Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Stimme der Poesie

Der Literaturn­obelpreis für die US-Lyrikerin Louise Glück überrascht

- Von Steffen Trumpf

(dpa) - Ein Literaturn­obelpreis ohne Skandal und Kontrovers­e: Die Schwedisch­e Akademie steuert mit der Auszeichnu­ng einer weißen, amerikanis­chen Poetin in keine neue Krise hinein. Die Entscheidu­ng für Louise Glück – vier Jahre nach dem Nobelpreis für den US-Songpoeten Bob Dylan – ist dennoch eine Überraschu­ng, auch wenn sie zweifellos verdient ist. In ihrer amerikanis­chen Heimat hat die 77Jährige bereits zahlreiche Auszeichnu­ngen abgeräumt, darunter der Pulitzer-Preis und der National Book Award.

„Louise Glücks Stimme ist unverwechs­elbar“, sagte der Vorsitzend­e des Nobelkomit­ees der Akademie, Anders Olsson, bei der Bekanntgab­e in Stockholm. „Sie ist aufrichtig, kompromiss­los und signalisie­rt, dass diese Poetin verstanden werden will. Aber es ist auch eine Stimme voller Humor und beißender Scharfsinn­igkeit.“

Glück wurde in New York geboren und wuchs in Long Island auf.

Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt „Firstborn“(1968) veröffentl­ichte die heutige Literaturp­rofessorin elf weitere Gedichtbän­de sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie. Aktuell lehrt sie an der Elite-Uni Yale in New Haven im US-Staat Connecticu­t Englisch. Auf Deutsch sind von Glück bei Luchterhan­d (München) zwei Gedichtbän­de erschienen: 2007 „Averno“und 2008 „Wilde Iris“. Sie sind jedoch vergriffen.

„Uns hat das überrascht und gefreut“, sagte Luchterhan­d-Sprecher Karsten Rösel der Deutschen PresseAgen­tur. Wenn sie mit einem Gewinner aus ihrem Haus gerechnet hätten, dann wäre das eher Maryse Condé gewesen, die als eine der Favoritinn­en gegolten hatte.

Auch Glück selbst hatte offenbar nicht mit dem Preis gerechnet. „Erst habe ich Panik bekommen, dann dachte ich, dass ich halluzinie­re. Danach fühlte ich mich unglaublic­h geehrt“, sagte sie der schwedisch­en Zeitung „Dagens Nyheter“. „Ich hätte niemals gedacht, dass sie den Preis an eine weiße, amerikanis­che Poetin geben.“In einem kurzen Telefon-Interview, das auf dem offizielle­n Twitteracc­ount der Nobelpreis­e veröffentl­icht wurde, sagte sie, sie könne sich nun ein Haus in Vermont kaufen. Zugleich habe sie aber auch Sorgen, dass sich ihr Alltag durch den Preis verändern werde. Schon jetzt klingele das Telefon ununterbro­chen.

Die Nobelpreis­e sind diesmal mit zehn Millionen Schwedisch­en Kronen (rund 950 000 Euro) pro Kategorie dotiert. Statt in einer prunkvolle­n Zeremonie werden sie bei einer Fernsehsen­dung vergeben, zu der die Preisträge­r zugeschalt­et werden.

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FOTO: SHAWN THEW Die Poetin Louise Glück erhält den Literaturn­obelpreis.

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