Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ulmer Basketballer haben ein Drittel weniger Geld
Die Corona-Krise beim Bundesligisten schlägt zu, die Verträge mit Willis und Jerrett werden aufgelöst
- Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Fans des BasketballBundesligisten Ratiopharm Ulm nächste Saison wieder einmal eine fast komplett neue Mannschaft zu sehen bekommen, dabei hätten sie sich wohl an jene, die beim Finalturnier in München gerade für Furore sorgte, sehr gut gewöhnen können. Wegen der Corona-Krise und deren wirtschaftlichen Unwägbarkeiten wurden nun die Verträge mit Grant Jerrett, der in München fehlte, und Derek Willis, beim Finalturnier vielleicht der beste Mann des Teams, aufgelöst. Ohnehin ausgelaufen sind inzwischen die Arbeitspapiere von Tyler Harvey, Archie Goodwin, Thomas Klepeisz, Per Günther, Gavin Schiling, Max Ugrai und Seth Hinrichs. Guard Christoph Philipps bleibt definitiv. Patrick Heckmann, der neue Center Dylan Osetkowski und Nationalspieler Andreas Obst haben gültige Verträge – ob ebenfalls mit Ausstiegsklauseln ausgestattet, dürfte die nahe Zukunft zeigen.
Auch wenn das nicht zwingend heißen muss, dass es kein Wiedersehen mit einem der nun vertragslosen Spieler geben wird – die Chance darauf ist mit Sicherheit deutlich kleiner geworden, obwohl weitere Gespräche mit Willis, Jerrett und den anderen geführt werden. In einer Pressemitteilung verweist Ratiopharm Ulm auf die vielen Unklarheiten vor der neuen Saison. Auch sechs Monate nach Ausbruch der CoronaPandemie ist schließlich nicht klar, ob und in welchem Umfang künftig Großveranstaltungen möglich sind und damit Zuschauer zu Spielen der Basketball-Bundesliga zugelassen sein werden. Die Zuschauereinnahmen und der Erlös aus dem Verkauf von Speisen und Getränken machen in Ulm angeblich rund ein Drittel des Etats aus, das jetzt fehlt. Der Verein sieht sich deswegen zu massiven Sparmaßnahmen gezwungen. „Wir können nur ausgeben, was wir haben“, sagt Geschäftsführer Andreas Oettel. Vor kurzem hatte Sportdirektor Thorsten Leibenath den Betrag, der den Ulmer fehlt, noch auf etwa 20 Prozent beziffert.
Die Auflösung der Verträge war eine der daraus folgenden Sofortmaßnahmen der Ulmer, deren Etat von Experten bisher auf 8,5 Millionen Euro taxiert wurde – im Vergleich zu 23 Millionen, die der Branchenführer aus München angeblich hat. „Das ist kein leichter Schritt, der uns insbesondere nach den großartigen Tagen in München sehr schwerfällt“, sagt Sportchef Thomas Stoll. Die Ulmer waren mit ihrer extrem homogenen Mannschaft ins Halbfinale eingezogen, der Teamgeist der Truppe schien zu stimmen. „Wir haben keine Wahl. Der Spielermarkt wird sich in diesem Sommer radikal ändern, und ohne die für unseren Etat elementaren Zuschauereinnahmen können wir die laufenden Verträge nicht erfüllen“, sagt Stoll.
Auf das Management wartet jetzt jedenfalls bis zum Trainingsbeginn Mitte August eine Menge an Arbeit, die Saison soll Ende September starten. Oettel verspricht: „Wir werden alles daransetzen, den Etat so schnell wie möglich wieder auf ein Niveau wie vor der Corona-Krise zu bringen. Die jetzt getroffenen Entscheidungen sind hart, aber nur so können wir sicherstellen, dass Ratiopharm Ulm auch in seiner 20. Saison wettbewerbsfähig bleibt.“
Die Finanzkrise macht derweil allen Bundesligisten Probleme. Die Eisbären Bremerhaven etwa verzichten auf den Aufstieg. Sportlich hatten sie das Aufstiegsrecht erworben. Stattdessen werden sie weiter in der Pro A an den Start gehen.
Auch in Bamberg erwartet den neuen Trainer Johan Roijakkers eine schwierige Mission. Der Club wird seinen Etat deutlich kürzen, „zwischen 35 und 40 Prozent“, sagt Geschäftsführer Arne Dirks. Das frühere Erfolgsteam, zum Abbruch der Hauptrunde Tabellensiebter, war in den Play-offs im Viertelfinale ausgeschieden.
Meister Alba Berlin muss sich dagen von einem Spieler-Trio trennen. Center Landry Nnoko, dessen Vertrag auslief, wechselt zum serbischen EuroLeague-Starter Roter Stern Belgrad, außerdem machen Forward Rokas Giedraitis und Guard Makai Mason von den Ausstiegsoptionen Gebrauch.