Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Weg durch den Dschungel
Die Stadt Pfullendorf bietet Unternehmen und Händlern verschiedene Hilfsmöglichkeiten in der Corona-Krise an
- Aufträge fallen weg, Gäste bleiben fern oder Bestellungen werden storniert - die Unternehmer in der Region haben dieser Tage mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen. Unterstützung gibt es in verschiedenen Formen, doch die Hürden beim Beantragen aus dem richtigen Fördertopf sind hoch. Diese zu senken, das hat sich deshalb die Pfullendorfer Wirtschaftsförderung auf die Fahnen geschrieben: „Die Menschen können sich an uns wenden, um sie durch den Dschungel zu leiten“, erklärt Bernd Mathieu von der Pfullendorfer Wirtschaftsförderung. An ihn haben sich in den vergangenen Wochen wenige Kleinunternehmen gewandt, um in verschiedenen Angelegenheiten Hilfe zu erhalten.
Die Stimmung der Händler und Unternehmen in Pfullendorf sei durch die Krise eher „gedämpft“, teilt Simon Klaiber, Pressesprecher der Stadt mit. Dies haben die Zuständigen aus Gesprächen und Aussagen heraushören können. Zu den Aufgaben Mathieus gehören in solchen Zeiten unter anderem auch Tipps, was für das Unternehmen an Unterstützung möglich ist. So wisse oft niemand, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einen Zuschuss von bis zu 4000 Euro zahlt, damit sich Firmen einen externen Berater leisten können. In anderen Fällen, so Mathieu, sei es ratsam, einen dauerhaften Steuerberater zu haben. Dieser würde die erforderlichen Kennzahlen liefern können, die für die meisten Anträge nötig sind, beispielsweise um einen Liquiditätsengpass nachzuweisen.
Allerdings hatten nach Auskunft der Stadt viele Betriebe alternative Möglichkeiten gefunden, mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben und zumindest einen gewissen Umsatz zu machen. Dennoch sei das Kaufverhalten vieler Bürger und Kunden je nach Branche stark gebremst, man kauft eher das „Notwendige“, heißt es in der Stellungnahme der
Stadt weiter. Um die Wirtschaft in Pfullendorf auch auf anderen Wegen zu stärken, gibt es unter anderem die Online-Plattform der Firma Locamo, einen virtuellen Marktplatz für die Region. Gemeinsam mit der Stadt Mengen soll dieser aufgebaut werden. Mathieus Hoffnung ist, dass sich dies durch die Corona-Krise beschleunigt. Ein Unternehmen in Weingarten ist mit der Aufgabe betraut. Locamo ist ein regionaler Marktplatz im Netz, der dennoch über die Landesgrenzen hinaus genutzt wird. Der Nutzer hat die Möglichkeit, einen Suchradius einzustellen, er kann also in ganz Deutschland lokal einkaufen. Das sei insoweit ein Vorteil, weil auch Urlauber so auf regionale Geschäfte aufmerksam gemacht werden können. In der Krise haben viele Geschäfte selbst versucht, einen Onlinehandel
aufzubauen, dies sei durch den Marktplatz nicht mehr nötig. Technisch sei das relativ schnell umzusetzen, erklärt einer der Gründer von Locamo.
Grundsätzlich sei die Affinität der Händler, online präsent zu werden, enorm gestiegen, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Wirtschaftsförderer Mathieu geht davon aus, dass dieser Trend auch nach der Pandemie anhalten wird und dauerhaft mehr Geschäfte und Dienstleister ihre Waren und Leistungen online anbieten. Auch hierbei versuche die Wirtschaftsförderung zu unterstützen. „Wir hoffen, dass viele Betriebe bald die Gelegenheit wahrnehmen werden, sich auf der Plattform zu präsentieren“, sagt Mathieu.
Doch wie hat sich die derzeitige Situation auf die Pfullendorfer Wirtschaftskraft ausgewirkt? Bürgermeister
Thomas Kugler erklärte, dass „die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Verordnungen auf die Stadt und unsere Gewerbetreibenden im Moment nur grob eingeschätzt werden“könnten. Aus Sicht Kuglers könne lediglich ein Zwischenfazit gezogen werden, da „uns dieses Thema sicherlich noch länger begleiten wird.“Eine große Veränderung verspüre man in der Stadt allerdings nicht. Zwar gebe es welche, ob sich diese aber dauerhaft halten, könne nicht gesagt werden.
Hingegen geht Kämmerer Michael Traub bei der Gewerbesteuer derzeit von einem Ausfall in Höhe von 4,5 Millionen Euro aus. Hinzu kämen Ausfälle bei der Vergnügungssteuer von etwa 150 000 Euro. Der weitere Gebührenausfall bei den örtlichen Benutzungsgebühren, wie etwa Kindergartengebühren,
Musikschule und Volkshochschule, wird aktuell auf weitere 150 000 Euro beziffert. Um jedoch detaillierte Aussagen über das Steueraufkommen bei den Verbundsteuern machen zu können, müsse zunächst die Mai-Steuerschätzung abgewartet werden, so Klaiber weiter.
Diese Steuerausfälle haben auch Auswirkungen auf die städtischen Projekte Pfullendorfs. Momentan gibt es allerdings noch keine Prioritätenliste. Zunächst sollen aber angefangene Maßnahmen zu Ende geführt und früher veranschlagte Projekte (ehemals kammerale Haushaltsreste) abgearbeitet werden, vorbehaltlich einer tatsächlichen Finanzierbarkeit, gibt Klaiber an. Mit dem Beginn neuer Projekte müsse hingegen noch gewartet werden, bis ein genehmigter Haushalt vorliegt.