Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
IT-Berufe mit neuer Ausbildungsordnung
Peter Ilg
Mit Ausbildungsberufen ist es wie mit Software: Um aktuell zu sein, werden sie regelmäßig an neue Anforderungen angepasst. Die vier bestehenden IT-Ausbildungsberufe wurden nun vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) für das neue Ausbildungsjahr rundum erneuert. Dabei handelt es sich um die Ausbildungsberufe Fachinformatiker, IT-SystemElektroniker, Kaufmann für Digitalisierungsmanagement und Kaufmann für IT-System-Management. „Die Reform war überfällig, schließlich stammen die Anforderungen aus dem Jahr 1997“, sagt Henrik Schwarz, Leiter des Arbeitsbereichs für Elektro-, IT- und naturwissenschaftliche Berufe beim BIBB in Bonn. Die neuen Ausbildungsinhalte der vier dualen Ausbildungsberufe gelten ab dem 1. August 2020 für das neue Ausbildungsjahr.
Eingeführt wurden die vier IT-Ausbildungsberufe Ende der 1990-er Jahre wurden, Eine Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Mit großem Werbeaufwand aber zunächst niedrigen Ausbildungszahlen wurden ab 1997 erstmals IT-SystemElektroniker, IT-System-Kaufmann, Informatikkaufmann und Fachinformatiker in den zwei Fachrichtungen Systemintegration und Anwendungsentwicklung ausgebildet.
Inzwischen haben gut 300 000 Fachkräfte ihre Ausbildung abgeschlossen. „Der Ausbildungsberuf
Fachinformatiker gehört mittlerweile zu den Top-10-Berufen in der Rangliste nach neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen“, sagt Schwarz. Im vergangenen Jahr gab es deutschlandweit 16 440 neue Azubis der Fachinformatik. Florian Kaiser, Leiter des Referats Bildungsberatung bei der IHK München und Oberbayern weiß, warum der Beruf so beliebt ist: „Der Fachinformatiker ist branchenübergreifend ausgebildet. Sein Wissen wird in allen Branchen gebraucht und deshalb in allen ausgebildet.“
Im Gegensatz dazu bewegen sich die jährlichen Ausbildungszahlen der drei anderen IT-Berufe im niedrigen vierstelligen Bereich. „Die anderen drei Berufe sind auf den Einsatz in der IT-Branche zugeschnitten, das engt deren Einsatzzweck ein“, sagt Kaiser. Daher die deutlich geringen Ausbildungszahlen. Ab dem neuen Ausbildungsjahr gibt es mit „Daten- und Prozessanalyse“sowie „Digitale Vernetzung“zwei neue Fachrichtungen in der Fachinformatik. „Das ist absolut sinnvoll, weil beide Profile wichtige technische Bereiche abdecken und das in beiden Fällen wieder branchenunabhängig“, sagt Kaiser. Daher geht er davon aus, dass in beiden Fachrichtungen reichlich ausgebildet wird. Fachinformatiker der Daten- und Prozessanalyse stellen die Verfügbarkeit sowie Qualität und Quantität von Daten sicher und entwickeln IT-Lösungen für digitale Produktions- und Geschäftsprozesse. Fachinformatiker der Fachrichtung „Digitale Vernetzung“werden zu Spezialisten für die Netzinfrastruktur und den Schnittstellen zwischen Netzwerkkomponenten und cyber-physischen Systemen ausgebildet. Im Beruf des IT-System-Elektronikers wurden vor allem die elektrotechnischen Inhalte überarbeitet und der neue Ausbildungsberuf Kaufmann für IT-System-Management ist das Ergebnis der Modernisierung des alten IT-Systemkaufmann. „Das Profil hat sich nicht wesentlich geändert, die Inhalte dieses Berufs sind aktualisiert worden“, sagt Schwarz. Nach wie vor handelt es sich um einen Beruf, der seinen Schwerpunkt in der ITBranche haben wird. Anders ist das beim Kaufmann für Digitalisierungsmanagement, der den Informatikkaufmann ablöst. Er managt die Digitalisierung von Geschäftsprozessen auf der operativen Ebene in allen Branchen. „Die neuen Berufsbilder sind super-modern, die Novellierung hat Hand und Fuß“, urteilt Kaiser von der IHK.
Der typische IT-Azubi ist männlich, jeder zweite hat Abitur oder Fachhochschulreife. So verwundert es nicht, wenn Markus Tränkle, Ausbildungsberater der IHK-Region Stuttgart, schätzt, dass etwa ein Drittel nach Abschluss der Ausbildung studiert. „Typischerweise bilden kleine und mittelständische Unternehmen in IT-Berufen aus, große halten sich oftmals zurück“, sagt Tränkle. Sie locken die Fachkräfte anschließend mit hohen Gehältern zu sich. Die Ausbildungsvergütung von Fachinformatikern liegt bei rund 1 000 Euro monatlich, als Facharbeiter steigt man mit 37 000 Euro ein. Das ist unbedeutend weniger, als ein Bachelor-Insolvent der Informatik verdient. Auf Akademiker-Niveau können die Azubis mit einer Weiterbildung zum sogenannten IHK-Professional kommen. Diese gibt es seit einigen Jahren in zwei Graden. Der erste ist der operative Professional auf Bachelor-Niveau, der zweite ist ein strategischer Professional auf Master-Level. Beides ist eine betriebliche Weiterbildung, die meist berufsbegleitend absolviert wird, etwa zwei Jahre dauert und an Kursgebühren zwischen 4 000 und 6 000 Euro kostet.
Für Tränkle sind IT-Fachkräfte und IT-Akademiker keine Konkurrenten um Arbeitsplätze: „Sie ergänzen sich.“Informatiker seien Theoretiker und häufig in Forschung und Entwicklung eingesetzt. ITFachkräfte Praktiker für IT-Implementierungen, Projektmanagement und Führungsaufgaben. Die eine braucht also zwingend die andere Gruppe, damit IT im Ganzen funktioniert.