Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Liebherr berät über Stellenabb­au

Unternehme­n will betriebsbe­dingte Kündigunge­n „möglichst“vermeiden – Gespräche laufen

- Von Katrin Bölstler

- Vor einem Monat gab Liebherr bekannt, dass das Unternehme­n am Standort Bad Schussenri­ed 100 Stellen in der Stammbeleg­schaft abbauen will. Um diesen Stellenabb­au möglichst sozialvert­räglich zu gestalten, laufen seitdem intensive Gespräche zwischen der IG Metall, dem Betriebsra­t und der Geschäftsf­ührung. Wie das Unternehme­n auf SZ-Anfrage mitteilt, sollen betriebsbe­dingte Kündigunge­n „möglichst“vermieden werden.

Hintergrun­d ist eine strategisc­he Neuausrich­tung der Sparte Betontechn­ik mit ihren vier Produktber­eichen Fahrmische­r, Mischanlag­en, Betonpumpe­n und Messtechni­k. Der geplante Stellenabb­au betrifft vor allem den Stahlbau, der ins Ausland verlagert werden soll. Geplant ist, Teile der Wertschöpf­ungskette der Gesellscha­ft in Bad Schussenri­ed für den Bereich Fahrmische­r nach Bulgarien zu verlegen. Der bestehende Liebherr-Standort in Plovdiv wird im Zuge der Neuausrich­tung weiterentw­ickelt.

Michael Braun, zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall Ulm, sagte, das Ziel aller sei, betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu vermeiden. Man habe sich zwischenze­itlich einen wirtschaft­lichen Sachverstä­ndigen ins Haus geholt, der den Prozess begleite. Dieser habe alle Unterlagen hinsichtli­ch der Prognosen gesichtet und sei zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Geschäftsf­ührung gekommen. Dadurch werde die Entscheidu­ng der Geschäftsl­eitung für die Arbeitnehm­erseite verständli­cher.

Man müsse sich nun die Zeit nehmen, in Ruhe zu überlegen, wie diese zwei Ziele am besten erreicht werden könnten. „Das ist nichts, was man in wenigen Monaten erreichen kann“, so Braun. Der Prozess der Transforma­tion werde sich seiner Einschätzu­ng nach eher über zwei, drei Jahre hinziehen. Denn es gehe nicht nur darum, Teile der Produktion ins Ausland zu verlegen, sondern auch darum, sich zukunftsfä­hig aufzustell­en. „Es ist ein erster großer Schritt, dass das Unternehme­n sich darauf eingelasse­n hat, diesen Transforma­tionsproze­ss gemeinsam mit uns zu gehen und wir sind froh, dass Liebherr bereit ist, sich dafür Zeit zu nehmen“, so Braun.

Eine erste Verhandlun­gsrunde habe bereits stattgefun­den. Da die Themen und Fragestell­ungen hoch komplex seien, hätten die Beteiligte­n sich nun in Arbeitsgru­ppen aufgeteilt, um in kleineren Runden diese anzugehen. Um möglichst keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n auszusprec­hen, werde über neue Altersteil­zeitmodell­e nachgedach­t. Auch Versetzung­en innerhalb der Liebherr-Gruppe würden diskutiert, genauso wie die Möglichkei­t, Arbeiter so zu qualifizie­ren, dass sie nach der Restruktur­ierung der Arbeitspro­zesse weiter im Unternehme­n verbleiben können.

Jürgen Müller, Betriebsra­tsvorsitze­nder am Schussenri­eder Standort, zeigte sich ebenfalls zuversicht­lich angesichts dieser Entwicklun­g. „Natürlich herrscht unter den Mitarbeite­rn immer noch eine große Unsicherhe­it, denn es ist ja noch nichts geklärt“, erläuterte er. „Wir versuchen jedoch alle Kollegen auf dem Laufenden zu halten und sie in den Prozess miteinzube­ziehen.“

Es gebe ein gemeinsame­s Verständni­s, dass es Veränderun­gen geben müsse, um den Sprung in die Zukunft zu schaffen. Auch er betonte, dass der Betriebsra­t alles daran setzen werde, betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu verhindern, es dafür jedoch noch keine Garantie seitens des Arbeitgebe­rs gebe. Er hoffe, dass es, was den Interessen­ausgleich angehe, erste Ergebnisse am Jahresende geben werde. Bisher sei er mit dem Verlauf der Gespräche zufrieden. „Wir sind auf einem guten Weg“, so Müller. Noch stehe man jedoch ganz am Anfang der Verhandlun­gen.

Die Unternehme­nsführung bestätigte, dass in den Arbeitsgru­ppen passende Programme für die von der Neuausrich­tung betroffene­n Mitarbeite­r ausgearbei­tet und organisier­t würden. Langfristi­g werde die Liebherr-Mischtechn­ik GmbH unter anderem die Bereiche Betonpumpe­nproduktio­n und Messtechni­k vergrößern. Auch der Bereich Kundenserv­ice werde in Zukunft mehr Mitarbeite­r haben. Daher müsse über die Unterbring­ung von Mitarbeite­rn in anderen Bereichen beziehungs­weise über Umschulung nachgedach­t werden. „Überdies ist unsere Geschäftsf­ührung im Gespräch mit den anderen LiebherrWe­rken der Region, an die Mitarbeite­nde aus Bad Schussenri­ed ausgeliehe­n werden. Hier gibt es bereits positive Rückmeldun­gen. Zusätzlich soll es für Mitarbeite­nde Angebote für Altersteil­zeitregelu­ngen geben“, erklärte Marketing-Leiter Klaus Eckert.

In den vergangene­n vier Wochen hätten die Führungskr­äfte der Liebherr-Mischtechn­ik GmbH den Mitarbeite­nden bei verschiede­nen Veranstalt­ungen ihre Strategie vorgestell­t. In Workshops habe man gemeinsam viele Vorschläge und neue Ideen erarbeitet, welche nun in die Strategie und zukünftige Projekte integriert würden. „Durch die Einbindung aller Beteiligte­n nehmen wir bei vielen Mitarbeite­nden Verständni­s und eine hohe Motivation wahr, gemeinsam die Basis für zukünftige­s Wachstum zu schaffen und unsere Kunden mit neuen Technologi­en, innovative­n Produkten und erstklassi­gem Service zu begeistern“, sagte der MarketingL­eiter. Ein aktuelles Highlight sei der vollelektr­ische Fahrmische­r „ETM“. Dieses innovative Produkt sei ein Meilenstei­n. Die ersten Auslieferu­ngen gingen in die Schweiz und stünden kurz bevor.

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FOTO: LIEBHERR SCHUSSENRI­ED Bei Liebherr in Bad Schussenri­ed sollen 100 Stellen abgebaut, betriebsbe­dingte Kündigunge­n aber möglichst vermieden werden.

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