Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Weniger Grundwasser: Jetzt geht’s ans Wassersparen
150 Millionen Liter Wasser aus Wagenhausen sollen Zeit für die Sanierung von Mannsgrab bringen
- 150 000 Kubikmeter Wasser im Jahr aus dem Tal bei Wagenhausen – das sind 150 Millionen – sollen die Bad Saulgauer Trinkwasserfassung im Mannsgrab entlasten. Damit wollen die Stadtwerke Bad Saulgau Zeit für eine Sanierung der Bad Saulgauer Trinkwasserfassung gewinnen. Den Beschluss zum Bezug dieser Wassermenge vom Zweckverband Wasserversorgung Hundsrücken fasste der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung. Die Untersuchung im Vorfeld förderte aber noch eine weitere Wahrheit an den Tag: Auch in Wagenhausen bildet sich Grundwasser längst nicht mehr in ausreichenden Mengen wie früher. Jetzt sollen die Stadtwerke den Bürgern das Wassersparen nahebringen.
Bereits 2018 haben die Stadtwerke Bad Saulgau die Entnahme von Trinkwasser aus dem Brunnen Wagenhauser Tal beantragt. Der Brunnen wird von der Wasserversorgung Zweckverband Hundsrücken betrieben. Dieser schöpft das für den Brunnen geltende Wasserrecht nicht voll aus, könnte die Produktion von derzeit 400 000 Kubikmeter Wasser im Jahr erhöhen. Ginge es nur nach dem Wasserrecht, könnten sogar bis maximal 260 000 Kubikmeter Wasser in dem Brunnen zusätzlich gefördert werden. Der Zweckverband erklärte sich grundsätzlich bereit, Trinkwasser an Bad Saulgau zu liefern, um Mannsgrab zu entlasten, forderte aber Messungen und eine hydrogeologische Untersuchung, um bei einer Mehrentnahme die Auswirkungen auf den Nitratgehalt zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung unter der Federführung von Professor Christoph Treskatis stellte dieser am Donnerstag nun persönlich dem Gemeinderat vor.
Wie Johannes Übelhör, technischer Leiter der Stadtwerke, nochmals erklärte, brauchen die Stadtwerke das Wasser aus dem mit weniger Nitrat belasteten Brunnen, um die beiden Hauptförderbrunnen im Mannsgrab zu entlasten. Mit der Förderung von rund einer Million Kubikmeter Wasser pro Jahr wird im Mannsgrab höher belastetes Grundwasser in Richtung Trinkwasserfassung
angesaugt. Derzeit ist das Wasser mit 35 bis 40 Milligramm je Liter belastet. Noch ist der Grenzwert von 50 Milligramm nicht erreicht. Doch Übelhör gab seiner Sorge Ausdruck: „Es ist eine Frage der Zeit, bis das Wasser mit höheren Nitratwerten die Brunnen erreicht“.
Dieser Prozess, so Übelhör, soll durch eine Entlastung mit dem Wasser aus Wagenhausen verlangsamt werden. Die Stadtwerke hoffen, dass sich eine weitere Extensivierung der landwirtschaftlichen Flächen im Wasserschutzgebiet positiv auf die Nitratwerte auswirkr. Als Ausgleich für Landwirte bei extensiver Bewirtschaftung von Flächen im Schutzgebiet hat die Stadt in den nächsten fünf Jahren je 30 000 Euro zur Verfügung gestellt. Wie viel Zeit nötig ist, bis sich weniger Nitrat im Boden auf das Grundwasser auswirkt, weiß allerdings niemand.
Von 200 000 Kubikmetern aus dem Brunnen bei Wagenhausen war noch im Jahr 2018 die Rede. Doch Gutachter Treskatis hält an dem Brunnen bei Wagenhausen allenfalls eine Steigerung um 150 000 Kubikmeter
für „mengenmäßig vertretbar“. Während der Testphase bei gesteigerter Entnahme sei keine qualitative Verschlechterung der Nitratwerte messbar. Es gibt inzwischen aber ein mengenmäßiges Problem. „Seit 2003 fallen die Grundwasserstände kontinuierlich“, macht Treskatis
Professor Christoph Treskatis
deutlich. Seit dem Hitzesommer 2018 habe sich dieser Trend verstärkt. Den Grund sieht der Hydrologe in einer unzureichenden Neubildung von Grundwasser durch den Klimawandel. „Wir haben Neubildungsdefizite von bis zu 30 Prozent“, so der Experte. In trockenen und heißen Sommern fehlen Niederschläge. Außerdem ist bei Hitze auch der Verbrauch höher. Treskatis empfahl den Gemeinderäten, sich langfristig auf die veränderte Situation einzustellen. Wasserrechte müssten angepasst, die Grundwasserbildung bei geringen Niederschlägen durch Entsiegelung von Flächen, Schaffung von natürlichen Rückhaltebereichen und besondere Techniken zur Versickerung gefördert werden.
Keine Auswirkung habe die erhöhte Grundwasserentnahme auf den wasserführenden Bach und den Weiher. Hier gebe es nur bei hohen Grundwasserständen eine Wechselwirkung. Damit geht der Gutachter davon aus, dass es durch die Mehrentnahme keine negativen Auswirkungen auf die Fischzucht Störk gebe. Die Grundwasserentwicklung soll während der Mehrentnahme kontinuierlich gemessen werden. Laut Josef Berschauer (Freie Wähler) müssten sich auch Landwirte auf die extreme Trockenheit einstellen und verstärkt Kulturen pflanzen, die weniger Wasser benötigten. Thomas Zimmerer (CDU) forderte, die Bürger einzubeziehen. Sein Antrag, die Stadtwerke sollten ein Programm auflegen, das Bürger zum Wassersparen motiviert, fand Eingang in den Beschlussvorschlag.
„Seit 2003 fallen die Grundwasserstände kontinuierlich.“