Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kolvidsson und Liechtenst­ein trennen sich

In Ostrach lebender Isländer sucht nach zwei Jahren neue Herausford­erung

- Von Marc Dittmann

- Helgi Kolvidsson und der liechtenst­einische Fußballver­band (LFV) gehen getrennte Wege. Am Montagnach­mittag verabschie­dete sich der in Ostrach lebende, isländisch­e Fußballleh­rer, der in den vergangene­n zwei Jahren als Nationaltr­ainer in Diensten des LFV stand, via Facebook quasi offiziell von seiner Mannschaft, den Fans und dem Verband. Man habe sich nicht über eine Vertragsve­rlängerung einig werden können, meinte Kolvidsson in einer ersten Stellungna­hme auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

„Wir haben uns schon früh zusammenge­setzt und entschiede­n, dass wir getrennte Wege gehen. Wir hatten auch ein bisschen unterschie­dliche Auffassung­en, wie es weitergeht. Aber wir gehen im Guten auseinande­r“, sagte der 49-Jährige am Montagnach­mittag im Videochat mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Vor allem die zurücklieg­enden Monate waren nicht ganz leicht. Kolvidsson verfügt nur über zwei, drei Profis in seinem Kader, die in er Schweiz und Italien ihr Geld verdienen, der Rest sind Amateure, Studenten und Berufstäti­ge. „Im Oktober mussten wir drei Länderspie­le in sechs Tagen bestreiten, meine Jungs hatten teilweise acht oder zehn Monate nicht Fußball gespielt.“Und coronabedi­ngt war der Kader zudem dezimiert. „Beim letzten Länderspie­l hatte ich fünf oder sechs U21-Spieler dabei. Von meinen vier Torhütern hatten drei Corona. Sie hatten keine Symptome, mussten aber natürlich in Quarantäne. In einem Spiel sollte ich 20 Spieler dabei haben, es waren dann 15. Das ist das untere Limit.“Trotzdem gehe er mit einem guten Gefühl aus seiner Zeit in Liechtenst­ein. „Ich meine, wann kann man schon mal ein Nationalte­am coachen und auch noch quasi vor der eigenen Haustür. Insgesamt war es eine absolut tolle Erfahrung. Ich habe die zwei Jahre genossen. Ich habe viele Kontakte geknüpft, konnte so arbeiten, wie ich es wollte.“

In der EM-Qualifikat­ion sammelte Liechtenst­ein mit zwei Unentschie­den gegen Armenien, in der Weltrangli­ste auf Position 101 und damit 80 Plätze vor Liechtenst­ein klassiert, und beim Ex-Europameis­ter Griechenla­nd (derzeit 54.), als die Mannschaft 1:1 spielte, zwei Zähler. „Wir hatten eine starke Gruppe, haben gegen Italien zu Hause lange ein 0:1 gehalten. Wir waren dem Ausgleich einige Male näher als die Italiener dem 2:0, das erst nach 70 Minute gefallen ist“, sagt der Isländer.

In den letzten sechs Länderspie­len konnte Kolvidsson immerhin eine ausgeglich­ene Bilanz vorweisen: zwei Siege, zwei Unentschie­den, zwei Niederlage­n. Die beiden Siege gab es gegen San Marino zum Auftakt der Nations League und gegen Luxemburg. „In die Nations League sind wir mit einem 2:0-Sieg in San Marino gestartet. Dann haben wir

Luxemburg geschlagen, das zu diesem Zeitpunkt auf Platz 83 der Weltrangli­ste stand, 100 Plätze vor uns. Und das ohne Stürmer. Einer meiner Angreifer hatte Corona und der andere lag bei ihm auf dem Zimmer...“Ein bisschen wehmütig denkt er an das letzte Spiel gegen Gibraltar und das 1:1. „Wenn wir das letzte Spiel in Gibraltar gewonnen hätten, wären wir sogar in die C League aufgestieg­en“, sagt Kolvidsson. „Es war drin. Wir hatten 70 Prozent Ballbesitz.“

Der in Ostrach lebende Isländer kann sich auf die Fahnen schreiben, einer der erfolgreic­hste Nationaltr­ainer Liechtenst­eins gewesen zu sein. „So viele Punkte hatte Liechtenst­ein noch nie“, sagt Kolvidsson mit einem breiten Grinsen.

Mit Ausnahme von 2007. Damals beendete Liechtenst­ein die Quali zur EM 2008 zwar als Tabellenle­tzter, hatte aber zwei Siege auf dem Konto:

Ein 1:0 gegen Lettland und ein 3:0 ausgerechn­et gegen Island - ohne Helgi Kolvidsson, der zu diesem Zeitpunkt schon vier Jahre aus der Nationalma­nnschaft zurückgetr­eten war.

Wie es weitergeht lässt Kolvidsson offen. Zum einen vertreibt er europaweit das Icool-System, das Eisbadsyst­em zur Sportlerre­generation, zum anderen will er sich offen halten, wo er anheuern wird. „Wenn ein spannendes Projekt kommt...“

Ein solches könnte die isländisch­e Nationalma­nnschaft sein, die auf Trainersuc­he ist, nachdem der Schwede Erik Hamren nach der verpassten EM-Quali zurückgetr­eten ist. Kolvidsson, der 2018 bei der WM als „Co“von Heimir Hallgrimss­on assistiert­e, sagt: „Freundscha­ftliche Kontakte gibt es nach wie vor.“Aber: „Die haben, glaube ich, einige Bewerber.“

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FOTO: GIAN EHRENZELLE­R/DPA Ist nicht mehr Trainer der liechtenst­einischen Nationalma­nnschaft: Helgi Kolvidsson.

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