Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Süden setzt härtere Strafen für Raser aus
Vorerst gilt in Baden-Württemberg und Bayern der alte Katalog – Bundesländer uneins
(dpa/sz) Der umstrittene neue Bußgeldkatalog mit höheren Strafen für Raser wird vorerst in mehreren Bundesländern nicht mehr angewendet, unter anderem auch in Baden-Württemberg und Bayern. „Wir werden deshalb ab sofort für laufende Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren die alte Rechtslage anwenden“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag. Die entsprechenden Verwaltungsverfahren von Rasern würden zunächst gestoppt, sagte auch ein Sprecher des baden-württembergischenVerkehrsministeriums am Freitag in Stuttgart.
Beide Bundesländer im Süden folgen damit einer Aufforderung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die Neuregelungen auszusetzen. Die in der neuen Straßenverkehrsordnung vorgesehenen Fahrverbote sind aller Voraussicht nach nichtig – wegen eines „fehlenden Verweises auf die notwendige Rechtsgrundlage“. In einem Brief an die zuständigen Verkehrsminister der Länder hatte Scheuer geschrieben: „Ich bitte Sie inständig, an der Wiederherstellung eines systemkonformen Zustandes mitzuwirken“, heißt es in dem Brief.
Auch Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, SachsenAnhalt, Brandenburg und Sachsen gaben am Freitag bekannt, wieder zum alten Katalog zurückzukehren. „Laufende noch offene, also noch nicht mit Bescheid abgeschlossene
Verfahren, sowie auch zukünftige werden ab sofort nach dem alten Bußgeldkatalog bearbeitet“, sagte hierzu ein Sprecher der Hamburger Verkehrsbehörde.
Nach dem neuen Katalog, den Scheuer zunächst vorangetrieben und dann ab Mitte Mai wieder infrage gestellt hatte, droht ein Monat Führerscheinentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 Stundenkilometer zu schnell. Zuvor galt dies bei Überschreitungen von 31 Stundenkilometern im Ort und 41 Stundenkilometern außerhalb.
Trotz des aktuellen Verzichts auf die härteren Strafen warnte jedoch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) davor, die schärferen Sanktionen generell zu verwässern. Die Inhalte der Novelle müssten erhalten bleiben. „Eine Rücknahme der schon seit Langem fälligen Verschärfungen wäre ein Rückschlag für die Verkehrssicherheit und ein völlig falsches Signal an Raser“, sagte Hermann am Freitag. „Durch eine spürbare Erhöhung der Bußgelder bei Geschwindigkeitsüberschreitungen wird eine abschreckende Wirkung erreicht, und der Gesetzgeber macht klar, er meint es ernst.“
Unter den Ländern gehen die Meinungen über die Aussetzung des Bußgeldkataloges auseinander. Thüringens Infrastrukturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) erklärte am Freitag: „Es gibt keinen Grund, diese Regelungen nun zugunsten von Rasern zurückzunehmen.“