Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
100-Millionen-Besitz muss in Schuss gehalten werden
Nach über einem Jahrzehnt Arbeit präsentiert die Stadt ihre Eröffnungsbilanz nach dem neuen Haushaltsrecht
Rudi Multer
- Die große Inventur zum Start mit dem neuen Haushaltsrechts ist geschafft: Nach elf Jahren Arbeit hat die Verwaltung dem Gemeinderat am Donnerstag die Eröffnungsbilanz mit einem Volumen von annähernd 137 Millionen Euro präsentiert. „Das ist ein Moment, der im kommunalen Leben nicht so oft vorkommt“, deutete der Erste Beigeordnete Richard Striegel auf die historische Dimension dieses Tagesordnungspunkts. Die Eröffnungsbilanz ist eine Momentaufnahme über das Vermögen der Stadt zum 1. Januar 2019. Wie damit gewirtschaftet wurde, wird sich erst mit nun folgenden Jahresabschlüssen zeigen. Mit der Eröffnungsbilanz ist die ganze Arbeit der Verwaltung aber noch nicht getan. Eine „Konzernbilanz“, in der auch die Eigenbetriebe der Stadt Eingang finden, soll in den kommenden Jahren folgen.
7336 Vermögensgegenstände, 88 städtische Gebäude, 256,2 Hektar Straßengrundstücke oder 313,3 Hektar an unbebauten Grundstücken mussten beispielsweise für die Eröffnungsbilanz bewertet werden. Das ganze Sachvermögen der Stadt soll als Geldwert Eingang in die Bilanz finden. Das war ein riesiges Stück Arbeit. Seit elf Jahren arbeitet die Finanzverwaltung daran. Für den Einsatz der Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung in dieser Zeit gab es ein dickes Lob des Ersten Beigeordneten und Kämmerers Richard Striegel. Die vergangenen zehn Jahre unterstützte die Steuerberatungsgesellschaft Rewecon diesen Prozess. Geschäftsführer Altan Günsoy erläutert im Gemeinderat die Bewertungsgrundsätze und die Struktur der Bilanz. „Wir haben uns an einer wirklichkeitsgetreuen Bewertung orientiert“, sagte Günsoy. Bei der Bewertung der Gegenstände gibt es Spielräume. Auch beim Ansatz für die Nutzungsdauer etwa für Straßen oder Gebäude.
Die Höhe des Sachvermögens und die Nutzungsdauer wirkt sich, je nach Bewertung, in den kommenden Jahresabschlüssen aus. Im Gegensatz zum alten Haushaltsrecht müssen Abschreibungen nun nämlich von der Stadt erwirtschaftet werden. Eine Stadt mit hoch bewertetem Vermögen, die dazu kurze Nutzungsdauern zu Grunde legt, muss hohe Abschreibungen erwirtschaften. Eine Stadt, die ihr Vermögen niedrig bewertet und möglichst lange Nutzungszeiten vorsieht, hat zwar niedrige Abschreibungen, wirkt aber arm. „Wir sind einen vernünftigen Mittelweg gegangen“, kommentierte
Richard Striegel die Haltung der Stadtverwaltung in dieser Frage. Sowohl Vermögen wie auch die Nutzungsdauern seien mit realistischen Werten angesetzt.
Daraus ergeben sich Abschreibungen in Höhe von 3,3 Millionen Euro brutto, die von der Stadt erwirtschaftet werden müssen, damit der Werterhalt des Vermögens gesichert werden kann. Da dafür aus dem Bilanzposten Sonderposten Zuschüsse in Höhe von 1,35 Millionen Euro zur Verfügung stehen, reduzieren sich die Netto-Abschreibungen auf das Sachvermögen in Höhe von fast 100 Millionen Euro auf 1,945 Millionen
Euro. „Das sieht nach einer sehr gesunden Bilanz und einem gesunden Haushalt aus“, bewertete Altan Günsoy verschieden Kennzahlen der Bilanz. So macht das Sachvermögen rund drei Viertel der Bilanzsumme von rund 137 Millionen Euro aus. Hoch sei auch der Anteil des Basiskapitals an der Bilanzsumme. Der Anteil der Verbindlichkeiten und damit der Schulden sei mit 2,3 Prozent unwesentlich.
Karl-Heinz Birzer (Freie Wähler) stellt die Nachfrage nach den Verbindlichkeiten der städtischen Eigenbetriebe. Auch im alten System sei es so gewesen, dass es im städtischen Haushalt eine relativ niedrige Schuldenquote gegeben habe, die Pro-Kopf-Verschuldung nach Einbeziehung der städtischen Eigenbetriebe aber dann im Bereich von 2000 Euro lag. Das werde erst sichtbar, wenn es eine Konzernbilanz gebe. Die Ausstellung dieser Bilanz wird die Finanzverwaltung die kommenden Jahre beschäftigen. Auch Pensionslasten von verbeamteten Mitarbeitern der Stadtverwaltung sind nicht in die Bilanz eingeflossen. Diese werden zentral vom Land geführt. Die Eröffnungsbilanz muss nun noch vom Landratsamt in Sigmaringen genehmigt werden.