Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kreis gibt 200 000 Euro für Schutzausr­üstung aus

Landratsam­t rechnet mit Loch im Finanzhaus­halt – Nachfrage nach Sozialleis­tungen steigt

- Von Lukas M. Heger

- Erst waren es Meldungen aus dem Ausland, dann kamen die Fälle immer näher und am 9. März war das Cornavirus auch nachweisli­ch im Landkreis Sigmaringe­n angekommen. Seit diesem Tag ist viel passiert, zwischenze­itlich war der Landkreis Sigmaringe­n einer der am stärksten betroffene­n Landkreise in der Republik und am 19. Mai dann „der erste Kreis im Land, der innerhalb einer Woche gar keine neuen Infizierte­n zu vermelden hatte“, heißt es aus dem Landratsam­t bei einer Pressekonf­erenz am Mittwochna­chmittag, die so etwas war wie eine vorläufige Bilanz des Landkreise­s – auch was die Kosten angeht.

Denn das Coronaviru­s geht nicht nur auf die Gesundheit, sondern auch ins Geld. So sieht der Kreis hohe finanziell­e Herausford­erungen auf sich zukommen. Wie die konkret aussehen werden, zeigt sich bei der Steuerschä­tzung in den kommenden Tagen. Dann ist klar, wie stark Steuern und Zuweisunge­n im laufenden und nächsten Jahr einbrechen. Eins ist schon am Mittwoch sicher: So hat der Landkreis seit März bisher schon 200 000 Euro in Schutzausr­üstung investiert sowie 120 000 Euro in das Testcenter in Hohentenge­n sowie in IT- und Schutzmaßn­ahmen in der Verwaltung. Doch der größte Teil kommt laut Sozialdeze­rnent Frank Veser noch auf den Landkreis zu. „Gerade im Sozialhaus­halt hat die Situation noch Folgen. Im Jobcenter bemerken wir das jetzt schon“, sagt Veser. So sei dort in den vergangene­n Wochen die Anzahl der sogenannte­n Bedarfsgem­einschafte­n von 1700 auf rund 2000 gestiegen. Allein im Bereich des Jobcenters rechnet der Sozialdeze­rnent von einer zusätzlich­en Belastung in Höhe von 900 000 Euro. „Wie sich der Arbeitsmar­kt nun entwickelt, das können wir nicht absehen“, sagt Veser, der davon ausgeht, dass in Zukunft auch die Nachfrage nach Wohngeld und ähnlichen Leistungen steigt. Deshalb hofft er auf eine Entlastung durch Bund und Land.

Um Geld geht es auch beim Personal, wie Landrätin Stefanie Bürkle erklärt: „Wenn die politische Vorgabe ist, 34 ausgebilde­te Mitarbeite­r jederzeit für die Kontaktper­sonennachv­erfolgung bereitzuha­lten, dann können wir dieses Personal nicht über Monate oder sogar Jahre aus anderen Bereichen abziehen. Dort bleiben ansonsten wichtige Aufgaben liegen. Das Land muss uns jetzt schnell und dauerhaft mit zusätzlich­em Personal und Finanzmitt­eln helfen.“Zeitweise waren im Gesundheit­samt zur Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen mehr als 80 Mitarbeite­r im Einsatz, sie wurden aus anderen Bereichen des Landratsam­tes abgezogen. Inzwischen, mit dem

Rückgang der Zahl der Infizierte­n, hat sich die Anzahl der Mitarbeite­r dort wieder deutlich reduziert. Sollte es jedoch zu einer zweiten Infektions­welle kommen, so Bürkle, müsse das Personal dort wieder aufgestock­t werden. Wie das, auch längerfris­tig, finanziell geleistet werden könne, darüber sei man gerade im Gespräch mit Bund und Land, so Bürkle.

Die Landrätin sieht in der aktuellen Situation eine „Zeit des Durchatmen­s“und sagt: „Das Verhalten der Bevölkerun­g ist nach wie vor entscheide­nd. Auch wenn alles gut scheint, wir dürfen nicht sofort in den Normalmodu­s zurückfall­en.“Dieser Einschätzu­ng schließt sich auch Dr. Ulrike Hart an. Sie ist die stellvertr­etende Leiterin des Gesundheit­samts und fordert weiterhin „besonnenes Handeln“. Laut ihr finden die meisten Ansteckung­en inzwischen im Haushalt statt. Deshalb sei nach wie vor Vorsicht geboten, gerade was soziale Kontakte angehe, Mundschutz und Abstandsre­geln deshalb unabdingba­r. Dass ausgerechn­et der Kreis Sigmaringe­n zwischenze­itlich stark betroffen war, führt Hart darauf zurück, dass viele Menschen im Skiurlaub waren.

Musste man einst einige Hürden nehmen, um auf das Virus getestet zu werden, funktionie­re das heute laut Hart alles „sehr niederschw­ellig“. Leichte Symptome reichten, um bei einem Mediziner getestet zu werden. Wie viel in der Vergangenh­eit bereits im Kreis getestet wurde, das ist – sehr zum Unmut von Hart – nirgends erfasst. Laut ihr wird auf Bundeseben­e momentan an einer Lösung dafür gearbeitet. In der Testzentra­le im Kreis Sigmaringe­n sind 1400 Tests erfasst. Dass die Zahl der Infizierte­n momentan nicht mehr steigt, so Hart, liege vor allem daran, dass sich die Bevölkerun­g größtentei­ls an Verordnung­en und Maßnahmen halte.

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