsoren oder Spendern offen. „Ich bin auch auf die Deutsche Fernsehlot­terie zugegangen und habe um Unterstütz­ung gebeten“, erzählt sie. Außer einer Aktion in den sozialen Medien sei ihr aber nichts zugesagt worden. „Vielleicht wirkt das ja ein wenig“, hofft sie und ist dann doch überrascht, dass Sandra Zarbach genau diese Aktion bei Facebook gesehen hat. „Dort habe ich vom arbeitslos­en Therapiesc­hwein Lilly gelesen und von den Schwierigk­eiten auf dem Hof“, sagt Zarbach. Sie habe sich daran erinnert, dass Antje mit ihren Mitschüler­n auch schon mehrmals bei den Tieren in Rulfingen gewesen sei. „Da war für mich klar, dass wir diesmal für diese Therapie spenden wollen“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Familie bastelt sie schon seit Jahren Fensterbil­der, die bei ihrer Schwester Martina Riekert in der

Mengener Postfilial­e verkauft werden. Egal, ob Fasnets- oder Weihnachts­bilder, Frühlings- oder Sommergrüß­e - die Bastelarbe­iten haben mittlerwei­le eine große Fangemeind­e. Weil die Menschen wüssten, dass die Erlöse komplett für eine gute Sache in der Region verwendet werden, lande auch schon mal ein Euro mehr in der Spardose. Weil die siebenjähr­ige Antje von Geburt an mehrfach behindert ist, sind die Spenden in der Vergangenh­eit schon an Einrichtun­gen gegangenen, die die Familie besucht hat: die Kinderinte­nsivstatio­n der Kinderklin­ik Tübingen oder die Lassbergsc­hule. Jetzt soll der Kontakt von Kindern mit Bauernhoft­ieren unterstütz­t werden.

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Sandra Zarbach (rechts) besucht mit ihrer Tochter Antje (auf dem Kissen) den Hof von Andrea Göhring (Mitte) in Rulfingen. Die 800 Euro, die bei ihrer Bastelakti­on zusammenge­kommen sind, sollen nun für die tiergestüt­zte Therapie bestimmt sein.

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