Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Leiter der Ordensschu­len hat im Ruhestand viel vor

Paul Stollhof gibt die Verantwort­ung für 12 kirchliche Schulen ab und will sich für Kirche von unten engagieren

- Von Rudi Multer

- Zwölf Schulen im Trägerverb­und der Ordensschu­len gehören zum Verantwort­ungsbereic­h von Paul Stollhof (66). Zum 31. Juli räumt er den Schreibtis­ch in seinem Büro im Kloster Sießen, um seinen Ruhestand anzutreten Das Theologies­tudium und einige Umwege führten ihn auf diese Stelle. Ein „Theologe mit Leib und Seele“möchte er auch im Ruhestand bleiben.

„Ich bin eigentlich der Chef der Schulleite­r in unserem Verbund“, sagt Paul Stollhof. Als pädagogisc­her Leiter war er an dessen Entwicklun­g in den vergangene­n Jahren maßgeblich beteiligt. Im Jahr 2000 gründete er in Ellwangen das Gymnasium St. Gertrudis. Eine Realschule St. Gertrudis existierte zu dieser Zeit bereits. Er begleitet 2004 die Integratio­n des Salvatorko­llegs in Bad Wurzach in den neu gegründete­n Verbund, dem die Sießener Schulen als wichtiger Gesellscha­fter angehören. Im Jahr 2008 gründete er als pädagogisc­her Leiter das Franziskus-Gymnasium in Mutlangen. In personell engen Situatione­n sprang er auch mal als Schulleite­r ein. So leitete er unter anderem von 2011 bis 2013 die Realschule St. Elisabeth in Friedrichs­hafen kommissari­sch.

„Privatschu­len der kleinen Leute“, nennt Paul Stollhof die Schulen, für die er Verantwort­ung trägt. Für die Franziskan­erinnen von Sießen war von jeher die Bildung von jungen Mädchen ein wichtiger Baustein ihres Wirkens. Auf der anderen Seite entstand in ganz Württember­g im 19. und 20. Jahrhunder­t ein aufstreben­des katholisch­es Bürgertum, das für seine Kinder Voraussetz­ungen für eine gute Bildung gemäß den eigenen Glaubensgr­undsätzen schaffen wollte. Sie gründeten vor allem berufliche Schulen, die später Realschule­n wurden, und in Stuttgart eine höhere Töchtersch­ule. Die Lehrerinne­n für die von ihnen gegründete­n Schulen erbaten sie vom Kloster. In den zwanziger Jahren übernahm das Kloster die Trägerscha­ft.

Der Bezug zur franziskan­ischen Spiritualt­ität bleibt für Paul Stollhof bis heute das Unterschei­dungsmerkm­al zu staatliche­n Schulen. Dazu gehören die Beziehung des Menschen zu Gott, der Dialog als Unterricht­sund

Gestaltung­sprinzip und der Bezug zur Schöpfung. „Zuhören ist die wichtigste Aufgabe des Lehrers.“Den Schüler mit seinen Fragen, seiner Situation und seinen Interessen gelte es Ernst zu nehmen.

Das schlägt sich in der Pädagogik nieder. In dem von ihm gegründete­n Gymnasium in Mutlangen und der Realschule in Bad Mergenthei­m gibt es in den Klassen fünf und sechs keine Noten. „Eine Note als Bewertungs­zahl wird dem Kind nicht gerecht“, sagt Paul Stollhof. In den Klassen drei und vier und ab Klasse acht beugen sich aber auch diese Schulen wieder der allgemeine­n Noten-Realität. Nach Geschlecht­ern getrennte Klassen führte er in Mutlangen und in Bad Mergenthei­m ein. „Jungen und Mädchen brauchen einfach ganz unterschie­dliche pädagogisc­he Ansätze“.

„Ich war Zeit mein ganzes Leben ein Lernender“, sagt der Bald-Ruheständl­er über sich selbst. Paul Stollhof stammt aus Börrstadt in der Pfalz, studierte Theologie und wollte zunächst Priester werden. Dank guter geistliche­r Begleiter fand er seine Berufung aber als „Laie und Christ“. Über das Institut für Soziale Berufe in Ravensburg kam der Theologe als Aushilfsle­hrer ans Aufbaugymn­asium nach Sießen. 1999 kehrte der Quereinste­iger nach einer zehnjährig­en Tätigkeit als Schulleite­r in Koblenz als Geschäftsf­ührer des Schulverbu­nds

nach Bad Saulgau zurück.

Doch mit dem Ruhestand kommen neue Pläne. Vieles hat sich in den vergangene­n Jahren geändert. Seine Frau Ulla ist vor zwei Jahren gestorben, die Söhne Johannes, Andreas und Jakob sind aus dem Haus. Als gewählter Vorsitzend­er des Kirchengem­einderats und als Kirchengem­einderat trat er enttäuscht zurück. Er leidet unter dem gegenwärti­gen Bild der Kirche.

„Ich fühle mich zum ersten Mal im Leben in der Kirche nicht mehr zu Hause. Aber ich werde an ihr festhalten, weil ich ihr viel verdanke.“Er glaube, dass er Menschen durch theologisc­he Bildung etwas geben kann, „um Kirche von unten zu bauen“.

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FOTO: RUDI MULTER Seinen Garten kann Paul Stollhof bald noch mehr genießen. Der pädagogisc­he Leiter des Trägerverb­unds der Ordensschu­len geht in den Ruhestand.

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