Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Die Energiewende muss in die Städte“
Die Grüne Kerstin Andreae, Cheflobbyistin der Energiewirtschaft, über den Kohleausstieg und hohe Strompreise
- Klimaneutralität? „Je schneller, desto besser“, sagt Kerstin Andreae, Deutschlands Chef-Lobbyistin der Energiewirtschaft und Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW) im Gespräch mit Hannes Koch. „1000 zusätzliche Windräder an Land“seien nötig – jedes Jahr.
Sie waren Politikerin der Grünen im Bundestag, bevor Sie jetzt einen der größten Wirtschaftsverbände der Republik führen. Haben Ihre Kinder an den Klima-Demonstrationen der Fridays-for-Future-Bewegung teilgenommen? Sonnenkraftwerke sind weniger umstritten als die riesigen Rotoren. Auf dem Land haben schon viele Häuser Solarzellen auf dem Dach. Warum nicht auch in den Städten?
Die Photovoltaik wurde in den Städten tatsächlich sträflich vernachlässigt. Das liegt auch an dem unzureichenden Mieterstromgesetz und zu viel Bürokratie. Wir erhoffen uns einen Schub durch die anstehende Novelle des Erneuerbare-EnergienGesetzes (EEG). Sie haben recht: die Energiewende muss in die Städte gelangen.
Deutschland hat auch wegen der Ökostromumlage mit die höchsten Strompreise in Europa. Tut die Bundesregierung genug, um die hohen Kosten der Energiewende zu begrenzen?
Die Regierung will die Ökostromumlage auf 6,5 Cent je Kilowattstunde reduzieren. Das ist richtig, aber nicht genug. Die EEG-Umlage hätte auf fünf Cent gesenkt und auf diesem Niveau dauerhaft eingefroren werden müssen. Schließlich machen staatlich induzierte Abgaben inzwischen 53 Prozent des Strompreises aus. Innerhalb von zehn Jahren ist dieser Wert um mehr als zwei Drittel gestiegen. Die anderen Preisbestandteile, also Beschaffung, Vertrieb, Netzentgelte, sind dagegen im gleichen Zeitraum zusammengenommen nur um sechs Prozent gestiegen.
Der Börsenpreis für Strom sinkt. Warum geben die Anbieter das nicht an ihre Kunden weiter?