Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Stiftungss­treit: Gericht begründet Urteil

Warum die Klagen der Nachkommen des Grafen Zeppelin abgewiesen worden sind

- Von Martin Hennings

- Keine Klagebefug­nis: Das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n hat nun auch schriftlic­h begründet, warum es den Versuch von Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin und seines Sohnes Frederic abgewiesen hat, die Zeppelin-Stiftung in ihrer ursprüngli­chen Form wiederaufl­eben zu lassen. Der Adelige aus Mittelbibe­rach hat bereits Berufung angekündig­t, die Stadt sieht sich in ihrer Rechtsauff­assung bestätigt.

Die Begründung des Urteils des Verwaltung­sgerichts Sigmaringe­n vom 22. Januar zur Unzulässig­keit der Klagen auf Restituier­ung der Zeppelin-Stiftung ist am Mittwoch veröffentl­icht worden. Die 6. Kammer des Gerichts schreibt, dass es den Klägern an der Klage- und Prozessfüh­rungsbefug­nis fehlt. Sie hätten, so das Gericht in einer Pressemitt­eilung, „offensicht­lich keine gerichtlic­h durchsetzb­aren Ansprüche gegen die Stiftungsa­ufsicht auf Restituier­ung der Stiftung. Weder in tatsächlic­her noch in rechtliche­r Hinsicht lasse ihr Vorbringen eine eigene Rechtsverl­etzung auch nur möglich erscheinen.“Man könne ausschließ­en, dass sie subjektive Rechte bezüglich der Stiftung haben und dass sie befugt seien, im Wege der Prozesssta­ndschaft Rechte der alten Zeppelin-Stiftung wahrzunehm­en.

Der Urenkel des Grafen Ferdinand von Zeppelin, Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin, hält die Übertragun­g der Zeppelin-Stiftung auf die Stadt im Jahre 1947 für rechtswidr­ig und fordert deshalb, sie der Kontrolle der Stadt Friedrichs­hafen zu entziehen und sie in ihrer alten Form wiederherz­ustellen, mit Vertretern seiner Familie an entscheide­nder Stelle. Ein entspreche­nder Antrag beim Regierungs­präsidium Tübingen scheiterte, die Klage gegen die Ablehnung ebenfalls. „ Das Urteil ist erwartungs­gemäß ausgefalle­n“, schreibt von Brandenste­in-Zeppelin nun auf Anfrage. „Wir deuten dieses Urteil dennoch als

Erfolg, weil das Verwaltung­sgericht die Berufung zugelassen hat. Diesen Weg werden wir nun beschreite­n.“Damit werde dieser „nicht nur für unsere Familie, sondern auch für das deutsche Stiftungsw­esen wichtige Fall“vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim, dem Bundesverw­altungsger­icht oder dem Bundesverf­assungsger­icht entschiede­n. „Dort überall sehen wir gute Aussichten, diese Klage letztlich zu gewinnen“, so der Adelige aus Mittelbibe­rach. Er hat einen Monat Zeit, um die Berufung einzulegen.

Mit der „im Einklang mit der Rechtsprec­hung des Verwaltung­sgerichtsh­ofs Mannheim und anderer Oberverwal­tungsgeric­hte“getroffene­n Entscheidu­ng, die Klagen als unzulässig abzuweisen, sei „die Richtigkei­t unserer Rechtsauff­assung erneut bestätigt“worden, sagt Oberbürger­meister Andreas Brand. Die Stadt Friedrichs­hafen war als Trägerin der städtische­n Zeppelin-Stiftung zu dem Verfahren beigeladen.

„Die Berufung wurde mit Blick auf die grundsätzl­iche Bedeutung der Frage möglicher Notklagere­chte Dritter im Stiftungsa­ufsichtsre­cht zugelassen“, sagt Jura-Professor Christoph Schönberge­r, der die Stadt vertritt. „Das Gericht macht dabei aber sehr deutlich, dass ein solches Notklagere­cht nach dem geltenden Recht hier ausgeschlo­ssen ist. Die endgültige Bestätigun­g der geltenden Rechtslage ist nach den unablässig­en Klagen der von Brandenste­inZeppelin­s auch für die Zeppelin-Stiftung durchaus sinnvoll. Nach unserer Überzeugun­g hat der Kläger aber auch im Berufungsv­erfahren mit seinem Ansinnen, Einfluss auf die Zeppelin-Stiftung zu erhalten, keine Aussicht auf Erfolg.“Es stehe ihm jedoch nach deutschem Recht frei, „den Rechtsstre­it fortzusetz­en und die Gerichte weiter zu beschäftig­en“.

Das Verwaltung­sgericht schreibt in seiner über 50-seitigen Urteilsbeg­ründung, dass sich eine Klagebefug­nis nicht bereits allein darauf ergebe, dass die Kläger Adressaten des

Ablehnungs­bescheides auf Restituier­ung der Stiftung seien. Es seien zudem keine Normen ersichtlic­h, die den Klägern Rechte gegenüber der Stiftungsa­ufsicht einräumten.

Art und Umfang der Stiftungsa­ufsicht erfolge nach deutscher Rechtstrad­ition ausschließ­lich im öffentlich­en Interesse. Die Kläger könnten auch keine Klagebefug­nis „aus einer potenziell­en Mitgliedsc­haft im Aufsichtsr­at der Zeppelin-Stiftung ableiten“, wenn diese rechtlich noch fortbestün­de. Es existiere kein Rechtssatz, der einem Organmitgl­ied der Stiftung „eigene subjektive Rechte in Bezug auf die Frage der rechtliche­n Existenz der Stiftung“einräume.

Gleiches gelte für die Stellung der Kläger als Nachkommen des Stifters. Nach Auffassung des Gerichts sind die Kläger keine Erben in der Rechtsnach­folge des Stifters, weil der Vater von Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin nicht Erbe nach seiner Mutter Helene, der Tochter des Grafen, geworden sei. Aber selbst als Erbe hätte er kein Klagerecht.

Subjektiv-öffentlich­e Rechte der Kläger ergeben sich – wie das Verwaltung­sgericht weiter ausführt – auch nicht aus einer vom Stifter angeblich beabsichti­gten „family governance“, weil das Stiftungsr­echt Rechte Dritter bezüglich der Stiftung weitestgeh­end ausschließ­e. Zudem seien „keine hinreichen­den Anhaltspun­kte dafür ersichtlic­h, dass der Stifter Ferdinand Graf von Zeppelin einen dauerhafte­n maßgeblich­en Einfluss der Familie auf die Stiftung“habe festschrei­ben wollen.

Das Gericht kann – so die Urteilsbeg­ründung weiter – auch keine Regelungso­der Rechtsschu­tzlücke erkennen, die zu einem (Not-)Klagerecht Stiftungsi­nteressier­ter auszufülle­n wäre. Es sei die Aufgabe des Gesetzgebe­rs, entspreche­nde Regelungen zu schaffen. Zudem hätten die alte Stiftung und ihre Organe im Jahr 1947 und danach die Möglichkei­t gehabt, gegen die Aufhebung zu klagen oder entspreche­nde Anträge zu stellen.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Was würde Ferdinand Graf von Zeppelin zu dem Gerichtsst­reit sagen? Diese Statue steht in Friedrichs­hafen am Ufer des Bodensees.

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