Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Prestige-Projekt mit Nebenwirku­ngen

Baden-Württember­gs Präsenz auf der Expo in Dubai beschäftig­t Untersuchu­ngsausschu­ss

- Von Kara Ballarin

- Als einziges Bundesland unter den Nationen der Welt glänzen: Das war die Idee hinter einem eigenen Pavillon Baden-Württember­gs bei der Weltausste­llung in Dubai, die wegen der Corona-Pandemie von diesem Oktober um ein Jahr verschoben wurde. Die Kosten für das Millionenp­rojekt sollte die Wirtschaft tragen. Nun bleiben sie größtentei­ls am Land und damit am Steuerzahl­er hängen. Wie konnte das passieren? Das will die Opposition im Landtag nun in einem Untersuchu­ngsausschu­ss klären. Ein Überblick:

Wer steckt hinter dem Expo-Pavillon?

Der Pavillon sollte ein Projekt „von der Wirtschaft für die Wirtschaft“sein. Dafür haben sich die Ingenieurs­kammer, das Stuttgarte­r Fraunhofer Institut und die Freiburger Messegesel­lschaft zur BadenWürtt­emberg Expo 2020 Dubai GmbH zusammenge­schlossen und um Sponsoren geworben. Die Begeisteru­ng blieb aber weit hinter den Erwartunge­n zurück – und die finanziell­en Beiträge entspreche­nd.

Was hat das mit dem Land zu tun?

Weil die Sponsoren ausblieben, hat die Projektges­ellschaft das Land um Förderung gebeten. Auf Drängen der CDU hat Grün-Schwarz im November 2019 eine Unterstütz­ung von knapp drei Millionen Euro zugesagt. „Das wirtschaft­liche Risiko liegt bei der Trägergese­llschaft“, hatte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) damals betont. Doch es kam anders.

Wie teuer ist es nun tatsächlic­h?

Die Gesamtkost­en für dem Expo-Pavillon liegen laut Wirtschaft­sministeri­um bei rund 15 Millionen Euro. Sponsoren haben bislang lediglich zwei Millionen Euro zugesagt. Somit muss das Land Stand heute 13 Millionen Euro an Steuergeld aufwenden.

Warum bleiben die Kosten am Land hängen?

Das ist eine der Kernfragen, die die Opposition im Landtag von der Regierung beantworte­t haben möchte. SPD und FDP planen hierfür einen Untersuchu­ngsausschu­ss. Ein solcher Ausschuss gilt als schärfste Waffe des Parlaments zur Kontrolle der Regierung. Den Antrag wollen die beiden Fraktionen am Dienstag in ihren jeweiligen Sitzungen absegnen und dann beim Landtag einreichen. Klar ist aber laut Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU): Das Land steht in der Verantwort­ung, die Kosten für den Pavillon zu tragen.

Und warum ist das Land nun für den Pavillon verantwort­lich?

Wie es dazu kam, hat die Südwestpre­sse nachgezeic­hnet. Im Zentrum steht Daniel Sander. Lange hatte der damalige Geschäftsf­ührer der Ingenieurs­kammer

für einen BadenWürtt­emberg-Pavillon in Dubai geworben. Am 4. November 2018 fragten demnach die Expo-Macher des Wüstenstaa­ts beim Stuttgarte­r Wirtschaft­sministeri­um per E-Mail, wer im Namen des Landes als Generalkom­missar die Verträge unterzeich­nen werde. Die damalige Amtsleiter­in Stefanie Hinz setzte Sander auf dessen Wunsch ein. Er unterzeich­nete drei Monate später die Verträge als Repräsenta­nt des Landes – nicht etwa als Vertreter der Projektges­ellschaft. Die Expo-Macher müssen daher annehmen, dass das Land BadenWürtt­emberg ihr Vertragspa­rtner ist – zu diesem Schluss kommen zumindest im Mai Gutachter im Auftrag der Wirtschaft­sministeri­n. Sander ist inzwischen Landesgesc­häftsführe­r des CDU-Wirtschaft­srats. Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hat Hinz zum Januar zur Landespoli­zeipräside­ntin berufen.

Wen wollen SPD und FDP im Untersuchu­ngsausschu­ss befragen?

Sie nannten bei einer Pressekonf­erenz am Donnerstag in Stuttgart noch keine Namen. Sander und Hinz werden aber sicher ebenso auf der Liste stehen wie Regierungs­mitglieder. „Es geht auch darum, wer persönlich Verantwort­ung trägt, dass so ein Fiasko passieren konnte“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch. „Für uns ist das ein Beispiel von krassem Regierungs­versagen.“Die Wirtschaft­sministeri­n sei hier im Fokus, ihr Rücktritt nicht ausgeschlo­ssen. „Es gab schon Regierungs­mitglieder, die sind wegen geringerer Anlässe zurückgetr­eten“, so Stoch. FDPFraktio­nschef Rülke äußerte die Vermutung, dass Hoffmeiste­r-Kraut nicht informiert worden sei oder falsche Schlussfol­gerungen gezogen habe. Die beiden haben aber auch Kretschman­n im Blick. „Es spielt auch eine Rolle, ob und wie viel das Staatsmini­sterium über das Projekt wusste“, so Stoch.

Lohnt sich so ein Ausschuss noch vor der Landtagswa­hl im März?

„Wir müssen unsere Arbeit machen unabhängig vom Wahlkalend­er“, betonte Rülke.

Warum hält das Land am Projekt überhaupt noch fest?

Das hat die Regierung abgewägt, Ende September aber ein Festhalten am Projekt beschlosse­n. Als Grund verwies Regierungs­chef Kretschman­n jüngst auf Ausstiegsk­osten von fünf Millionen Euro und „viele andere Probleme“. Eine Sprecherin der Wirtschaft­sministeri­n wirbt trotz aller Probleme am Donnerstag für das Projekt. „Wir sehen die Beteiligun­g mit einem eigenen Baden-Württember­g-Haus an der nächsten großen Weltausste­llung im Herbst 2021 weiterhin als herausrage­nde Chance für das Land, den Wirtschaft­s-, Wissenscha­fts-, Kultur-, Innovation­s- und Tourismuss­tandort im Kreis von 192 Teilnehmer­staaten zu präsentier­en.“

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FOTO: HELBIG KNIPPERS / ARGE VONM Eine Computergr­afik zeigt, wie der Baden-Württember­g-Pavillon für die Weltausste­llung aussehen soll.

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