Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Garten als Vorgeschmack aufs Paradies
Der Altshauser Pfarrer Mayer kümmert sich um einen der wenigen Pfarrgärten der Region
- Früher dienten Pfarrgärten der Selbstversorgung und als Quellen geistlicher Inspiration. Heute gibt es nur noch wenige dieser kirchlichen Oasen. Pfarrer verfügen oft nicht mehr über die Zeit, einen Gemüsegarten zu pflegen. Der Altshauser Pfarrer Christof Mayer tut es trotzdem, aus purer Gartenfreude. SZ-Mitarbeiterin Christina Maria Benz durfte einen Blick in seinen Garten werfen.
Die Nachmittagssonne legt goldenes Licht über hohe Wildsträucher und alten Baumbestand. Keine klassischen Pfarrgartengeschichten erzählt das beinahe parkähnliche Grün, das halb umrahmt vom Schloss hinter dem Pfarrhaus verborgen in Altshausen liegt und zur Privatsphäre des Pfarrers zählt. Wie wohl seit 150 Jahren herrscht in diesem Garten Stille. Und dennoch: Der Garten scheint zu plaudern wie der Pfarrer selbst. „Nur die Obstbäume erinnern noch an die alten Zeiten und weisen vielleicht auf einen Gärtner hin, der einmal Schnaps gebrannt hat“, sagt Pfarrer Christof Mayer, der seit 13 Jahren den Garten pflegt.
„Bevor man 1867 das Pfarrhaus errichtete, endete Altshausen mit dem Schloss“, erzählt er. Vom freien Feld habe man „Garten und Gemüse für die Pfarrpfründe“abgenommen, liest er aus einem Buch über Altshausen aus der damaligen Zeit vor. Zwar zähle der Garten zum Pfarrgebäude, allerdings weise er ähnliche Besitzverhältnisse wie der Kölner Dom auf. „Denn der Kölner Dom gehört niemandem“, so Pfarrer Mayer, selbst Mitglied im Zentraldombauverein in Köln. „Auch der Garten gehört sich selbst,“ergänzt er. Und denen, die darin leben: „Vögel, Igel, Insekten, Frösche und Pflanzen“, zählt er auf. „Ich versuche mich mit meinem Platz darin wahrzunehmen.“
Außengeräusche schalte er einfach ab, auch jene des Aufsitzmähers der Gemeinde. „Manche Menschen verhalten sich unglaublich laut im Garten“, sagt er. „Die Tiere in meinem Garten sollen wissen: Wenn der Mensch kommt, der in unserem Garten beheimatet ist, geht es uns gut.“Überhaupt habe er jeden Garten behandelt, als verbringe er den Rest seines Lebens in ihm. Manche Pfarrer verzichten bei Einzug in ihre neue Pfarrstelle auf heimisches Grün, im Wissen, es irgendwann aus beruflichen Gründen wieder zu verlassen. Anders Pfarrer Mayer: Vom Garten seiner früheren Pfarrstelle träume er sogar manchmal. „Vielleicht, um mir alles nochmals anzuschauen“, meint er.
Vergangenes Jahr habe er unerwünschten Gartenbesuch bekommen, erinnert er sich. In besagtem Sommer ist die oberschwäbische Region großflächig vom Buchsbaumzünsler heimgesucht worden. „Zwei Tage lang schnitt ich von Hand die ruinierte 100-jährige Hecke herunter. Das war Trauerarbeit für mich.“In diesem Jahr treibe der Buchs wieder aus.
„Wasser als lebendiges Sinnbild für die Quelle des ewigen Lebens fehlte mir noch“, zählt er auf. Kurzerhand bat er den Totengräber um den Aushub eines Teichs mittels Minibagger. Auf diesem Teich schwimmen jetzt Seerosen, auf denen sich Frösche sonnen. Auf der Wiese dahinter erzählt der Garten von der typischen oberschwäbischen Pflanzenvielfalt. „Hier darf wachsen, was will“, sagt er, das Leben solle zum Blühen kommen dürfen und nicht beschnitten werden“, sagt er und deutet auf ein Beet im Klostergartenstil. „Mein Garten im Garten“, so Mayer. Im Mittelpunkt blickt eine weibliche Steinfigur über Päonien, Rosen und Farne.
Sein Garten sei für ihn ein Vorgeschmack aufs Paradies: „Ein Zustand fern von Zeit und Raum, in dem neues Leben zum Blühen kommt, wie der grünende Stab des heiligen Christophorus. Dort blühen, wo Gott mich hingesät hat.“