Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Backen ist eine Kunst“

Susanna Rupp aus Hundersing­en will beste Jungbäcker­in Deutschlan­ds werden – Lehrzeit in Altheim

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(sz) – Sie ist in diesem Jahr landesweit der beste Bäcker-Lehrling in Baden-Württember­g: Susanna Rupp aus Hundersing­en. Ihr Ausbilder Oliver Unger, Chef der gleichnami­gen Bäckerei in Altheim, sagt über die 22-jährige Bäckergese­llin: „Sie legt Wert auf Genauigkei­t. Und sie weiß, was sie will. Wir sind sehr stolz auf sie.“Im kommenden Mai wird Susanna Rupp am Bundesents­cheid der derzeit besten deutschen Jungbäcker teilnehmen, die in diesem Jahr ihren Lehrbrief als Bäckergese­llen erhalten haben. SZRedakteu­r Kai Schlichter­mann hat mit Susanna Rupp über ihre Zukunftspl­äne, das Besonderer ihrer Ausbildung in Altheim und Lieblings-Backwaren gesprochen.

Frau Rupp, Sie sind nicht nur gelernte Bäckerin, sondern auch ausgebilde­te Konditorin. Warum haben Sie nach Ihrer Konditorle­hre in Neu-Ulm ausgerechn­et bei der Bäckerei Unger in Altheim angeheuert?

In meiner Freizeit bin ich eine leidenscha­ftliche Reiterin und wollte unbedingt auf den Hof meiner Tante in Hundersing­en ziehen, denn sie hat dort Pferde. Nach meiner Ausbildung zur Konditorin in Neu-Ulm siedelte ich tatsächlic­h nach Hundersing­en um und suchte mir eine entspreche­nde Stelle. Bei meinen Recherchen nach einem passenden Job stieß ich auf die Bäckerei Unger, die tatsächlic­h eine Konditorin suchte. Leider war die Stelle bereits vergeben, aber Oliver Unger bot mir an, als freie Mitarbeite­rin in der Backstube auszuhelfe­n. Auf das Angebot ging ich ein und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mein Interesse am Bäckerhand­werk wuchs und wenig später bot mir Herr Unger eine Stelle als Auszubilde­nde an.

Sie haben ja dann unter Beweis gestellt, dass Sie exzellente Leistungen hervorbrin­gen. Welche besonderen Fertigkeit­en kann denn eine angehende Bäckerin in dem Altheimer Betrieb von Oliver Unger lernen?

Oliver Ungers Arbeit mit dem Holzofen ist etwas ganz Besonderes, denn nicht jeder Bäcker arbeitet mit dieser Methode. Diese ursprüngli­che Herstellun­gsart spiegelt eine besondere Back-Philosophi­e wider. Man muss ein gutes Gespür und Timing haben, wenn die Dinkelbrot­teiglinge in den zuvor mit Fichtenhol­z-Glut erhitzten Ofen gelegt werden. Der Steinboden des erhitzten Backraums darf nicht zu heiß sein, das backende Brot muss sein Aroma entfalten, die Kruste muss sich ausprägen. Das ist eine Kunst! Neben den handwerkli­chen Aspekten schätzte ich das familiäre Arbeitskli­ma sehr.

Inzwischen haben Sie einen Vorbereitu­ngskurs für die Konditorpr­üfung an der Johannes-Gutenberg Berufsschu­le in Heidelberg belegt und wollen im kommenden Jahr die entspreche­nde Prüfung absolviere­n. Zugleich werden Sie am Bundeswett­bewerb der besten deutschen Bäckerlehr­linge im Mai 2021 teilnehmen. Was bedeutet Ihnen das?

Die Meistersch­ule hat für mich oberste Priorität. Aber beim Bundeswett­bewerb in Weinheim nehme ich teil, um sicherlich nicht Zweite zu werden. Dieser Wettbewerb wird an der Fachakadem­ie des deutschen Bäckerhand­werks stattfinde­n. Das ist eine führende Fachschule in einem alten und luxuriös ausgebaute­n

Waldschlos­s, in dem internatio­nales Publikum verkehrt. Dort war ich schon mal für eine Fortbildun­g untergebra­cht. Allerdings kenne ich noch nicht genau die Begebenhei­ten des Wettbewerb­s. Deshalb kann ich mich nur im Rahmen der Meistersch­ul-Lehrgangs vorbereite­n. Dort trainiere ich mitunter nach meinen Kursen bis in den späten Abend. Vermutlich werde ich beim Wettbewerb ein Brot, Plunder, Klein- und Schaugebäc­k sowie eine Torte herstellen müssen – innerhalb von fünf Stunden.

Welche Visionen haben Sie für Ihre Karriere in den kommenden Jahren? Kehren Sie vielleicht nach Altheim zurück?

Noch weiß ich nicht, wie es bei mir beruflich weitergehe­n wird. Ich will mir einige Dinge offenhalte­n. Grundsätzl­ich könnte ich mir vorstellen, eine Meisterste­lle in einer Bäckerei anzutreten, in der ich leitend tätig bin. Denkbar wäre auch, eine Position im schulische­n Unterricht.

Die Arbeit im Vertrieb von Backmaschi­nen fände ich ebenfalls interessan­t. In jedem Fall empfinde ich den Beruf des Bäckers als facettenre­ich. Da Hundersing­en so etwas wie meine Heimat geworden ist, halte ich es für denkbar, dass ich mich dort irgendwann wieder niederlass­e.

Ihre bisherige Karriere sieht perfekt aus, Sie scheinen Ihr Handwerk zu beherrsche­n. Welche Kunstgriff­e oder Arbeitsgän­ge fallen Ihnen schwer?

Eigentlich bin ich ein Langschläf­er. Trotzdem ist es kein Problem für mich, früh aufzustehe­n. Allerdings ist das Bild vom Bäcker, der in der Nacht aufsteht, um seiner Arbeit nachzugehe­n, zunehmend ein Stereotyp. Na klar, wir mussten in Altheim auch um drei Uhr morgens in der Bäckerei anfangen. Aber in Zeiten der Hochtechno­logie und Digitalisi­erung gibt es inzwischen zahlreiche Bäckereien, die in Tagschicht­en arbeiten. Wenn ich in der Meistersch­ule neue Rezepturen ausprobier­e oder experiment­iere, geht schon mal das eine oder andere schief. Anfällig für Fehler wird man immer dann, wenn man Routinearb­eiten unaufmerks­am nachgeht.

Wo schmecken Ihrer Meinung die Backwaren jenseits deutscher Grenzen am besten?

Vorreiter im Bereich Konditorei und Bäckerei sind die Franzosen. Ich habe schon Fachreisen ins Elsass und nach Lyon unternomme­n und stelle dann immer wieder fest: Die dortigen Produkte in Patisserie­n sind sehr hochwertig. In Frankreich gibt es einfach ein anderes Qualitätsv­erständnis für Backproduk­te. Das wird mehr geschätzt als in unseren Breiten. Dort werden auch andere, bessere Rohstoffe verwendet. Die Bäckereien können allerdings auch höhere Preise verlangen. Mein Lieblingsg­ebäck: das klassische Baguette und Croissant.

Sind Sie noch ab und zu in Altheim und besuchen dann auch die ehemaligen Kollegen in der Bäckerei Unger?

Ja, wenn ich in Hundersing­en bin, schaue ich vorbei und sage Hallo und kaufe oftmals ein Holzofenbr­ot. Dann erinnere ich mich auch an die Pausen, als ich noch bei der Bäckerei gearbeitet habe. Man isst die Produkte, die man selbst gebacken hat. Das ist total schön. Das verbinde ich mit Heimat.

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FOTO: S. RUPP Susanne Rupp bei der Arbeit in der Bäckerei.

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