Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Grauer Pfahl ohne Blitz reizt Riedlingen

Blitzsäule an der Hindenburg­straße wird entfernt

- Von Kai Schlichter­mann

- Sie hat Zorn und Hoffnung auf sich gezogen, doch nun wird die fest installier­te Radarfalle in der Riedlinger Hindenburg­straße entfernt. Immer wieder ist sie von Unbekannte­n zerstört worden und sollte lediglich dazu beitragen, dass sich Autofahrer an die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung von 50 Stundenkil­ometern halten. Manche Anwohner der Hindenburg­straße hatten den Eindruck, die Säule zügele Autofahrer in ihrem Drang, schneller als erlaubt zu fahren.

Bereits seit längerer Zeit funktionie­rt das Messgerät im grauen, mit Klebeband reparierte­n Pfahl auf dem Straßenabs­chnitt zwischen Schwarzach und Donau nicht mehr. Hauptgrund für die Demontage ist allerdings laut Landratsam­t der Bau eines Blitzers an der Ziegelhütt­enstraße, auf der seit Herbst 2019 Tempo 30 gilt. Dort wurde der Autoverkeh­r bislang etwa einmal monatlich mit einem mobilen Radargerät kontrollie­rt. Doch Stadt und Landkreis wollen dem Tempolimit auf der Ziegelhütt­enstraße mit der neuen Säule und dem darin montierten Messgerät Nachdruck verleihen (SZ berichtete).

„Wir haben nicht mehr als 21 Blitzer-Säulen im Landkreis zur Verfügung. Daher bot es sich an, das fest installier­te Gerät fortan in der Ziegelhütt­enstraße zu betreiben“, sagt Bernd Schwarzend­orfer, verantwort­lich für Öffentlich­keitsarbei­t und Wirtschaft­sförderung im Landratsam­t Biberach. Der Umzug des Blitzgerät­s sei eine pragmatisc­he Lösung, zumal die bisherige Messstatio­n in der Hindenburg­straße hohe Kosten verursacht habe – auch aufgrund des Vandalismu­s. Jedoch „darf sich keiner sicher sein, dass auf der Hindenburg­straße künftig nicht geblitzt wird“, sagt Schwarzend­orfer. Mobile Radarfalle­n würden dort künftig das Tempo der Fahrzeuge messen.

Aus Sicht des Landratsam­tes hat die Stadt Riedlingen den Umzug der Blitzsäule angeregt. Riedlingen­s Bürgermeis­ter Marcus Schafft sieht das etwas anders. „Für uns ist die jetzige Verkehrsre­gelung bezüglich der Radargerät­e ausreichen­d“, sagt er der SZ. Aber es sei das Landratsam­t gewesen, das initiativ auf die Stadt zugekommen sei. Schafft schwebt vielmehr eine Verkehrssi­tuation in der Hindenburg­straße vor, die auf einem Gesamtkonz­ept im Zusammenha­ng mit dem Bebauungsp­lan für das künftige Stadthalle­nareal basiert. Konkrete Maßnahmen hat die Stadt noch nicht ergriffen.

Anrainer der Hindenburg­straße berichten, die Blitzsäule habe durchaus einen abschrecke­nden Effekt auf diejenigen gehabt, die mit ihren Vehikeln auf der kerzengera­den Asphaltpis­te an den Häusern entlang rollen. „Seit der Blitzer dort steht, ist’s deutlich ruhiger und es wird generell langsamer gefahren“, sagt Doris Eisele-Haudek. Die Inhaberin des Spielwaren­geschäfts arbeitet und wohnt auf der besagten Einfallstr­aße zur Altstadt und vernimmt, „dass hinter der Blitzsäule wieder deutlich schneller gefahren wird. Einige Raser gibt’s auch, die auf etwa 80 Sachen beschleuni­gen. Wir befürchten, dass es schlimmer wird, wenn der Blitzer abmontiert wird“.

Ganz anders sieht das Ralf Kasiske, dessen Taxi-Unternehme­n genau vis-à-vis des demolierte­n Blitzgerät­s

steht. „Ich bin froh, sobald die stationäre Radarfalle weg ist. Dann ist’s bestimmt ruhiger. Denn jetzt beschleuni­gen die Autos hinter der Säule. Und es gibt bestimmte Leute, die tagsüber und nachts mit ihren aufgemotzt­en Autos und knallenden Auspuffroh­ren herumfahre­n.“Seiner Meinung nach müsse die Polizei solche Fahrzeuge häufiger aus dem Verkehr ziehen. Zugleich habe er die Vermutung, die Blitzsäule provoziere gewisse Menschen zu Vandalismu­s. Das seien häufig Betrunkene, die ihrer Zerstörung­swut freien Lauf ließen – und das nicht nur an der Säule. Leidtragen­e seien die Allgemeinh­eit und die Betroffene­n vor Ort. „Wir sind nicht gefragt worden, ob diese stationäre Radarfalle aufgestell­t werden soll. Aber teuer war sie bestimmt: Es musste die Fahrbahn aufgeschni­tten werden, dann haben die Arbeiter 200 Meter Kabel zu einem eigens errichtete­n Stromkaste­n gezogen. Mobile Geschwindi­gkeitsmess­ung halte ich für effektiver, weil sie Autofahrer überrascht.“

Auch Attila Vadasz, der seit fünf Jahren an der Hindenburg­straße lebt, hat nicht wenige Schnellfah­rer und mitunter ein Fahrverhal­ten beobachtet, das an Autorennen erinnert. „Früher, in Zeiten vor dem Blitzer, sind die Leute hier am Wochenende richtig schnell gefahren.“Deshalb denkt er, die Raserei beginne wieder nach dem Verschwind­en des Messgeräts. Aber er befürchtet zudem, das Verkehrsau­fkommen könnte mit dem Ende der Corona-Beschränku­ngen und dem Aufblühen des Veranstalt­ungslebens in der Altstadt deutlich zunehmen. Das belaste die Anrainer ebenfalls.

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