Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mit Mundschutz im Kreißsaal
Eila Rieger aus Engelswies bringt ihre Tochter während der Corona-Pandemie zur Welt
- Eila Rieger denkt mit einem mulmigen Gefühl an die Geburt ihrer Tochter Ilsa zurück. Auf die Welt kam die Kleine am 20. März, mitten während der Corona-Pandemie. Dabei lief vieles anders als geplant. „Ich bin froh, dass ich neben Ilsa schon drei Kinder habe und eine erfahrene Mama bin, sonst wäre ich überfordert gewesen“, sagt die Engelswieserin heute.
Angefangen hat Riegers mulmiges Gefühl vier Wochen vor dem Geburtstermin. Ende Februar musste sie sich im Krankenhaus für die Geburt anmelden. Währenddessen habe die Ärztin sie schon vorgewarnt, sagt Rieger: „Sie meinte, es könne sein, dass Väter in vier Wochen schon nicht mehr bei der stationären Geburt dabei sein dürfen. Ab diesem Zeitpunkt war ich nicht mehr so entspannt wie vorher.“Keiner habe gewusst, in welche Richtung sich die Situation entwickeln und auch, was das für die Geburt bedeuten wird. „Es war schade, dass ich mich dadurch nicht mehr so auf die Schwangerschaft und auf mein Kind konzentrieren konnte, sondern Sorgen im Hinterkopf hatte“, sagt die 44-Jährige.Ihr Mann, Andreas Rieger, sollte beim Termin dabei sein, da war sich Eila Rieger sicher: „Der Vater ist immer eine große Unterstützung, er kennt die Frau ja besser als ein Krankenpfleger oder eine Hebamme.“Andreas Riegers Anwesenheit bei der stationären Geburt wäre allerdings Ende März tatsächlich nicht mehr möglich gewesen; die Wochenstation ist für Besucher gesperrt, selbst für Väter. Deshalb entschied sich das Paar – sollte alles mit dem Kind in Ordnung sein – für eine ambulante Entbindung. Dabei dürfen Väter anwesend sein. Statt mehreren Tagen Aufenthalt im Krankenhaus findet lediglich die Geburt dort im Kreißsaal statt. Wenige Stunden später geht es wieder nach Hause. Eine Option, die sich eher für erfahrene Mütter anbietet, denn ihnen muss der Umgang mit dem Baby im Krankenhaus nicht mehr erklärt werden, sagt Rieger.
Doch die ambulante Geburt sei befremdlich gewesen, auch wenn sie die Maßnahmen verstehe, sagt Rieger: „Die Ärzte und Pfleger haben
Mundschutz getragen, das war nicht schön, da fehlt der menschliche Kontakt.“Außerdem, so habe sie es erfahren, würden Hebammen und Pflegepersonal nur dann auf Covid-19 getestet, wenn sie auch Symptome zeigen. „Aber es gibt ja auch Krankheitsverläufe, die fast symptomfrei sind. Da hatte ich schon die Sorge, dass ich die Krankheit mit nach Hause nehme“, sagt Eila Rieger. Trotzdem habe sie dem Klinikteam vertraut und auch Positives in Erinnerung behalten: „Sie haben gute Stimmung reingebracht, das hat gut getan.“
Auch in den ersten Lebenswochen von Säugling Ilsa nahm die Pandemie Einfluss auf die Familie. Die U1-Untersuchung des Babys, die direkt nach der Geburt stattfindet, sei im Krankenhaus noch gemacht worden.
Die U2-Untersuchung zwei Tage später, die bei einer stationären Geburt ebenfalls in der Klinik stattfindet, musste wegen der Pandemie allerdings ausfallen. „Meine Kinderärztin hat mir mitgeteilt, dass einer ihrer Mitarbeiter positiv getestet wurde und der zweite Kinderarzt wollte das Risiko auch nicht eingehen.“ Also habe die Familie entschieden, die Untersuchung nicht zu machen, denn Ilsa ging es gut. „Als Mama hat man ja ein Gespür für das eigene Kind“, sagt die 44-Jährige. Das Vitamin K, das das Kind beim Arzt bekommen hätte, hat sich Rieger schicken lassen. Wieder, betont sie, habe sie von ihrer Erfahrung profitiert. Hinzu kommt, dass Behördengänge länger dauerten und zäher seien, sagt die vierfache Mutter. Dabei ging es unter anderem um die Beantragung von Kindergeld. Durch reduziertes Personal und die Abstandsregel verzögerte sich vieles. „Das ist schwierig, wenn es um Geld geht, das man braucht“, so Rieger.
Jetzt, nachdem die dritte Untersuchung Ilsas, die U3, erfolgreich hinter Mutter und Tochter liegt, blickt die Familie entspannter in die Zukunft. Die 44-Jährige hat ein Jahr Elternzeit, ihr Mann zwei Monate. Zeit, in der sie sich um vier Kinder kümmern müssen. Immerhin falle durch die Pandemie die Organisation mit Kindergarten und Schule weg, alle sind zu Hause. Und vielleicht bringt das jetzt etwas Positives für die Familie: So können alle die ersten Wochen mit Ilsa gemeinsam genießen.