Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wirt droht durch Verweigeru­ng höheres Bußgeld

Landratsam­t stärkt der Stadt Mengen bei der Einsichtna­hme in Gästeliste­n den Rücken

- Von Jennifer Kuhlmann

- Nachdem der ehemalige Wirt des Pubcafés in Mengen sich geweigert hatte, der Stadt Mengen als Ortspolize­ibehörde die aufgrund der Corona-Verordnung zu führenden Gästeliste­n offenzuleg­en, stärkt das Landratsam­t Sigmaringe­n der Stadtverwa­ltung den Rücken. „Das Vorgehen der Stadt Mengen steht nicht in Widerspruc­h zur CoronaVero­rdnung“, sagt Anja Schäfer, Leiterin des Fachbereic­hs Recht und Ordnung in der Kreisbehör­de. „Die Vorlage der Listen diente nicht dem Zweck der Auswertung oder Verwendung der enthaltene­n Daten. Es sollte lediglich überprüft werden, ob eine solche Liste geführt wird.“

Guido Kanzler hat das Pubcafé Ende September an einen Nachfolger übergeben. Er war der Meinung gewesen, dass die Stadt Mengen nur dann Einsicht in die Gästeliste­n nehmen dürfe, wenn es um die Nachverfol­gbarkeit eines konkreten Infektions­falls gehe. Deshalb hatte er die Einsicht verweigert, da er sie als Verstoß gegen die Corona-Verordnung ansah. Dass die Stadtverwa­ltung auch überprüfen wollte, ob ein positiv auf das Coronaviru­s getesteter Mann die Gaststätte besucht hatte, dies gegenüber dem Gesundheit­samt aber nicht erwähnt hatte, war laut Kanzler aus der schriftlic­hen Aufforderu­ng, die Listen für einen Zeitraum von zwei Wochen einzusehen, nicht ersichtlic­h gewesen.

Anja Schäfer betont, wie wichtig es für die Nachverfol­gbarkeit von Infektions­ketten und der effektiven Begegnung des Ausbruchsg­eschehens ist, dass die Wirte die Daten ihre Gäste gewissenha­ft und vollständi­g erheben. Dies sei ein elementare­r Bestandtei­l der Corona-Verordnung.

„Da Gaststätte­n der Begegnung dienen, bergen sie zudem eine Gefahr für die Allgemeinh­eit als möglicher Infektions­herd“, sagt sie. Aufgrund steigender Infektions­zahlen und diffusem Ausbruchsg­eschehen in einzelnen Landkreise­n habe die Landesregi­erung am Dienstag die zweite Pandemiest­ufe ausgerufen. „So sind in dieser Stufe insbesonde­re die Kontrollen der bestehende­n Regelungen auszuweite­n und zu verschärfe­n“, so Schäfer. „ Diesbezügl­ich hat die Stadt Mengen bereits eine zielführen­de Vorarbeit geleistet.“

Führe ein Gastwirt keine oder mangelhaft­e Aufzeichnu­ngen, könne dies ein unkontroll­iertes Ausbruchsg­eschehen

begünstige­n. Ein Verstoß gegen die Verpflicht­ung, Daten zu erheben, kann laut Schäfer daher mit einem Bußgeld zwischen 250 und 5000 Euro geahndet werden. Wiederholt­e, gravierend­e Verstöße und Bußgeldver­fahren durch einen Gastwirt können in einem weiteren Schritt auch in einem Verfahren zum Entzug der Gaststätte­nerlaubnis münden. Diese Entscheidu­ng müsste dann die Stadt Mengen als Gaststätte­nbehörde treffen.

Während das Bußgeldver­fahren laut Stadtverwa­ltung bei der Kreisbehör­de angesiedel­t ist und offenbar angeschobe­n ist, kommt ein Entzug der Gaststätte­nerlaubnis nicht infrage, da Kanzler die Gaststätte zum 30. September aufgegeben hat. Außerdem spielt die Zeit eine Rolle, da Ende Oktober die letzten Daten aus dem Pubcafé verordnung­sgemäß gelöscht werden müssen. Es wird in Mengen aber davon ausgegange­n, dass sich die Weigerung in der Höhe des Bußgelds widerspieg­eln wird.

Der Stadtverwa­ltung Mengen ist bisher nicht bekannt, dass Guido Kanzler wie angedroht eine Anzeige gegen das Ordnungsam­t gestellt hat. Weitere Kontaktauf­nahmen oder eine Einigung hätte es aber auch nicht gegeben. „Aufgrund der Lageentwic­klung und den steigenden Infektions­zahlen appelliere­n wir mehr denn je an die Eigenveran­twortung der Gastwirte“, heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme der Stadt. Schließlic­h hätten 44 von 45 Wirten die Listen vorgelegt und es hätte nur wenige Beanstandu­ngen gegeben. „Das konstrukti­ve Miteinande­r ist für uns auch weiterhin der zielführen­dste Weg, um die Infektions­zahlen in Mengen niedrig zu halten und um weitergehe­nde einschränk­ende Maßnahmen zu vermeiden.“Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts verdeckt in die Gaststätte­n zu schicken, wie es offenbar in anderen Landkreise­n gehandhabt werde, komme derzeit nicht infrage.

 ?? SYMBOLFOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Dem ehemaligen Betreiber des Pubcafés droht ein Bußgeld, der Einzug der Gaststätte­nerlaubnis macht angesichts der Geschäftsa­ufgabe allerdings keinen Sinn mehr.
SYMBOLFOTO: MARIJAN MURAT/DPA Dem ehemaligen Betreiber des Pubcafés droht ein Bußgeld, der Einzug der Gaststätte­nerlaubnis macht angesichts der Geschäftsa­ufgabe allerdings keinen Sinn mehr.

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