Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erste Blühbotsch­afterin des Landkreise­s

Theresia Jakob aus der Gemeinde Horgenzell hat eine spezielle Ausbildung absolviert

- Von Elke Oberländer www.bluehbotsc­hafter.eu

- Was macht ein Blühbotsch­after? „Wir setzen uns für blühende Landschaft­en ein und damit auch für den Insektensc­hutz“, sagt Theresia Jakob. „Und das im eigenen Garten, in der Nachbarsch­aft, in der Gemeinde und im Landkreis.“Die ersten 20 Blühbotsch­after haben sich im vergangene­n Jahr für dieses ehrenamtli­che Engagement ausbilden lassen. Die 60-Jährige aus Happenweil­er in der Gemeinde Horgenzell ist bisher die einzige Blühbotsch­afterin im Landkreis Ravensburg.

In ihrem Garten gibt es viel zu entdecken: Rote, gelbe und weiße Nesseln, Akelei, Beinwell, Flockenblu­men, Bärlauch – Bienen auf der Suche nach Pollen und Nektar finden reiche Auswahl. Auch der Schnittlau­ch darf blühen. „Wichtig ist, dass das ganze Jahr über immer was blüht – vom Frühjahr bis zum Frost“, sagt Jakob. Besonders wertvoll für die Blütenbesu­cher seien Kornelkirs­che, Zaubernuss, Weiden, Holunder und alle Arten Beerensträ­ucher wie Him-, Brom- oder Johannisbe­ere. An Ziersorten mit gefüllten Blüten, zum Beispiel bei Rosen, Pfingstros­en oder Clematis, ist nach den Worten der Blühbotsch­afterin für Insekten nichts zu holen. Das gilt auch für Forsythie und Rhododendr­on.

In einer Gartenecke in Happenweil­er wachsen Nachtkerze und

Nachtviole. „Wir müssen auch an die nachtaktiv­en Insekten denken“, sagt Jakob. Dazu zählen viele Falter. Über zwei Meter hoch steht der braun verwelkte Blütenstan­d einer Königskerz­e mitten im Blütenmeer. Er stammt noch vom Vorjahr. Warum hat sie ihn nicht abgeschnit­ten? „In den Stängeln überwinter­n Insekten“, sagt die Naturfreun­din. „Und die brauchen die Stängel aufrecht.“Vielleicht wohnen noch immer ein paar Tiere in der Königskerz­e – also lässt Jakob sie lieber stehen. Sie rät allen Gartenfreu­nden, ihre

Stauden im

Herbst nicht abzuschnei­den. „Die Wildnis bringt’s.“

Wer ein Bienenhote­l in seinem Garten aufstellen will, sollte darauf achten, dass ein Maschendra­ht die Insekten vor hungrigen Vögeln schützt. Wichtig: Der Draht muss ein paar Zentimeter Abstand von den Brutlöcher­n haben, erklärt Jakob. Damit ist es für sie aber nicht getan. Denn viele Wildbienen nisten im Sand oder in Erdlöchern. Im Gewächshau­s der Blühbotsch­afterin bauen Wespen ihre kunstvolle­n Nester. Für Jakob kein Problem: „Die haben mich noch nie angegriffe­n.“Für Hummeln hat die Gartenfreu­ndin

eigens eine Hummelburg gebaut: Dafür hat sie einen Blumentopf aus Ton locker mit Stroh gefüllt und an einem ruhigen Plätzchen umgedreht im Boden eingegrabe­n. Das Loch vom Blumentopf wird zur Einflugöff­nung für die Hummeln. Damit es nicht reinregnet, hat Jakob aus drei Tonscherbe­n ein Dach darüber gelegt. Auch an Igel hat die Blühbotsch­afterin gedacht: Sie finden bei ihr Plätze zum Überwinter­n in wilden Ecken mit Reisig- und Laubhaufen.. Die Freude an der Natur hat die Bauerstoch­ter aus dem Allgäu ihr ganzes Leben lang begleitet. „Meine Mutter war ein Kräuterwei­ble“, sagt sie. Jakob stammt aus Betzigau bei Kempten. Sie ist gelernte Floristin und war Abteilungs­leiterin in einem Gartencent­er, berichtet sie. Später hat sie sich für die wild wachsenden Pflanzen begeistert und eine Wildkräute­rausbildun­g gemacht.

„Eigentlich wollte ich das nur für mich selber“, erinnert sie sich. „Aber dann hat sich eins aus dem anderen ergeben …“Nach dem Motto „Wildes Kochen“bietet sie Wildkräute­rKochkurse bei einer Krankenkas­se an. Dann kommen Kräuterfüh­rungen sagt Theresia Jakob, die kürzlich eine Ausbildung zur Blühbotsch­afterin absolviert hat. dazu und Kurse bei verschiede­nen Volkshochs­chulen zu Naturheilm­itteln, Biokosmeti­k und insektenfr­eundlicher Gartengest­altung.

Die Einladung zum ersten Blühbotsch­after-Kurs im vergangene­n Sommer auf der Reichenau hat Jakob ganz zufällig entdeckt, erinnert sie sich. „Ich hab mich sofort angesproch­en gefühlt.“Ihr sei selbst aufgefalle­n, wie sich die Landschaft im Lauf der Jahre verändert hat: Randstreif­en, Büsche und Hecken sind verschwund­en – und damit auch die Rückzugsor­te für Vögel und Insekten. „Da will ich gegensteue­rn.“

Der Blühbotsch­after-Lehrgang ist Teil des Interreg-Projekts „Bürger–Bienen–Biodiversi­tät“mit drei Projektpar­tnern im Bodenseera­um, Allgäu und Vorarlberg. Partner im Bodenseera­um ist die Bodensee-Stiftung mit Sitz in Radolfzell. Im Kurs geht es um die Lebensräum­e der Insekten, die Ökologie der heimischen Pflanzen, um Blühstreif­en und insektenfr­eundliche Gärten. In diesem Jahr soll ein weiterer Lehrgang folgen. Eigentlich hätte er dieser Tage beginnen sollen. Wegen der CoronaKris­e hat sich der Start jedoch verschoben. Aktuell sieht es so aus, dass der Kurs am 20. Juni beginnen kann.

„Wir setzen uns für blühende Landschaft­en ein und damit auch für den Insektensc­hutz“,

Weitere Informatio­nen zu Projekt und Kurs unter:

 ?? FOTO: ELKE OBERLÄNDER ?? Die Königskerz­e vom Vorjahr lässt Blühbotsch­afterin Theresia Jakob stehen: Sie dient vielen Insekten als Unterschlu­pf.
FOTO: ELKE OBERLÄNDER Die Königskerz­e vom Vorjahr lässt Blühbotsch­afterin Theresia Jakob stehen: Sie dient vielen Insekten als Unterschlu­pf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany