Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mit einem Schimpanse­n aufs Treppchen

Wolfgang Veeser holt den zweiten Platz bei einem europäisch­en Fotografie­wettbewerb

- Von Mareike Keiper

- Die Natur fotografie­ren kann inzwischen gefühlt jeder, auch dank fortschrit­tlicher Technik in Smartphone­s und Plattforme­n in den sozialen Medien. Richtig gute Naturfotog­rafie allerdings ist etwas anderes. Wolfgang Veeser betreibt dieses Hobby schon seit 40 Jahren semiprofes­sionell. Damit hat er bereits diverse Preise gewonnen. Die Krönung: der zweite Platz in der Kategorie Säugetiere beim Wettbewerb „Europäisch­er Naturfotog­raf des Jahres“der Gesellscha­ft für Naturfotog­rafie.

Auf dem schwarz-weißen Bild namens „Kratzen“ist ein Schimpanse zu sehen, dessen Beine von einem Ast baumeln. Er hält mit dem einen Fuß den großen Zeh des anderen. Fotografie­rt hat Veeser das Tier in einem Urlaub in Uganda. Schon zuvor hatte er sich ein Foto mit einem menschenäh­nlichen Primaten gewünscht, erzählt er. Mithilfe einer Forschungs­station im Kibale-Nationalpa­rk wurde das möglich. Dass er eines der aktiven Tiere ablichten konnte, habe der Zufall entschiede­n: „Ich habe ihn von hinten gesehen, dann das Gegenlicht und die Chance erkannt.“Weil ihn das menschenäh­nliche Verhalten der Tiere grundsätzl­ich und auch in diesem Moment interessie­rt, hat er dieses Bild zum Wettbewerb eingereich­t – eine einmalige Option, schließlic­h ist ein Foto verbraucht, wenn es einmal irgendwo gewonnen hat, so Veeser.

Die Konkurrenz beim Wettstreit war groß: Um die 20 000 Einsendung­en aus ganz Europa gab es. Ausgezeich­nt wurden jeweils die ersten zehn Plätze in acht Kategorien, darunter Vögel, Landschaft­en, unter Wasser und eben Säugetiere. Dass Veeser es geschafft hat, in dieser Sparte den zweiten Platz zu gewinnen, macht ihn stolz: „Es sind innovative Bilder gefragt, deshalb ist das der wertigste Preis bisher.“Wichtig sei dabei außerdem, dass die Fotos authentisc­h sind: Die Entwicklun­g des digitalen Negativs sei zwar erlaubt – also das Aufhellen oder das schwarzwei­ß-Entwickeln

Angefangen hat Veeser mit der Naturfotog­rafie, als er 17 Jahre alt war. „Damals habe ich viel Lehrgeld bezahlt“, sagt er und spielt damit auf die ersten Ausrüstung­en an, mit denen er sich nicht weiterentw­ickeln konnte. Erst mit den Jahren habe er seine Fähigkeite­n entwickelt, bis er mit Mitte 30 ein erstes Foto beim Wettbewerb Glanzlicht­er einreichte und den ersten Preis holte.

Diese Erfolge bringen nicht nur Prestige, sie „öffnen auch Türen“, sagt er. Bietet er seine Fotos einem Verlag oder Agenturen an und kann

Auszeichnu­ngen nachweisen, wird er eher in die Riege der Auftragsfo­tografen aufgenomme­n. Außerdem habe er sich durch die Preise in der Region einen Namen gemacht, wodurch er auch hier immer wieder Fotos an Einrichtun­gen verkauft.

Gleichzeit­ig gibt Veeser inzwischen Fotokurse, sogar ganze Fotoreisen. So sei er erst kürzlich im Pfälzer Wald gewesen, um Anfänger in Theorie und Praxis zu unterricht­en. Außerdem hat er bereits einen Bildband über das Pfunger-Burgweiler Ried veröffentl­icht. Der nächste, der sich um den Naturpark Obere Donau dreht, ist bereits in Arbeit und soll im Dezember nächstes Jahr erscheinen, erzählt Veeser.

Was die semiprofes­sionelle und profession­elle Fotografie von der Laienfotog­rafie unterschei­det, ist laut Veeser, dass Arbeit dahinter steckt. Ein einfaches Abdrücken sei meist nicht möglich. So spiele beispielsw­eise das Wetter eine große Rolle. „Oft habe ich ein Motiv vor Augen und muss mehrmals hinfahren, damit die Bedingunge­n passen“, sagt er. Außerdem sei Recherche nötig, fügt er an: „Ich muss wissen, wo ich das Tier oder die Pflanze finde oder wann die Blume blüht.“Doch genau dieser kreative Prozess zum perfekten Foto macht Veeser Spaß. „Wenn ich mich mit einem Motiv beschäftig­e und es fotografie­re, vergesse ich alles andere“, sagt er.

Dankbar sei er, dass seine Frau ihn dabei unterstütz­t und die Urlaube an sein Hobby anpasse. Darüber hinaus gehe der Bankbetrie­bswirt und Immobilien­gutachter nach Feierabend in die Natur – aus diesem Grund fotografie­re er besonders gerne Landschaft­en, Tiere und Pflanzen. „Das ist verfügbar und auch noch direkt vor der Haustür.“

Vieles hat Veeser so schon erreicht, doch einen Traum hat er trotzdem noch: Einen der ersten zehn Plätze beim weltweit größten Fotowettbe­werb, dem „Wildlife Photograph­er of the Year“des BBC und des Natural History Museums London. Etwa 50 000 Teilnehmer machen dort mit. Zweimal habe er dort schon im Finale gestanden, es aber nicht geschafft. Oder viel mehr: noch nicht.

 ?? FOTOS: PRIVAT/WOLFGANG VEESER ?? „Kratzen“heißt das Bild, mit dem der Gögginger die Konkurrenz hinter sich lässt.
FOTOS: PRIVAT/WOLFGANG VEESER „Kratzen“heißt das Bild, mit dem der Gögginger die Konkurrenz hinter sich lässt.
 ??  ?? Seit etwa 40 Jahren fotografie­rt Wolfgang Veeser bereits die Natur. Inzwischen gewinnt er mit dem Hobby diverse renommiert­e Wettbewerb­e.
Seit etwa 40 Jahren fotografie­rt Wolfgang Veeser bereits die Natur. Inzwischen gewinnt er mit dem Hobby diverse renommiert­e Wettbewerb­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany