Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bürgermeisterin gibt Gedanken mit auf den Weg zum Friedhof
Volkstrauertag am 15. November ohne Öffentlichkeit – Erinnerung an Millionen Kriegsopfer
(sz) - Die CoronaPandemie zwingt die Kommunen auch am Volkstrauertag, 15. November, zu drastischen Maßnahmen. Aufgrund der Abstandsregeln, der Personenbeschränkung der Kontaktvermeidung wurden die Gedenkveranstaltungen auf den Friedhöfen in der Kernstadt als auch in den Teilorten abgesagt. Trotzdem werden vor dem Volkstrauertag jeweils kleine Abordnungen ihre Kränze niederlegen – allerdings ohne Öffentlichkeit.
Bad Saulgaus Bürgermeisterin Doris Schröter würde sich dennoch freuen, wenn die Bürger den Friedhofsbesuch individuell für ein Gedenken nutzen. Für dieses Gedenken will sie den Bürgern einige Gedanken mitgeben. „Wir begehen den Volkstrauertag“, so Schröter, „um an die Menschen, die im Krieg und durch Gewaltherrschaft starben, zu erinnern“. „Für die unter uns, die selbst noch Angehörige im Krieg verloren haben, ist dieser Tag besonders wichtig und besonders traurig. Sie denken an einen oder mehrere Menschen, die ihnen fehlen. Sie trauern, weil Krieg und Diktatur ihnen einen nahestehenden Menschen und damit einen Teil ihres Lebens nahmen. Die Angehörigen können es sich nicht aussuchen, ob sie trauern wollen, sondern sie sind einfach traurig und vermissen ihre ihnen lieben Menschen“, ergänzt Schröter.
Für die Jüngeren würde der Volkstrauertag immer ferner rücken. „Denn die Jüngeren haben die Menschen, die durch Krieg und Gewaltherrschaft gestorben sind, nicht mehr gekannt. Um wen sollen wir heute trauern? Und warum? Und was bedeutet denn eigentlich „Volkstrauertag? Ist die Trauer an diesem Tag etwa darauf beschränkt, um die Angehörigen eines Volkes, also in Deutschland um die Deutschen, zu trauern?“
Nein, so gibt Schröter selbst die Antwort auf ihre Frage, das könne nicht mehr der Sinn sein, wenn von Volk gesprochen werde. Es sei kein Tag der Staatstrauer, sondern ein Tag der gemeinsamen Trauer der Menschen. „Und für diese Trauer bedarf es keiner direkten Verwandtschaft mit denen, die gestorben sind. Dieser Tag erinnert uns vor allem an das Leid und an den Tod der Menschen vor über 70 Jahren.“
Die Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs, der NS-Diktatur und die Zeit nach Kriegsende sei so grausam und dadurch so prägend für unser Land gewesen. 55 Millionen Menschen starben durch den Zweiten Weltkrieg. Zudem sind weit mehr als 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Hunger – so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Sie flüchten vor Willkürherrschaft und Mördern. „Wir trauern also am Volkstrauertag nicht mehr nur um die Opfer
der Vergangenheit, sondern auch aktueller Kriegshandlungen auf unserer Welt. Die Kriege werden immer brutaler, die Welt wird immer weniger berechenbar“, ergänzt Bad Saulgaus Bürgermeisterin vor dem Volkstrauertag.