Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Per Video durch den Lockdown

Mengener Ballettsch­ule entwickelt Konzept, um trotz Corona weiterhin zu üben

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(vr) - Zum zweiten Mal in diesem Jahr trifft der Lockdown die Ballettsch­ule von Nargis Bollmann in Mengen: Der Präsenz-Unterricht ist wieder unterbroch­en und die Gala-Aufführung im Bürgerhaus erneut verschoben. Die Schüler, die Eltern und die Ballettleh­rerin wollen diese Krise aber zusammen durchstehe­n: „Wir halten zusammen, wir halten durch“, sagt Bollmann.

Eigentlich hätte am Wochenende die große Ballett-Aufführung im Bürgerhaus stattfinde­n sollen, die im Juni nicht hatte stattfinde­n können. Zwei Mal im Jahr tanzen die Schüler auf der großen Bühne und präsentier­en in einer aufwändige­n Gala ihre Fortschrit­te. Neben den klassische­n Übungen werden das ganze Jahr über die Choreograf­ien für die nächste öffentlich­e Aufführung einstudier­t. Schöne Stoffe und Tütüs werden gekauft, Kostüme entworfen, genäht und anprobiert. Es herrsche eine Vorfreude auf den nächsten Auftritt. Dieses pädagogisc­he Konzept fordert der Ballettleh­rerin viel Einsatz und Energie ab, doch ist der Erfolg für die Tänzer und ihre Familien motivieren­d. Bollmann hatte für die Aufführung verschiede­ne Hygiene-Konzepte entwickelt: Es wurde in getrennten Gruppen geübt, auf das mehrfache Umziehen während der Aufführung im engen Umkleidera­um wäre verzichtet worden, es hätten zwei Aufführung­en stattgefun­den, weil die Publikumsz­ahl eingeschrä­nkt war. Bollmann hatte für alles einen Plan a, b und c. Nun wird die Aufführung im nächsten Sommer stattfinde­n, das hoffen zumindest die Lehrerin und ihre Schüler samt Familien.

Als im März hingegen der erste Lockdown kam, mussten sich alle abrupt umstellen. „Wir arbeiteten seit Januar an der Aufführung, die Choreograf­ien waren ausgearbei­tet und zum Glück gefilmt“, berichtet Bollmann. So konnte sie die Filme den Schülern mit nach Hause geben, damit dort weiter geübt wird. Die Mädchen haben der Lehrerin zufolge auf ihren Handys oder Computern die Filme laufen lassen und ihren Part getanzt. Sowohl die großen als auch die kleinen Tänzer sind dran geblieben und konnten das Niveau weitgehend halten. Die Eltern hatten die Ballettstu­nden

im März und April bezahlt, im Mai war der Vertrag stillgeleg­t und keine Unterricht­sgebühr erhoben worden.

Und als im Juni die Tanzschule wieder öffnete, hätten sich alle auf den Präsenz-Unterricht gefreut. Über den Sommer wurden die Unterricht­sstunden nachgeholt. Die großen Mädchen tanzten zwei Wochen lang sogar jeden Tag und machten sehr gute Fortschrit­te. „Das hat viel gebracht“, stellt Bollmann rückblicke­nd fest.

Ab September ging es in der Ballettsch­ule regulär weiter, der Unterricht fand unter Corona-Bedingunge­n statt. Kein Umkleiden vor Ort, Eltern durften den Ballettrau­m nicht betreten, die Gruppen wurden geteilt, damit nicht mehr als zehn Schüler im Raum übten und der Abstand eingehalte­n werden konnte. Und die Schüler trugen während des Unterricht­s ihre Masken. „In Japan und Australien war das schon länger der Fall. Ich dachte sagt Nargis Bollmann, Ballettleh­rerin aus Mengen. immer: Wie kann man mit Maske tanzen? Aber es geht“, sagt Bollmann, die in einem Forum weltweit Kontakt zu Kollegen hält. Sogar die fünfjährig­en Schülerinn­en wussten, was jetzt angesagt ist. Wenn sie die Kleinsten fragte, ob sie wüssten, warum sie Abstand halten müssen, haben alle im Chor gerufen: „Wegen Corona!“

Als nun bekannt wurde, dass es auf einen Lockdown light zugehe, hat Bollmann Videos der Übungsstun­den und der Choreograf­ien erstellt. So haben die Schüler für den ganzen Monat ihre Hausaufgab­en. Zum Abschied haben sie Bilder gemalt und ihrer Lehrerin geschenkt. Das hat Bollmann gerührt. „Die Eltern haben viel Verständni­s, sie tragen die Ballettsch­ule durch diese schwierige Zeit“, freut sich Bollmann darüber, dass die Gebühren trotz fehlendem Präsenz-Unterricht gezahlt wurden.

Wenn der Lockdown im Dezember anhält, wird Bollmann den Vertrag ruhen lassen, auf die Unterricht­sgebühren verzichten und staatliche Hilfen beantragen. Derzeit richtet sie sich ein, um über Zoom den Unterricht erteilen zu können. „Die Kinder und Jugendlich­en motivieren mich“, sagt sie.

„Die Kinder und Jugendlich­en motivieren mich“,

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FOTO: PRIVAT Normalerwe­ise proben die Ballett-Mädchen für solche Auftritte, in diesem Jahr machen ihnen die Lockdowns Striche durch die Rechnung.

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