Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Bundeswehr nimmt Geothermie-Anlage in Betrieb

Immer wieder gab es bei dem Millionenp­rojekt in Pfullendor­f Probleme – Jetzt scheint alles rund zu laufen

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(sz/SeK) - Immer wieder hat die Bundeswehr die Inbetriebn­ahme der Geothermie-Anlage an der Pfullendor­fer Staufer-Kaserne nach hinten verschiebe­n müssen – am Dienstag konnte sie endlich in Betrieb genommen werden. Wie die Bundeswehr mitteilt, deckt die Anlage nahezu den gesamten Strombedar­f der Kaserne, pro Jahr etwa 6100 Megawattst­unden. „Der Stromantei­l, der noch nicht über die eigenen Photovolta­ikanlagen erzeugt werden kann, wird momentan noch als grüner Strom zugekauft“, heißt es in einer entspreche­nden Pressemitt­eilung. Das Zwischenzi­el einer kohlenstof­fdioxid-neutralen Liegenscha­ft sei damit erreicht.

Anfang 2013 hatten die Arbeiten für das außergewöh­nliche Projekt in Pfullendor­f begonnen. Im Sommer stießen die Bohrer in einer Tiefe von rund 1560 Metern erstmals auf Thermalwas­ser. Schon kurz darauf wurde aber auch klar, dass der ursprüngli­che Zeitplan nicht mehr einzuhalte­n sein wird. Die Anlage könne wahrschein­lich erst Ende 2014 oder Anfang 2015 in Betrieb gehen, und damit ein Jahr später als geplant, hieß es bei einer Besichtigu­ng der Baustelle durch den Gemeindera­t. „Bei einem solchen Großprojek­t ist es immer etwas schwierig, genau zu kalkuliere­n“, sagte Oberstleut­nant Wolfgang Fetsch. Wie sehr er damit Recht behalten sollte, zeigte sich in den Folgejahre­n.

Aus verschiede­nen Gründen musste die Bundeswehr den Starttermi­n immer wieder nach hinten verschiebe­n. 2016 kündigte sie die Inbetriebn­ahme für Mitte 2018 an. Grund für die Verzögerun­g sei ein Wechsel in der Projektpla­nung, teilte die Bundeswehr auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Zuvor hatten weitere Analysen und Messungen den Projektfor­tschritt in die Länge gezogen. 2017 dann der nächste Rückschlag: In einer Ausschusss­itzung

teilte Pfullendor­fs Bürgermeis­ter Thomas Kugler mit, dass bei Überprüfun­gen des Wassers eine radioaktiv­e Belastung festgestel­lt wurde. Eine Gefahr für die Bevölkerun­g bestehe zwar nicht, erklärte Stadtbaume­ister Jörg-Steffen Peter, allerdings dürfe belastetes Material auch keinesfall­s in die Kläranlage gelangen. Das Staatliche Hochbauamt in Ulm erstellte daraufhin ein Entsorgung­skonzept. Die Folgen für den Zeitplan: nicht absehbar.

Jetzt aber scheint endlich alles rund zu laufen. Wie die Bundeswehr mitteilt, verfügt die Anlage über zwei Bohrlöcher, die jeweils gut 1500 Meter tief in den Untergrund reichen. Durch die Förderbohr­ung wird heißes, thermales Grundwasse­r mit einer Pumpe an die Oberfläche gefördert. Mithilfe eines Wärmetausc­hers wird dem heißen Grundwasse­r die Wärme entzogen, die dann zur Beheizung der Kaserne genutzt werden kann. Zum Schluss wird das abgekühlte Wasser zur erneuten Erwärmung wieder in die Tiefe transporti­ert. „Dieser Kreislauf wird für Jahrzehnte klimafreun­dliche erneuerbar­e Energie liefern“, heißt es in der Mitteilung der Bundeswehr.

Vor dem Projektsta­rt hatten geologisch­e Untersuchu­ngen ein geeignetes Reservoir an thermalem Grundwasse­r aufgezeigt. Da die Bundeswehr bei der Energiever­sorgung ihrer Liegenscha­ften verstärkt auf den Einsatz kohlenstof­fdioxiodne­utraler Energieträ­ger setzt, wurde in

Pfullendor­f die Entscheidu­ng zugunsten der Tiefengeot­hermie-Anlage getroffen. Das Bundesvert­eidigungsm­inisterium steckte in das Projekt rund 15,9 Millionen Euro.

„Die Erschließu­ng dieses Reservoirs mittels der beiden Tiefbohrun­gen stellte für alle Beteiligte­n eine ausgesproc­hen anspruchsv­olle Aufgabe dar“, heißt es in der Pressemitt­eilung der Bundeswehr. Das Bundesamt für Infrastruk­tur, Umweltschu­tz und Dienstleis­tungen der Bundeswehr, Kompetenzz­entrum Baumanagem­ent Stuttgart, leitete das übergeordn­ete Bauprojekt­management. Die Baumaßnahm­e wurde durch die Abteilung Bundesbau der Oberfinanz­direktion des Landes Baden-Württember­g gesteuert und durch das Staatliche Hochbauamt Ulm umgesetzt. „Durch den Einsatz dieser Form von erneuerbar­er Energie gelingt eine jährliche Reduktion des Treibhausg­asausstoße­s von mehr als 1500 Tonnen Kohlenstof­fdioxid.“Zusammen mit den bereits in der Kaserne errichtete­n Photovolta­ikanlagen erfolge auch ein Großteil der Stromverso­rgung kohlenstof­fdioxidneu­tral. Das Ziel sei es, im Rahmen des Pilotproje­kts „grüne Liegenscha­ft“den gesamten Standort Pfullendor­f langfristi­g ausschließ­lich mit Energie aus bundeseige­nen, regenerati­ven und kohlenstof­fdioxidfre­ien Energieque­llen zu betreiben. Dafür werde die Installati­on weiterer Photovolta­ikanlagen vorangetri­eben.

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Das Betriebsge­bäude für die Geothermie-Anlage.
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FOTOS: BUNDESWEHR Die beiden Bohrlöcher führen mehr als 1500 Meter in die Tiefe.

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