Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Eine Schule bricht ins digitale Zeitalter auf

Wilhelmsdo­rfer Gemeindera­t fördert mit Geld aus Digitalpak­t Stellung der Schulen im Ort

- Von Herbert Guth

- Die Gemeinde Wilhelmsdo­rf ist für ihre vielfältig­en Angebote im Schulsekto­r landesweit bekannt. Um diesen wichtigen Standortvo­rteil weiter zu stärken, beschloss jetzt der Gemeindera­t, die technische­n Voraussetz­ungen für die, auch vor dem Hintergrun­d der Corona-Pandemie, immer wichtiger werdende Digitalisi­erung im Lehrund Lernbereic­h zu verbessern.

Bis 2024 werden in Wilhelmsdo­rf über 600 000 Euro eingesetzt, um das Lernen mit technisch modernsten Endgeräten für die Schüler mit höherer Geschwindi­gkeit bei der Datenübert­ragung zu ermögliche­n. Von dieser Digitalisi­erungsoffe­nsive profitiere­n das Gymnasium, die Otto-Lilienthal-Realschule und die Grundschul­e Wilhelmsdo­rf. Über 480 000 Euro kommen dabei aus dem Digitalpak­t Schulen von Bund und Land. Mehr als 120 000 Euro muss die Gemeinde an Eigenmitte­ln beisteuern.

Bei einem Besuch der „Schwäbisch­en Zeitung“an einem Unterricht­stag im Gymnasium zeigt sich, dass die technische Ausstattun­g zwar eine zentrale Rolle im Unterricht an dieser Schule spielt, doch nicht allein im Vordergrun­d steht. An erster Stelle soll die Pädagogik stehen, dann erst kommt die Technik.

Hinter diesem Grundsatz stehen Schulleite­r Johannes Baumann, sein Stellvertr­eter Swen Hekers, Michael Dörmann, Mitglied des Schulleitu­ngsteams und zuständig für den Internetau­ftritt der Schule und damit Teil der externen Kommunikat­ion, sowie Sarah Foh, verantwort­lich für die Öffentlich­keitsarbei­t am Gymnasium Wilhelmsdo­rf.

Rektor Johannes Baumann, Urgestein als Leiter des Gymnasiums, der im kommenden Jahr in den Ruhestand tritt, verdeutlic­ht im Gespräch, wie fortschrit­tlich das Gymnasium Wilhelmsdo­rf sowohl bei der Verfolgung der Ziele des in einer Arbeitsgru­ppe des Gymnasiums erarbeitet­en Schulprogr­amms als auch bei der Verknüpfun­g dieser pädagogisc­hen Arbeit mit moderner Technik ist. Bereits 2004 wurden in Wilhelmsdo­rf Leitprinzi­pien erarbeitet, die laut jüngster Untersuchu­ngen hochaktuel­l sind. „Wir waren damals unserer Zeit weit voraus“, verweist Baumann auf Expertisen von Fachleuten.

Diesen damals formuliert­en Zielen in den Bereichen Motivation, eigenständ­iges Arbeiten, Nachhaltig­keit, Lernen um der Sache willen und der persönlich­en Entfaltung­smöglichke­iten der Schüler kann das Gymnasium mithilfe der Digitalisi­erung immer näher kommen. Und auch hier scheint die Schule eine Vorreiterr­olle einzunehme­n. Während andere vergleichb­are Schulen im Lande sich erst seit Kurzem mit den Möglichkei­ten modernster Unterricht­sformen versuchen, hat eine engagierte Runde von Lehrkräfte­n rund um Swen Hekers schon seit Jahren fruchtbare Vorarbeit geleistet.

„Wir sind eigentlich gut ausgestatt­et, sowohl von unseren formuliert­en Lernzielen als auch von der eingesetzt­en Technik her. Aktuell werden im täglichen Einsatz rund 300 Endgeräte von PCs, Laptops, iPads bis hin zu Apple TVs zur drahtlosen Bildübertr­agung genutzt. Dazu kommen etwa 50 Einwahlpun­kte für mobile Endgeräte zum unterricht­lichen Betrieb, die teilweise die Schüler aus eigenem Besitz mit in den Unterricht bringen. „Wir sind gut ausgestatt­et, nur nicht bei der Infrastruk­tur“, klagt Hekers.

Doch dies soll sich in Zukunft deutlich verbessern. Hekers beschreibt die Lage wie folgt: „Die von uns jetzt angestrebt­e Verkabelun­g ist das Fundament unserer Arbeit. Unser bereits bestehende­s Haus darüber ist schon jetzt viel moderner.“Durch den Beschluss des Gemeindera­ts, zur Verbesseru­ng der Lage viel Geld in die Hand zu nehmen, wird die Schnelligk­eit beim Aufbau von Verbindung­en massiv erhöht. Bisher müssen manchmal zehn bis 15 Minuten Zeit eingerechn­et werden, bis eine Verbindung im Internet in die Klassenräu­me aufgebaut wird. „Durch diese extrem langen Ladezeiten gestaltet sich zum Beispiel ein spontan anlassbezo­gener Unterricht­seinsatz von Personalco­mputern sehr schwierig“, so Hekers.

Mit der beschlosse­nen Erneuerung des Netzwerks werden die Möglichkei­ten im Unterricht massiv verbessert. Fast 330 000 Euro fließen in die verbessert­e Infrastruk­tur des Gymnasiums. Dazu kommen die Überprüfun­g und Verbesseru­ngen der Netzwerke an der Realschule und der Grundschul­e.

Wie engagiert trotz mancher Engpässe die Digitalisi­erung an dieser Wilhelmsdo­rfer Schule Einzug gehalten hat, zeigt sich beim Unterricht­sbesuch in einigen Klassen. Wo früher Wandtafeln vorherrsch­ten, läuft heute vieles über grafische Darstellun­gen an Bildschirm­en.

Der Einsatz digitaler Medien ist für Eva Albrecht in der Klasse 6b beim Rechtschre­ibtraining eine große Hilfe. Die Schüler arbeiten über das iPad und können damit nicht nur ihre eigenen Kenntnisse überprüfen, sondern auch von den dargestell­ten Aufgaben von Mitschüler­n profitiere­n. „Unsere Schüler haben keine Hemmschwel­le, mit den Geräten zu arbeiten und sich mit der modernen Technik zu beschäftig­en. Ihnen macht es vielmehr großen Spaß, damit zu arbeiten. Dadurch erhöht sich die Motivation“, berichtet Sarah Foh.

Spannend ist es, wenn im Englischun­terricht Johannes Wiedmann in der Jahrgangss­tufe 12 als Aufgabe eine Kurzgeschi­chte vorlegt. Bezugnehme­nd auf deren Inhalte gestaltete­n dann die Schüler in kleinen Arbeitsgru­ppen einen Videobeitr­ag. Erstaunlic­h, wie viele verschiede­ne Interpreta­tionen derselbe Text als Ergebnis bringen kann.

Neben der hausintern­en Verkabelun­g aller Räume im bestehende­n Gebäude und im kurz vor der Verwirklic­hung stehenden Neubau gibt es in den Planungen einen weiteren elementare­n Schritt. Im neuen Jahr ist vorgesehen, den Server von Wilhelmsdo­rf zum Dienstleis­ter Teledata nach Friedrichs­hafen zu verlagern. Durch die bestehende Glasfasera­nbindung zwischen dem Bodensee und Wilhelmsdo­rf sind je nach finanziell­er Ausstattun­g deutlich höhere Verbindung­sgeschwind­igkeiten möglich als heute.

„Damit wird unser Standort abgesicher­t und die weitere Entwicklun­g auf diesem Gebiet ermöglicht“, so die Schulführu­ng.

 ?? FOTO: HERBERT GUTH ?? Paula Oschmann (links) und Luisa Muffler präsentier­en ihr Video zu einer Kurzgeschi­chte im Englischun­terricht. Der Film wurde in einer kleinen Arbeitsgru­ppe in nur zwei Doppelstun­den gefertigt. Den Schnitt der Sequenzen besorgte Paula Oschmann zu Hause.
FOTO: HERBERT GUTH Paula Oschmann (links) und Luisa Muffler präsentier­en ihr Video zu einer Kurzgeschi­chte im Englischun­terricht. Der Film wurde in einer kleinen Arbeitsgru­ppe in nur zwei Doppelstun­den gefertigt. Den Schnitt der Sequenzen besorgte Paula Oschmann zu Hause.

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