Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Stimme der Poesie
Der Literaturnobelpreis für die US-Lyrikerin Louise Glück überrascht
(dpa) - Ein Literaturnobelpreis ohne Skandal und Kontroverse: Die Schwedische Akademie steuert mit der Auszeichnung einer weißen, amerikanischen Poetin in keine neue Krise hinein. Die Entscheidung für Louise Glück – vier Jahre nach dem Nobelpreis für den US-Songpoeten Bob Dylan – ist dennoch eine Überraschung, auch wenn sie zweifellos verdient ist. In ihrer amerikanischen Heimat hat die 77Jährige bereits zahlreiche Auszeichnungen abgeräumt, darunter der Pulitzer-Preis und der National Book Award.
„Louise Glücks Stimme ist unverwechselbar“, sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees der Akademie, Anders Olsson, bei der Bekanntgabe in Stockholm. „Sie ist aufrichtig, kompromisslos und signalisiert, dass diese Poetin verstanden werden will. Aber es ist auch eine Stimme voller Humor und beißender Scharfsinnigkeit.“
Glück wurde in New York geboren und wuchs in Long Island auf.
Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt „Firstborn“(1968) veröffentlichte die heutige Literaturprofessorin elf weitere Gedichtbände sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie. Aktuell lehrt sie an der Elite-Uni Yale in New Haven im US-Staat Connecticut Englisch. Auf Deutsch sind von Glück bei Luchterhand (München) zwei Gedichtbände erschienen: 2007 „Averno“und 2008 „Wilde Iris“. Sie sind jedoch vergriffen.
„Uns hat das überrascht und gefreut“, sagte Luchterhand-Sprecher Karsten Rösel der Deutschen PresseAgentur. Wenn sie mit einem Gewinner aus ihrem Haus gerechnet hätten, dann wäre das eher Maryse Condé gewesen, die als eine der Favoritinnen gegolten hatte.
Auch Glück selbst hatte offenbar nicht mit dem Preis gerechnet. „Erst habe ich Panik bekommen, dann dachte ich, dass ich halluziniere. Danach fühlte ich mich unglaublich geehrt“, sagte sie der schwedischen Zeitung „Dagens Nyheter“. „Ich hätte niemals gedacht, dass sie den Preis an eine weiße, amerikanische Poetin geben.“In einem kurzen Telefon-Interview, das auf dem offiziellen Twitteraccount der Nobelpreise veröffentlicht wurde, sagte sie, sie könne sich nun ein Haus in Vermont kaufen. Zugleich habe sie aber auch Sorgen, dass sich ihr Alltag durch den Preis verändern werde. Schon jetzt klingele das Telefon ununterbrochen.
Die Nobelpreise sind diesmal mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro) pro Kategorie dotiert. Statt in einer prunkvollen Zeremonie werden sie bei einer Fernsehsendung vergeben, zu der die Preisträger zugeschaltet werden.