Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kolvidsson und Liechtenstein trennen sich
In Ostrach lebender Isländer sucht nach zwei Jahren neue Herausforderung
- Helgi Kolvidsson und der liechtensteinische Fußballverband (LFV) gehen getrennte Wege. Am Montagnachmittag verabschiedete sich der in Ostrach lebende, isländische Fußballlehrer, der in den vergangenen zwei Jahren als Nationaltrainer in Diensten des LFV stand, via Facebook quasi offiziell von seiner Mannschaft, den Fans und dem Verband. Man habe sich nicht über eine Vertragsverlängerung einig werden können, meinte Kolvidsson in einer ersten Stellungnahme auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
„Wir haben uns schon früh zusammengesetzt und entschieden, dass wir getrennte Wege gehen. Wir hatten auch ein bisschen unterschiedliche Auffassungen, wie es weitergeht. Aber wir gehen im Guten auseinander“, sagte der 49-Jährige am Montagnachmittag im Videochat mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Vor allem die zurückliegenden Monate waren nicht ganz leicht. Kolvidsson verfügt nur über zwei, drei Profis in seinem Kader, die in er Schweiz und Italien ihr Geld verdienen, der Rest sind Amateure, Studenten und Berufstätige. „Im Oktober mussten wir drei Länderspiele in sechs Tagen bestreiten, meine Jungs hatten teilweise acht oder zehn Monate nicht Fußball gespielt.“Und coronabedingt war der Kader zudem dezimiert. „Beim letzten Länderspiel hatte ich fünf oder sechs U21-Spieler dabei. Von meinen vier Torhütern hatten drei Corona. Sie hatten keine Symptome, mussten aber natürlich in Quarantäne. In einem Spiel sollte ich 20 Spieler dabei haben, es waren dann 15. Das ist das untere Limit.“Trotzdem gehe er mit einem guten Gefühl aus seiner Zeit in Liechtenstein. „Ich meine, wann kann man schon mal ein Nationalteam coachen und auch noch quasi vor der eigenen Haustür. Insgesamt war es eine absolut tolle Erfahrung. Ich habe die zwei Jahre genossen. Ich habe viele Kontakte geknüpft, konnte so arbeiten, wie ich es wollte.“
In der EM-Qualifikation sammelte Liechtenstein mit zwei Unentschieden gegen Armenien, in der Weltrangliste auf Position 101 und damit 80 Plätze vor Liechtenstein klassiert, und beim Ex-Europameister Griechenland (derzeit 54.), als die Mannschaft 1:1 spielte, zwei Zähler. „Wir hatten eine starke Gruppe, haben gegen Italien zu Hause lange ein 0:1 gehalten. Wir waren dem Ausgleich einige Male näher als die Italiener dem 2:0, das erst nach 70 Minute gefallen ist“, sagt der Isländer.
In den letzten sechs Länderspielen konnte Kolvidsson immerhin eine ausgeglichene Bilanz vorweisen: zwei Siege, zwei Unentschieden, zwei Niederlagen. Die beiden Siege gab es gegen San Marino zum Auftakt der Nations League und gegen Luxemburg. „In die Nations League sind wir mit einem 2:0-Sieg in San Marino gestartet. Dann haben wir
Luxemburg geschlagen, das zu diesem Zeitpunkt auf Platz 83 der Weltrangliste stand, 100 Plätze vor uns. Und das ohne Stürmer. Einer meiner Angreifer hatte Corona und der andere lag bei ihm auf dem Zimmer...“Ein bisschen wehmütig denkt er an das letzte Spiel gegen Gibraltar und das 1:1. „Wenn wir das letzte Spiel in Gibraltar gewonnen hätten, wären wir sogar in die C League aufgestiegen“, sagt Kolvidsson. „Es war drin. Wir hatten 70 Prozent Ballbesitz.“
Der in Ostrach lebende Isländer kann sich auf die Fahnen schreiben, einer der erfolgreichste Nationaltrainer Liechtensteins gewesen zu sein. „So viele Punkte hatte Liechtenstein noch nie“, sagt Kolvidsson mit einem breiten Grinsen.
Mit Ausnahme von 2007. Damals beendete Liechtenstein die Quali zur EM 2008 zwar als Tabellenletzter, hatte aber zwei Siege auf dem Konto:
Ein 1:0 gegen Lettland und ein 3:0 ausgerechnet gegen Island - ohne Helgi Kolvidsson, der zu diesem Zeitpunkt schon vier Jahre aus der Nationalmannschaft zurückgetreten war.
Wie es weitergeht lässt Kolvidsson offen. Zum einen vertreibt er europaweit das Icool-System, das Eisbadsystem zur Sportlerregeneration, zum anderen will er sich offen halten, wo er anheuern wird. „Wenn ein spannendes Projekt kommt...“
Ein solches könnte die isländische Nationalmannschaft sein, die auf Trainersuche ist, nachdem der Schwede Erik Hamren nach der verpassten EM-Quali zurückgetreten ist. Kolvidsson, der 2018 bei der WM als „Co“von Heimir Hallgrimsson assistierte, sagt: „Freundschaftliche Kontakte gibt es nach wie vor.“Aber: „Die haben, glaube ich, einige Bewerber.“