Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Wirt droht durch Verweigerung höheres Bußgeld
Landratsamt stärkt der Stadt Mengen bei der Einsichtnahme in Gästelisten den Rücken
- Nachdem der ehemalige Wirt des Pubcafés in Mengen sich geweigert hatte, der Stadt Mengen als Ortspolizeibehörde die aufgrund der Corona-Verordnung zu führenden Gästelisten offenzulegen, stärkt das Landratsamt Sigmaringen der Stadtverwaltung den Rücken. „Das Vorgehen der Stadt Mengen steht nicht in Widerspruch zur CoronaVerordnung“, sagt Anja Schäfer, Leiterin des Fachbereichs Recht und Ordnung in der Kreisbehörde. „Die Vorlage der Listen diente nicht dem Zweck der Auswertung oder Verwendung der enthaltenen Daten. Es sollte lediglich überprüft werden, ob eine solche Liste geführt wird.“
Guido Kanzler hat das Pubcafé Ende September an einen Nachfolger übergeben. Er war der Meinung gewesen, dass die Stadt Mengen nur dann Einsicht in die Gästelisten nehmen dürfe, wenn es um die Nachverfolgbarkeit eines konkreten Infektionsfalls gehe. Deshalb hatte er die Einsicht verweigert, da er sie als Verstoß gegen die Corona-Verordnung ansah. Dass die Stadtverwaltung auch überprüfen wollte, ob ein positiv auf das Coronavirus getesteter Mann die Gaststätte besucht hatte, dies gegenüber dem Gesundheitsamt aber nicht erwähnt hatte, war laut Kanzler aus der schriftlichen Aufforderung, die Listen für einen Zeitraum von zwei Wochen einzusehen, nicht ersichtlich gewesen.
Anja Schäfer betont, wie wichtig es für die Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten und der effektiven Begegnung des Ausbruchsgeschehens ist, dass die Wirte die Daten ihre Gäste gewissenhaft und vollständig erheben. Dies sei ein elementarer Bestandteil der Corona-Verordnung.
„Da Gaststätten der Begegnung dienen, bergen sie zudem eine Gefahr für die Allgemeinheit als möglicher Infektionsherd“, sagt sie. Aufgrund steigender Infektionszahlen und diffusem Ausbruchsgeschehen in einzelnen Landkreisen habe die Landesregierung am Dienstag die zweite Pandemiestufe ausgerufen. „So sind in dieser Stufe insbesondere die Kontrollen der bestehenden Regelungen auszuweiten und zu verschärfen“, so Schäfer. „ Diesbezüglich hat die Stadt Mengen bereits eine zielführende Vorarbeit geleistet.“
Führe ein Gastwirt keine oder mangelhafte Aufzeichnungen, könne dies ein unkontrolliertes Ausbruchsgeschehen
begünstigen. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, Daten zu erheben, kann laut Schäfer daher mit einem Bußgeld zwischen 250 und 5000 Euro geahndet werden. Wiederholte, gravierende Verstöße und Bußgeldverfahren durch einen Gastwirt können in einem weiteren Schritt auch in einem Verfahren zum Entzug der Gaststättenerlaubnis münden. Diese Entscheidung müsste dann die Stadt Mengen als Gaststättenbehörde treffen.
Während das Bußgeldverfahren laut Stadtverwaltung bei der Kreisbehörde angesiedelt ist und offenbar angeschoben ist, kommt ein Entzug der Gaststättenerlaubnis nicht infrage, da Kanzler die Gaststätte zum 30. September aufgegeben hat. Außerdem spielt die Zeit eine Rolle, da Ende Oktober die letzten Daten aus dem Pubcafé verordnungsgemäß gelöscht werden müssen. Es wird in Mengen aber davon ausgegangen, dass sich die Weigerung in der Höhe des Bußgelds widerspiegeln wird.
Der Stadtverwaltung Mengen ist bisher nicht bekannt, dass Guido Kanzler wie angedroht eine Anzeige gegen das Ordnungsamt gestellt hat. Weitere Kontaktaufnahmen oder eine Einigung hätte es aber auch nicht gegeben. „Aufgrund der Lageentwicklung und den steigenden Infektionszahlen appellieren wir mehr denn je an die Eigenverantwortung der Gastwirte“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Stadt. Schließlich hätten 44 von 45 Wirten die Listen vorgelegt und es hätte nur wenige Beanstandungen gegeben. „Das konstruktive Miteinander ist für uns auch weiterhin der zielführendste Weg, um die Infektionszahlen in Mengen niedrig zu halten und um weitergehende einschränkende Maßnahmen zu vermeiden.“Mitarbeiter des Ordnungsamts verdeckt in die Gaststätten zu schicken, wie es offenbar in anderen Landkreisen gehandhabt werde, komme derzeit nicht infrage.