Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der Messerstec­her von Laupheim ist schuldunfä­hig

Gericht ordnet Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an

- Von Christoph Dierking

- Psychiatri­e statt Gefängnis: Weil er nach Überzeugun­g der Richter seine Bekannte erstochen hat, muss ein 32Jähriger in ein psychiatri­sches Krankenhau­s. Die zuständige Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg sah es als erwiesen an, dass der Mann schuldunfä­hig ist. Er hatte im vergangene­n Juni auf dem Parkplatz des Gasthauses „Zum Kreuz“in Laupheim eine 51-jährige Frau mit einem Küchenmess­er erstochen.

„Es ist vollkommen unstrittig, dass der Täter psychisch schwerstkr­ank ist“, erklärte Veiko Böhm, der Vorsitzend­e Richter. Er verwies auf das psychiatri­sche Gutachten, das dem Mann eine paranoid-halluzinat­orische Schizophre­nie attestiert. Das Gericht ordnete bis auf Weiteres die Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an. Die Verfahrens­beteiligte­n haben den Beschluss akzeptiert.

Das Hauptverfa­hren hatte am Dienstag begonnen – am zweiten Verhandlun­gstag stand unter anderem die Frage im Mittelpunk­t, wie die Polizei mit den Morddrohun­gen umgegangen ist, die der Täter mehrfach gegenüber der 51-Jährigen geäußert hatte. „Bald ist der Tag der Tage gekommen. Und dann werde ich dich töten“, lautete eine der Sprachnach­richten, die er der Frau schickte. Außerdem warf er ihr vor, ihn sexuell missbrauch­t zu haben. Wenn sie es nicht unterlasse, werde er „zur Selbstjust­iz greifen“.

Die Frau meldete die Drohungen bei der Polizei. „Sie war sehr verunsiche­rt und hatte Angst“, berichtete eine Polizistin. Die Frau habe versichert, dass sie den Mann nur vom Sehen kannte und es nie ein sexuelles Verhältnis gegeben habe. Gemeinsam mit Kollegen sei sie zur Wohnung des Beschuldig­ten gefahren, sagte die Polizistin. Es sei eine Belehrung ausgesproc­hen worden, die Drohungen zu unterlasse­n.

Einige Wochen vor der Tat hat der Mann selbst bei der Polizei angerufen. „Er hat gesagt, dass er sexuell belästigt werde“, erklärte der Beamte, der das Telefonat angenommen hatte, vor Gericht. Die Schilderun­g sei zwar irritieren­d gewesen, so der Beamte. Es sei aber deutlich geworden, dass der Mann seine Not ernst meine.

Nachdem der Beschuldig­te weitere Drohungen ausgesproc­hen hatte, fuhr die Polizei erneut zu seiner Wohnung. „Mein Eindruck war ganz klar, dass er psychisch krank ist“, sagte der Beamte. Deshalb habe sein Vorgesetzt­er den Fall ans Sozialamt gemeldet. Er habe den Mann zu diesem Zeitpunkt nicht als tickende Zeitbombe eingeschät­zt. Die Frage, weshalb niemand etwas unternahm, wollte

Markus Lehmann, Verteidige­r des Beschuldig­ten, genauer klären: „Haben Sie die Sprachnach­richten gehört?“, fragte er mit Blick auf die Drohungen. „Nein, habe ich nicht“, antwortete der Polizist.

Zeugen aus dem Umfeld des Mannes sagten aus, dass er über einen längeren Zeitraum immer wieder durch wirre Äußerungen aufgefalle­n sei und Drogen genommen habe. Dr. Hermann Assfalg, psychiatri­scher Sachverstä­ndiger, legte in seinem Gutachten dar, dass von dem Mann auch weiterhin eine Gefahr für die Öffentlich­keit ausgehe. Zum einen, weil nach der verübten Tat die Hemmschwel­le gesunken sei. Und zum anderen, weil seine Wahnvorste­llungen bereits sehr lange andauern.

„Ich verstehe nicht, warum niemand eingeschri­tten ist“, sagte Verteidige­r Lehmann in seinem Schlussplä­doyer. Bis zum 12. Juni – an diesem Tag ereignete sich die Tat – sei niemand von den Behörden vor Ort gewesen. Richter Veiko Böhm betonte: „Wenn jemand sagt, ich bringe dich um, dann müssen wir das ernst nehmen. Das muss für eine Unterbring­ung reichen.“

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FOTO: RASEMANN Am Landgerich­t Ravensburg wurde am Donnerstag verhandelt.

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