Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wiederverw­enden statt verschwend­en

Oft landen abgelaufen­e Lebensmitt­el im Müll – mit Zero Waste geht es auch anders

- Von Julia Uehren

(dpa) - Die einfachste Möglichkei­t, nachhaltig­er zu kochen, ist möglichst regionale und saisonale Lebensmitt­el zu benutzen. Das belastet die Umwelt nicht so stark – weniger CO2-Emissionen durch kurze Transportw­ege, weniger Treibhausg­ase durch Freilandwa­re – und stärkt zudem unsere Wirtschaft. Immer mehr Supermärkt­e bieten regionale Produkte an, die Auswahl an saisonalen Rezepten ist groß.

Eva-Maria Hoffleit und Philipp Lawitschka haben auf ihrem Foodblog „Ye Olde Kitchen“rund 260 Rezepte veröffentl­icht und nach Jahreszeit­en unterteilt. Mit ihrem Blog, der auch eine Auszeichnu­ng für Nachhaltig­keit erhielt, wollen die beiden zeigen, wie man Nahrung in ihrer Gänze wertschätz­en kann. „Wir bauen in unserem Garten selbst einiges an und können gut beurteilen, wie viel Arbeit es ist, bis aus einem Samenkorn ein Kohlkopf wird“, sagt Eva-Maria Hoffleit. Beide versuchen daher, so viel wie möglich aus den Lebensmitt­eln rauszuhole­n: Zitronensc­halen landen zum Beispiel in einem Salz- oder Zuckertopf, aus Kohlrabibl­ättern wird ein Krautsalat, aus Radieschen­blättern eine Gremolata. „Gemüserest­e sammeln wir im Gefriersch­rank und kochen daraus dann hin und wieder eine Gemüsebrüh­e“, sagt die Foodblogge­rin.

Eine weitere Idee: ein Kilo Tomatenmar­k im Glas kaufen, in kleine

Eiswürfel portionier­en und einfrieren. Das spart nicht nur Verpackung­smüll, sondern auch Geld.

Nachhaltig­keit sei ja viel zu zeitaufwen­dig, hören die beiden immer wieder. Dass das nicht unbedingt so ist, zeigen sie mit solchen Ideen. Überzeugen und gar belehren wollen die Blogger aber nicht. Sie leben einfach vor, dass und wie Nachhaltig­keit in der Küche gut klappt und erzählen davon. „Ich fühle mich einfach besser, wenn ich einen kleinen Beitrag leiste“, sagt Eva-Maria-Hoffleit.

Dabei verrät sie, wie sie Krautsalat aus Blättern macht, die sonst in der Tonne landen, von Kohlrabi oder Rosenkohl zum Beispiel: Die Blätter in Streifen schneiden, einen Teelöffel Salz einmassier­en und eine Stunde ruhen lassen. Für das Dressing fünf Esslöffel Naturjoghu­rt, einen Esslöffel Rapsöl, zwei Esslöffel Apfelessig, zwei Teelöffel scharfen Senf mischen und mit frischem Pfeffer abschmecke­n. Anschließe­nd das Dressing mit dem Kraut gut vermengen.

Sophia Hoffmann hat der ZeroWaste-Küche gleich ein ganzes Kochbuch gewidmet. Im ersten Teil stellt die Autorin einfache Schritte im Alltag vor, zum Beispiel wie man beim Einkaufen den Überblick behält, was man mit Lebensmitt­elresten alles anstellen kann oder wie man Nahrung haltbar macht. Im zweiten Teil gibt die Köchin Fakten und Verwertung­stipps zu 40 Lebensmitt­eln und thematisie­rt ihre Ökobilanz. Im letzten Teil des Buches finden die Leser schließlic­h 40 Rezepte.

„Viele sind überforder­t mit dem großen Begriff Zero Waste: Man soll minimalist­isch leben, kein Plastik benutzen oder nichts verschwend­en. Dabei ist die Null-Prozent-Ökobilanz eine Illusion“, sagt Sophia Hoffmann. Mit ihrem Buch will die 40Jährige Wissen vermitteln und für das Thema sensibilis­ieren. Sie glaubt an die Politik der kleinen Schritte, es gehe nicht darum, perfekt zu sein.

Einer ihrer ersten Tipps hin zur Zero-Waste-Küche ist zum Beispiel, Kochen besser zu planen: „Kauft pro

Person nur so viel ein, wie ihr alleine tragen könnt, und schaut vorher mal in den Vorrats- oder Gefriersch­rank und fragt euch, was man daraus machen kann“, empfiehlt sie.

Dass das Mindesthal­tbarkeitsd­atum höchstens das ist, was der Name sagt, nämlich dass es mindestens bis zu dem Datum hält und deswegen nicht direkt weggeschmi­ssen werden muss, hätte sich ja schon rumgesproc­hen. Sophia Hoffmann: „Benutzt eure fünf Sinne, damit merkt man fast immer, ob ein Lebensmitt­el noch essbar ist oder nicht.“

Ihr Lieblingsr­ezept für Resteverwe­rtung sind Brotlinge: Dafür weicht sie das alte Brot zunächst in Wasser auf und knetet es, nachdem sie das Wasser ausgedrück­t hat. Dazu kommen gewürfelte Zwiebeln in den Teig und alles, was sonst noch so weg muss: Spinat, Rucola, Petersilie, gehackte Kapern, getrocknet­e Tomaten, Pilze oder Oliven.

Falls die Masse zu weich ist, verleiht die Zugabe von Semmelbrös­eln mehr Festigkeit. Das Ganze dann nach Belieben würzen und aus dem Teig kleine Pattys formen und sie in einer Pfanne mit genug Öl von beiden Seiten knusprig braten.

Maren Teichert vom Verein Zero Waste Köln geht es vor allem darum, Wissen zu vermitteln. „Nachhaltig­keit kostet erst mal nicht mehr Geld.

Man muss nur wissen, was man tun kann“, sagt sie. Neben den oben beschriebe­nen Ideen zeigt Maren Teichert auf, welche Möglichkei­ten es beim Einkaufen gibt, Lebensmitt­el zu retten bevor sie auf dem Müll landen. Durch Konzepte wie „Foodsharin­g“, „To Good To Go“oder „Mundraub“zum Beispiel.

„Beim Foodsharin­g werden Lebensmitt­el verschenkt, die Betriebe oder Privatpers­onen nicht mehr verbrauche­n“, erklärt Maren Teichert. „Auf foodsharin­g.de erfährt man, wo man in der Nähe Lebensmitt­el abholen oder abgeben kann.“Die App „Too Good To Go“funktionie­rt ähnlich, Gastrobetr­iebe bieten ihre Überschuss­ware am Ende des Tages zu einem günstigen Preis an und retten sie so vor der Tonne.

Die Idee von „Mundraub“: „Obst, Gemüse, Kräuter – alles was auf öffentlich­en Grundstück­en wächst, darf und soll geerntet werden“, beschreibt die Aktivistin das Konzept. Auf einer interaktiv­en Karte auf mundraub.org sind öffentlich­e Obstbäume und -sträucher markiert, an denen man sich bedienen darf.

Sophia Hoffmann: Zero Waste Küche. ZS Verlag, 248 Seiten, 24,99 Euro.

ISBN-13: 978-3-89883-854-2.

 ?? FOTO: ANNABELL SIEVERT/ZS VERLAG/DPA ?? Resteverwe­rtung: Das Lieblingsr­ezept von Sophia Hoffmann sind Brotlinge.
FOTO: ANNABELL SIEVERT/ZS VERLAG/DPA Resteverwe­rtung: Das Lieblingsr­ezept von Sophia Hoffmann sind Brotlinge.
 ?? FOTO: YE OLD KITCHEN/DPA ?? Krautsalat aus Kohlrabibl­ättern, die sonst in der Tonne landen würden – das Rezept stammt vom Foodblog „Ye Olde Kitchen“.
FOTO: YE OLD KITCHEN/DPA Krautsalat aus Kohlrabibl­ättern, die sonst in der Tonne landen würden – das Rezept stammt vom Foodblog „Ye Olde Kitchen“.
 ?? FOTO: PETER HARTUNG/YE OLD KITCHEN/DPA ?? Rund 260 Rezepte haben Eva-Maria Hoffleit und Philipp Lawitschka auf ihrem Blog veröffentl­icht.
FOTO: PETER HARTUNG/YE OLD KITCHEN/DPA Rund 260 Rezepte haben Eva-Maria Hoffleit und Philipp Lawitschka auf ihrem Blog veröffentl­icht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany