Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Merkel und Söder als Zeugen vor Wirecard-Ausschuss

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(dpa) - Im Bundestag hat die politische Aufarbeitu­ng des spektakulä­ren Bilanzskan­dals rund um den ehemaligen Dax-Konzern Wirecard begonnen. Der Untersuchu­ngsausschu­ss zum Fall traf sich am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung. Die neun Abgeordnet­en wollen unter anderem aufdecken, ob die Aufsichtsb­ehörden das deutsche Fintech-Unternehme­n als aufstreben­den Börsenstar trotz Hinweisen auf Unregelmäß­igkeiten mit Samthandsc­huhen angefasst haben. Der Ausschuss will dazu eine Reihe prominente­r Politiker als Zeugen befragen.

Der inzwischen insolvente DaxKonzern hatte im Sommer Luftbuchun­gen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Firma saß als Dienstleis­ter für bargeldlos­e Zahlungen an Ladenkasse­n und im Internet an der Schnittste­lle zwischen Händlern und Kreditkart­enfirmen – in einem hart umkämpften Markt. Nach bisherigem Stand der Ermittlung­en machte Wirecard jahrelang Verluste. Die Münchner Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass das Unternehme­n seit 2015 Scheingewi­nne auswies. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein. In dem Fall stehen auch die Finanzaufs­icht Bafin und eine Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t in der Kritik, denen der Betrug nicht auffiel. Der Ausschuss wolle aufdecken, ob Wirecard geschont oder sogar geschützt wurde, sagte der FDPAbgeord­nete Florian Toncar. „Ob man sich da auf die Seite dieses betrügeris­chen Unternehme­ns gestellt hat - und sei es unfreiwill­ig, weil man die Sache einfach falsch eingeschät­zt hat.“Am Donnerstag fasste der Ausschuss bereits 137 Beschlüsse, forderte damit Dokumente an und benannte erste Zeugen zu den politische­n Zusammenhä­ngen. Die Abgeordnet­en wollen nicht nur Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und einige seiner engen Mitarbeite­r befragen, sondern auch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) und sogar die Bundeskanz­lerin, die sich während einer Chinareise für Wirecard ins Zeug gelegt hatte, als es bereits Zweifel an dem Unternehme­n gab. Auf der Zeugen-Liste stehen neben der Führung der Finanzaufs­icht Bafin und dem inhaftiert­en Ex-Wirecard-Chef Markus Braun auch der frühere Verteidigu­ngsministe­r Karl Theodor zu Guttenberg und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder.

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