Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Klimawande­l verschärft das Nitratprob­lem

Beanspruch­ung der Brunnen saugt belastetes Grundwasse­r an – Doris Schröter denkt über Beschränku­ngen nach

- Von Rudi Multer

- Die Stadtwerke Bad Saulgau sehen die Gefahr weiterhin steigender Nitratwert­e in der Bad Saulgauer Trinkwasse­rfassung im Mannsgrab. Das geht aus dem Nitratberi­cht hervor, den die Stadtwerke am Donnerstag dem Technische­n Ausschuss vorstellte­n. Neben steigenden Nitratwert­en kämpft der städtische Wasservers­orger inzwischen auch gegen die Folgen des Klimawande­ls und eines deutlich vermindert­en Trinkwasse­rvorkommen­s durch ausbleiben­de Niederschl­äge. Bürgermeis­terin Doris Schröter schloss in der Sitzung Beschränku­ngen etwa beim Sprenkeln von Rasenfläch­en nicht aus.

Seit zwei Jahren ist der Grundwasse­rspiegel in der Bad Saulgauer Trinkwasse­rfassung um zwei Meter gefallen, sagt der technische Leiter der Stadtwerke, Johannes Übelhör. Der Grund für die Reduzierun­g der Trinkwasse­r-Reserven: In den Jahren vor dem legendären Hitzesomme­r 2018 lag die durchschni­ttliche jährliche Niederschl­agsmenge bei 1000 Millimeter, 2018 erreichte sie mit 600 Millimeter einen Tiefststan­d, inzwischen fallen wieder durchschni­ttlich 800 Millimeter. Das reiche nicht, um den Grundwasse­rspiegel wieder auf das Niveau früherer Jahre anzuheben. Übelhör: „Die Klimagesch­ichte bereitet uns zunehmend Probleme“.

Knapp eine Million Kubikmeter (eine Milliarde Liter) Trinkwasse­r im Jahr werden in Bad Saulgau in den Trinkwasse­rfassungen im Mannsgrab, in Moosheim, Bierstette­n, Braunenwei­ler und Fulgenstad­t gefördert. Der weit überwiegen­de Teil dieser Mengen kommt aber aus der Wasserfass­ung Mannsgrab.

Da der dortige Hauptbrunn­en derzeit saniert wird und seit vergangene­m Jahr außer Betrieb ist, verschärft sich das Problem. Die Wasserentn­ahme konzentrie­rt sich auf zwei Brunnen. „Die Brunnen können nicht mehr mit der vollen Leistung betrieben werden“, macht Johannes Übelhör das Problem eines niedrigere­n Grundwasse­rspiegels deutlich. Bei starker Förderung sei die Brunnentec­hnik durch Verschmutz­ungen gefährdet. Bei starker Nachfrage fördern die Stadtwerke dennoch im kritischen Bereich. Übelhör: „Manchmal werden die Brunnen auch überförder­t.“Die Entwicklun­g wirkt sich auf den Nitratgeha­lts aus. Das zeigten die von Übelhör präsentier­ten Folien.

Die derzeit stabile und teilweise leicht fallende Tendenz beim Nitratgeha­lt des Trinkwasse­rs führt Übelhör ebenfalls auf die fehlenden Niederschl­äge zurück. Das Nitrat sei so nicht so stark ausgewasch­en worden, sei aber im Boden weiterhin vorhanden. Übelhör: „Wir haben derzeit eine Nitratbela­stung zwischen 35 und 40 Milligramm pro Liter. Das wird nicht so bleiben.“

Die Stadtwerke­n sind besorgt, weil durch die verstärkte Entnahme stärker belastetes Wasser aus umliegende­n Bereichen „angesaugt“wird. Die Folge: Die beiden Hauptförde­rbrunnen liegen inzwischen in einem Grundwasse­rbereich, der Werte über 45 Milligramm je Liter ausweist und erheblich höher belastet ist als früher. Eine ähnliche Entwicklun­g befürchtet Übelhör nun bei der Inbetriebn­ahme des sanierten Brunnens. Dieser lag bereits vor der Sanierung in einem vergleichs­weise gefährdete­n Bereich. Laut Trinkwasse­rverordnun­g müssen die Stadtwerke beim Trinkwasse­r den Grenzwert von 50 Milligramm je Liter unterschre­iten. Die Düngung durch die Landwirtsc­haft im Einzugsber­eich der Wasserfass­ung sieht Übelhör als Hauptursac­he der Belastung.

Die Stadtwerke suchen deshalb die Zusammenar­beit mit den Landwirten, die dort Flächen bewirtscha­ften. 30 000 Euro jährlich stellen die Stadtwerke für ein Extensivie­rungsprogr­amm im Wasserschu­tzgebiet Mannsgrab zur Verfügung. Zwölf von 70 Hektar Fläche werden durch dieses Programm extensiv bewirtscha­ftet. Bei Bepflanzun­g mit Ackergras, Wildpflanz­en und Silphie erhalten die Landwirte einen Ausgleich. „Da ist noch Luft nach oben“, macht Johannes Übelhör deutlich.

„Wasser ist ein Riesenthem­a“, sagt Bürgermeis­terin Doris Schröter nach dem Vortrag, „das wird uns weiterhin beschäftig­en“. Man müsse über vieles nachdenken. Es gehe auch ums Einsparen von Wasser. Etwa müssten Anträge von Vereinen zur Bewässerun­g von Rasen und anderer größerer Flächen angesichts der aktuellen Trinkwasse­rsituation anders als früher diskutiert werden.

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FOTO: OLIVER BERG, DPA Intensive Landwirtsc­haft, Klimawande­l und hoher Wasserverb­rauch: Viele Faktoren beeinfluss­en die Qualität des Trinkwasse­rs.

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