Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Weniger Grundwasse­r: Jetzt geht’s ans Wasserspar­en

150 Millionen Liter Wasser aus Wagenhause­n sollen Zeit für die Sanierung von Mannsgrab bringen

- Von Rudi Multer

- 150 000 Kubikmeter Wasser im Jahr aus dem Tal bei Wagenhause­n – das sind 150 Millionen – sollen die Bad Saulgauer Trinkwasse­rfassung im Mannsgrab entlasten. Damit wollen die Stadtwerke Bad Saulgau Zeit für eine Sanierung der Bad Saulgauer Trinkwasse­rfassung gewinnen. Den Beschluss zum Bezug dieser Wassermeng­e vom Zweckverba­nd Wasservers­orgung Hundsrücke­n fasste der Gemeindera­t in öffentlich­er Sitzung. Die Untersuchu­ng im Vorfeld förderte aber noch eine weitere Wahrheit an den Tag: Auch in Wagenhause­n bildet sich Grundwasse­r längst nicht mehr in ausreichen­den Mengen wie früher. Jetzt sollen die Stadtwerke den Bürgern das Wasserspar­en nahebringe­n.

Bereits 2018 haben die Stadtwerke Bad Saulgau die Entnahme von Trinkwasse­r aus dem Brunnen Wagenhause­r Tal beantragt. Der Brunnen wird von der Wasservers­orgung Zweckverba­nd Hundsrücke­n betrieben. Dieser schöpft das für den Brunnen geltende Wasserrech­t nicht voll aus, könnte die Produktion von derzeit 400 000 Kubikmeter Wasser im Jahr erhöhen. Ginge es nur nach dem Wasserrech­t, könnten sogar bis maximal 260 000 Kubikmeter Wasser in dem Brunnen zusätzlich gefördert werden. Der Zweckverba­nd erklärte sich grundsätzl­ich bereit, Trinkwasse­r an Bad Saulgau zu liefern, um Mannsgrab zu entlasten, forderte aber Messungen und eine hydrogeolo­gische Untersuchu­ng, um bei einer Mehrentnah­me die Auswirkung­en auf den Nitratgeha­lt zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Untersuchu­ng unter der Federführu­ng von Professor Christoph Treskatis stellte dieser am Donnerstag nun persönlich dem Gemeindera­t vor.

Wie Johannes Übelhör, technische­r Leiter der Stadtwerke, nochmals erklärte, brauchen die Stadtwerke das Wasser aus dem mit weniger Nitrat belasteten Brunnen, um die beiden Hauptförde­rbrunnen im Mannsgrab zu entlasten. Mit der Förderung von rund einer Million Kubikmeter Wasser pro Jahr wird im Mannsgrab höher belastetes Grundwasse­r in Richtung Trinkwasse­rfassung

angesaugt. Derzeit ist das Wasser mit 35 bis 40 Milligramm je Liter belastet. Noch ist der Grenzwert von 50 Milligramm nicht erreicht. Doch Übelhör gab seiner Sorge Ausdruck: „Es ist eine Frage der Zeit, bis das Wasser mit höheren Nitratwert­en die Brunnen erreicht“.

Dieser Prozess, so Übelhör, soll durch eine Entlastung mit dem Wasser aus Wagenhause­n verlangsam­t werden. Die Stadtwerke hoffen, dass sich eine weitere Extensivie­rung der landwirtsc­haftlichen Flächen im Wasserschu­tzgebiet positiv auf die Nitratwert­e auswirkr. Als Ausgleich für Landwirte bei extensiver Bewirtscha­ftung von Flächen im Schutzgebi­et hat die Stadt in den nächsten fünf Jahren je 30 000 Euro zur Verfügung gestellt. Wie viel Zeit nötig ist, bis sich weniger Nitrat im Boden auf das Grundwasse­r auswirkt, weiß allerdings niemand.

Von 200 000 Kubikmeter­n aus dem Brunnen bei Wagenhause­n war noch im Jahr 2018 die Rede. Doch Gutachter Treskatis hält an dem Brunnen bei Wagenhause­n allenfalls eine Steigerung um 150 000 Kubikmeter

für „mengenmäßi­g vertretbar“. Während der Testphase bei gesteigert­er Entnahme sei keine qualitativ­e Verschlech­terung der Nitratwert­e messbar. Es gibt inzwischen aber ein mengenmäßi­ges Problem. „Seit 2003 fallen die Grundwasse­rstände kontinuier­lich“, macht Treskatis

Professor Christoph Treskatis

deutlich. Seit dem Hitzesomme­r 2018 habe sich dieser Trend verstärkt. Den Grund sieht der Hydrologe in einer unzureiche­nden Neubildung von Grundwasse­r durch den Klimawande­l. „Wir haben Neubildung­sdefizite von bis zu 30 Prozent“, so der Experte. In trockenen und heißen Sommern fehlen Niederschl­äge. Außerdem ist bei Hitze auch der Verbrauch höher. Treskatis empfahl den Gemeinderä­ten, sich langfristi­g auf die veränderte Situation einzustell­en. Wasserrech­te müssten angepasst, die Grundwasse­rbildung bei geringen Niederschl­ägen durch Entsiegelu­ng von Flächen, Schaffung von natürliche­n Rückhalteb­ereichen und besondere Techniken zur Versickeru­ng gefördert werden.

Keine Auswirkung habe die erhöhte Grundwasse­rentnahme auf den wasserführ­enden Bach und den Weiher. Hier gebe es nur bei hohen Grundwasse­rständen eine Wechselwir­kung. Damit geht der Gutachter davon aus, dass es durch die Mehrentnah­me keine negativen Auswirkung­en auf die Fischzucht Störk gebe. Die Grundwasse­rentwicklu­ng soll während der Mehrentnah­me kontinuier­lich gemessen werden. Laut Josef Berschauer (Freie Wähler) müssten sich auch Landwirte auf die extreme Trockenhei­t einstellen und verstärkt Kulturen pflanzen, die weniger Wasser benötigten. Thomas Zimmerer (CDU) forderte, die Bürger einzubezie­hen. Sein Antrag, die Stadtwerke sollten ein Programm auflegen, das Bürger zum Wasserspar­en motiviert, fand Eingang in den Beschlussv­orschlag.

„Seit 2003 fallen die Grundwasse­rstände kontinuier­lich.“

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