Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Wir brauchen mehr Transparenz“
Stefan Koldehoff und Tobias Timm haben spektakuläre Kunstverbrechen untersucht
- Was gut und teuer ist, scheint die Fantasie der Verbrecher ganz besonders anzuziehen. 64 Milliarden Dollar wurden im vergangenen Jahr auf dem internationalen Kunstmarkt umgesetzt, und die Schadenssummen durch Fälschungen, Diebstahl oder Steuerbetrug sind mit rund acht Milliarden Dollar immens. Stefan Koldehoff und Tobias Timm haben spektakuläre Fälle in ihrem Buch „Kunst und Verbrechen“zusammengetragen. Christa Sigg hat mit den Kunstmarktexperten über dubiose Geschäfte, Gier und Gewalt gesprochen.
Herr Koldehoff, Herr Timm, bei den letzten großen Museumsdiebstählen fällt auf, dass mittlerweile viel Gewalt im Spiel ist.
Timm: Ja, da sind nicht mehr die Gentlemen-Diebe im gut geschnittenen Anzug unterwegs, sondern kriminelle Banden, die sich mit Äxten und hydraulischen Geräten in Sekundenschnelle Zugang zum Museum verschaffen und die Kunstwerke mit brutaler Gewalt an sich bringen. Die Riesengoldmünze „Big Maple Leaf“zum Beispiel wog 100 Kilo und wurde in wenigen Minuten aus dem BodeMuseum geschafft. Inzwischen muss man wohl davon ausgehen, dass sie zerteilt und eingeschmolzen wurde. Auch bei den Juwelen im Grünen Gewölbe in Dresden sind die Täter in ganz kurzer Zeit mit großer Brutalität vorgegangen. Und auch in diesem Fall ist zu befürchten, dass die Steine umgeschliffen wieder auf den Markt gelangt sind.
Gibt es eine Verschiebung vom Interesse am Kulturellen hin zum reinen Materialwert?