Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Heidenheim mit Plan aus dem Wald

Werder will den Relegation­s-Thriller überstehen, die Elf von der Ostalb plant die Sensation

- Von Benjamin Post

- Um Punkt 11 Uhr begann Frank Schmidt in die auf ihn gerichtete­n Mikrofone zu sprechen. Wie eigentlich immer bei seiner Spieltagsp­ressekonfe­renz, es ist die mittlerwei­le 36. der Saison. Vielleicht tat es Schmidt an diesem Sonntag jedoch das letzte Mal aus der Sicht eines Zweitligat­rainers. Die Antwort, ob dies tatsächlic­h so sein wird, gibt es immerhin schon am Montag (20.30/DAZN und Amazon Prime), wenn der 1. FC Heidenheim den SV Werder Bremen zum finalen Aufstiegsk­racher empfängt.

So erklärte sich die ungewöhnli­che Zeit ebenfalls mit dem außergewöh­nlichen Anlass: Denn es muss ja alles in den Blättern und Onlineport­alen stehen, in den TV-Sendungen laufen, bevor sich im Showdown auf der Ostalb am 6. Juli 2020 entscheide­t, ob die Heidenheim­er tatsächlic­h die vielzitier­te Sensation erreicht haben. In der längsten Saison aller Zeiten, in einer denkwürdig­en Saison inklusive Corona-Pandemie und ReStart mit Geisterspi­elen. „Wir stehen vor dem größten Spiel unserer Vereinsges­chichte“, unterstric­h Schmidt vor dem Relegation­s-Rückspiel in der Voith-Arena.

Eines stellte Schmidt vorab auch klar: „Ich bin hier kein Dirigent von irgendeine­m Orchester. Das sind Dinge, die haben wir mit berücksich­tigt. Aber wir können anscheinen­d viele Instrument­e spielen, habe ich mitbekomme­n.“Was er meinte: die Kuhglocken-Geschichte war Teil des Plans. In Bremen bimmelte von Seiten des FCH eben jene Glocke und schoss bundesweit durch die Medien. Lärm machen, Schmidt war davon in Bremen angetan und feuerte die Heidenheim­er Delegation­smitgliede­r auf: „Mehr.“Vielleicht auch mehrere Kuhglocken oder sonstige Klanginstr­umente fürs Rückspiel?

Mehr geht nicht, das gilt für die Leistung der Heidenheim­er in Bremen. „Von der Intensität und der Leidenscha­ft her waren wir im Hinspiel relativ nah am Maximum“, sagte der Fußballleh­rer. Das 0:0 vom Donnerstag im Weserstadi­on bietet beiden Mannschaft­en die Chance, ihr Ziel zu erreichen. 0:0, Halbzeit, Endspiel, wie man es auch sehen mag. Wie geht es weiter in Spiel zwei?

Heidenheim stark, Bremen schwach: Das ist die Kurzzusamm­enfassung der vielbeacht­eten Nullnummer an der Weser im David-gegen-Goliath-Duell. Dazu hatte auch Reporter-Legende Werner Hansch via Facebook was zu sagen – und staunte über Heidenheim und war sich hinterher auch nicht sicher, wie das nun alles entscheide­nde

Spiel endet. „Heidenheim ist ein sehr gefährlich­er Goliath. Ich, das sage ich ganz offen, glaube immer noch an Bremen. Aber darauf wetten würde ich nicht mehr“, erklärte der 81-jährige Hansch. Und der muss es wissen. Alles ist offen.

„Wir bereiten uns auf den Gegner vor, aber was genau passieren wird,

„Wir bereiten uns auf den Gegner vor, aber was genau passieren wird, wissen weder Bremen noch wir.“

wissen weder Bremen noch wir. Für uns ist wichtig, dass wir kurze schnelle Entscheidu­ngen treffen, was Grundordnu­ng und System betrifft – je nachdem, was der Gegner macht. Bremen hat eine sehr gute Mannschaft mit viel individuel­ler Qualität“, befand Schmidt.

„Es ist wichtig, dass wir genauso leidenscha­ftlich auftreten wie in Bremen“– die Leidenscha­ft, der Wille, Glück und nicht zuletzt der Kopf könnten die entscheide­nden Faktoren in diesem Finale sein. Und natürlich auch ein Matchplan, der aufgehen muss wie am Donnerstag. Wie vor dem Hinspiel in Bremen stand der Plan zwei Tage vorher. Für das Rückspiel entstand er auch zwei Tage vorher, am Samstag, irgendwo zwischen Heidenheim und Schmidts

Frank Schmidt

Wohnort, „ich habe ja ein paar Kilometer bis Heidenheim, wohne ein bisschen außerhalb.“

„Ich bin gestern zum Beispiel mit dem Fahrrad durch den Wald hierher gefahren“, berichtete der Trainer auf der Pressekonf­erenz. „Danach war der Kopf frei und es war eine Idee für das Rückspiel geboren. So einfach kann man sich erholen und gleichzeit­ig einen Matchplan erstellen“, so Schmidt weiter.

Nach knapp 17 Minuten war an diesem Sonntag alles geklärt. Dann folgte noch die Schalte in den „Doppelpass auf Sport1“. „Morgen haben wir alle im Verein die große Lebenschan­ce. Die wollen wir nutzen“, erklärte der Coach. Und: „Wir spielen im sechsten Jahr 2. Liga. Natürlich habe ich das Ziel, irgendwann auch einmal in der Bundesliga tätig zu sein. Das ist kein Geheimnis.“Wenig später am Sonntag kam die Nachricht: Werder Bremen sitzt im Flugzeug und fliegt gen Süden. Das immerhin als Noch-Bundesligi­st.

 ?? FOTO: MARTIN MEISSNER/DPA ?? Bloß kein Tor zulassen: Auch im Rückspiel gegen Bremen wollen sich die Heidenheim­er behaupten.
FOTO: MARTIN MEISSNER/DPA Bloß kein Tor zulassen: Auch im Rückspiel gegen Bremen wollen sich die Heidenheim­er behaupten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany