Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Widerstandskämpfer im Fokus
Eckhard Froeschlin stellt in Tafertsweiler Werke über das Leben Reinhold Franks aus
- 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Untergang der nationalsozialistischen Gewalt- und Unrechtsherrschaft haben sich der Landkreis Sigmaringen und das Kreiskulturforum 2020/21 für einen Kulturschwerpunkt zum Thema „Erinnern“entschieden. Unter dem Arbeitstitel „NS-Unrecht und Widerstand im Spiegel der Kunst“wurden fünf Kunstschaffende, die einen biografischen Bezug zum Kreis und der Region haben, eingeladen, sich künstlerisch mit dem Thema auseinanderzusetzen – einen Teil davon gibt es nun in Tafertsweiler zu sehen.
Einer der beteiligten Künstler ist Eckhard Froeschlin, der dem Lebensweg des nach dem Aufstand vom 20. Juli 1944 hingerichteten Widerstandskämpfers Reinhold Frank, von seinem Heimatort Bachhaupten bis zur Hinrichtungsstätte Plötzensee folgte. Der Gemeinde Ostrach und der Dorfgemeinschaft Tafertsweiler, allen voran des „Tafertsweiler Kulturpapstes“Franz Kerle, wie ihn Bürgermeister Christoph Schulz betitelte, war es gelungen, die Radierungen von Froeschlin für eine Ausstellung ins Dorfgemeinschaftshaus nach Tafertsweiler zu bringen. Am vergangenen Sonntagnachmittag konnte Franz Kerle zur Ausstellungseröffnung einen coronabedingt kleinen Kreis im Saal des DGH begrüßen. Darunter Alt-Landrat Wilfried Steuer mit Gattin, Kreisarchivdirektor Edwin Ernst Weber und Bürgermeister Christoph Schulz.
Schulz zeigte sich in seinem Grußwort dankbar, dass diese Ausstellung einen der großen Söhne der Gemeinde ehrt, der auch Namensgeber für das Reinhold-Frank-Schulzentrum und einer Straße ist. Steuer, der in Bachhaupten aufgewachsen ist, stellte in seiner Rede den Menschen Reinhold Frank in den Mittelpunkt. Er erinnerte an die persönlichen Begegnungen mit ihm, der ein Cousin seiner Mutter war. So auch an die letzte Begegnung in 1944, als Reinhold Frank auf dem Weg nach Berlin noch in Bachhaupten vorbeischaute und zuversichtlich war, dass „die Sache bald ein Ende hat“, was sich als Trugschluss herausstellte und ihn das Leben am Henkerhaken im Hinrichtungsschuppen von Plötzensee kostete. Er porträtierte Frank als aufrechten Christen und bekennenden Mann der Heimat und zeigte sich dankbar, dass auch nach 75 Jahren das Gedenken an ihn aufrecht erhalten wird. Ein Sterbebild von Reinhold Frank, das er im Gesangbuch seiner Mutter fand, übergab er der Dorfgemeinschaft.
Kreisarchivdirektor Weber erinnerte, wie schwer sich die Gesellschaft in den Nachkriegsjahren mit der Aufarbeitung der NS-Zeit tat. Deswegen sei er dankbar auch für solche Momente wie hier in Tafertsweiler, denn es sei höchst aktuell für die Gesellschaft, ihre Erinnerungskultur und die daraus abgeleiteten Maßstäbe für ein humanes Handeln in der Gesellschaft zu leben, denn Erinnerung sei nichts Statisches und Endgültiges, sondern eine laufende Auseinandersetzung mit der Geschichte.
Am Beispiel der großformatigen Radierung, die dem Besucher beim Betreten des Saales ins Auge sticht, machte Künstler Eckhard Froeschlin seine Herangehensweise an den Auftrag, sich künstlerisch mit dem Mann des Widerstandes auseinanderzusetzen, deutlich. Im „ikonischen“Portrait Franks vor dem Volksgerichtshof sieht Froeschlin eine „Predigerhaltung“, die er in seiner beeindruckenden und zum Nachdenken anregenden Druckgrafik um Buch und Kanzel der Kirche von Bachhaupten, seinem Heimatdorf, aber auch mit dem Henkerhaken aus dem Hinrichtungsschuppen von Plötzensee ergänzt.
Ortsvorsteher Wolfgang Pfeifer dankte dem Künstler und allen Verantwortlichen, allen voran Franz Kerle, die zum Zustandekommen dieser Ausstellung aber auch der im Obergeschoss ergänzenden Ausstellung von Erinnerungsstücken aus Bachhaupten und Tafertsweiler, beigetragen haben. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgte Irina Maier am Piano mit der Bach-Kantate „Sheep may safely graze“und dem Rachmaninow-Präludium in D-Dur.
Die Ausstellung ist an den Sonntagen, 1., 8., 15. und 22. November jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.