Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit Goethes Leibgerich­t auf neuen Wegen

Gastronome­nfamilie übernimmt den Hoßkircher Dorfladen und plant eine baldige Eröffnung

- Von Christina Maria Benz

- Der Dorfladen in Hoßkirch hat neue Pächter. Am Samstag, 7. November, will das Ehepaar Manuela und Peter Faust das aktuell geschlosse­ne Lebensmitt­elgeschäft am Rande von Hoßkirch neu eröffnen.

Seit vergangene­m Frühling stehen Menschen, die für den alltäglich­en Bedarf einkaufen möchten, am Hoßkircher Dorfladen vor verschloss­enen Türen. Auch das Brötchenho­len am Sonntagmor­gen ist nicht mehr möglich. Lediglich das öffentlich­e Bücherrega­l im Eingang belebt ab und an den Laden vor dem Hof, dort, wo bis vor kurzem noch Tische und Bänke bereitstan­den, um zu frühstücke­n oder bei Kaffee und Kuchen beieinande­rzusitzen.

„Etwas Ähnliches wollen auch wir anbieten, aber vor allem unsere Ideen zu etwas ganz Neuem verwirklic­hen“, so Manuela und Peter Faust. Vor sieben Jahren zogen die beiden Gastronome­n – sie als ehemalige Restaurant­leiterin, er als gelernter Koch und ehemaliger Küchenchef – aus Hessen mit Zwischenst­opp im Münsterlan­d nach Ostrach. Auch der 24-jährige Sohn Patrick ist hier ansässig und als Koch tätig. Oberschwab­en hatte es ihnen angetan. „Hier im Hoßkircher Dorfladen haben wir viele Möglichkei­ten, einzubring­en, was wir bisher gelernt haben“, so die beiden. Pläne hegen sie für den Innen- und den Außenberei­ch des Geschäfts. „Wenn es wieder möglich ist, werden wir Frühlingsf­este und Oktoberfes­te feiern“, freuen sie sich. Sonntags wird man von 8 bis 11 Uhr frühstücke­n und auch wieder Brötchen für den Wochenendb­runch holen können. Auch sonst ist vieles zum Mitnehmen gedacht, etwa Menüs vom Mittagstis­ch,

der täglich von 11.30 bis 14 Uhr angeboten werden soll.

Deutsche Hausmannsk­ost will die Gastronome­nfamilie auf die Teller bringen. Rouladen, Hackbraten, Knödel, Pulled Pork, Burger werden in moderner, dezenter Landhausat­mosphäre

genossen und stammen aus den Händen von Sohn Patrick und Peter Faust selbst, der ursprüngli­ch aus der Sterneküch­e kommt. Mittags soll Kaffee und Kuchen angeboten werden, auch selbstgeba­ckene von Manuela

Faust, und während der Winterzeit bietet Patrick Faust seine selbstkrei­erten Pralinen an. „Jeweils am Gründonner­stag gibt es etwas aus unserer Heimat: die Frankfurte­r Grüne Sauce“, sagt sie. „Goethes Leibgerich­t“, ergänzt Peter Faust.

„Mit unserem Nachnamen und dem Regionalge­richt unserer Heimat müssen dem Dichter doch diese Ehre erweisen“, sagt er scherzhaft. Für den täglichen Bedarf ist der Dorfladen, der jetzt „Fausti’s Dorfladen“heißt, wochentags von 6.30 bis 16.30 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Auch Bioprodukt­e sollen angeboten werden.

„In unserer Enothekeck­e sollen mittelfris­tig auch Weinabende mit den Weingütern stattfinde­n, sobald die Coronarege­ln diesbezügl­ich grünes Licht geben“, so Faust. „Etwas mit Wein und Käse schwebt uns da vor.“Ein besonderes Angebot ist der mobile Frühstücks­service, den Fausts anbieten. „Unternehme­n ordern uns, und wir beliefern sie von unserem Lieferwage­n aus mit ihrem Wunschfrüh­stück“, erzählt er. Corona kann man irgendwie umgehen, meint er. Angst sei in seiner Familie völlig fehl am Platz. Denn mit dem Bistro und Dorfladen erfüllte sich Faust einen Herzenswun­sch.

2018 erhielt er die Diagnose einer Sonderform Multipler Sklerose. „Das war zunächst ein Schicksals­schlag, der mich aus dem Leben direkt in die Depression katapultie­rt hatte“, erinnert er sich an die schlimmste Zeit. „Dann kam irgendwann seine Lebenskraf­t wieder“, erinnert sich seine Frau. Er habe nicht weiter den Kopf in den Sand stecken können, es habe Klick gemacht. Und dieses „Klick“sei das Geräusch des Türöffners des Hoßkircher Dorfladens gewesen. Schon immer habe er sich einen Imbiss gewünscht, seine Frau ein eigenes Restaurant. „Multipler Sklerose sei Dank“, sagt er mit schicksals­geprägtem Humor, „haben wir uns mit diesem Kompromiss eines Dorfladens einen Herzenswun­sch erfüllt.“

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FOTO: CHRISTINA MARIA BENZ Schmieden schon Pläne für die Zeit nach Corona: Peter, Manuela und Patrick Faust (von links) wollen im Hoßkircher Dorfladen neben Mittagstis­ch, Frühstück und kleinen Festen auch Weindegust­ationen anbieten.

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