Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Rund 250 Verfahren gegen illegalen Waffenbesi­tz

Ravensburg­er Staatsanwa­ltschaft erkennt keinen Trend zur privaten Aufrüstung im Kreis

- Von Milena Sontheim

- Jüngst hat ein angetrunke­ner Mann in der Ravensburg­er Weststadt mit einer Schrecksch­usspistole vor seinem Haus hantiert und dadurch die Polizei auf den Plan gerufen. Nach dem Waffengese­tz ist das in der Öffentlich­keit ohne Waffensche­in verboten. Polizisten haben ihn daraufhin festgenomm­en und weitere Waffen in seiner Wohnung beschlagna­hmt (die SZ berichtete). Zur Ausbeute zählen zwei weitere Schrecksch­usswaffen, ein Teleskopsc­hlagstock sowie zwei Samuraisch­werter – all diese Gegenständ­e lassen sich nach dem Waffengese­tz mit 18 Jahren erwerben und ohne Waffensche­in besitzen.

Laut Staatsanwa­ltschaft musste der 57-Jährige aufgrund seines Alkoholspi­egels bis zum nächsten Morgen auf dem Polizeirev­ier bleiben. Weshalb er sechs Waffen gehortet hat, wollte er den Beamten nicht sagen. Im Grunde hat sich der Mann mit dem Besitz im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt. Dennoch: „Werden bei Gelegenhei­t einer Durchsuchu­ng Gegenständ­e gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchu­ng stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind sie einstweile­n in Beschlag zu nehmen“, erklärt Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl.

Jährlich werden rund 250 Verfahren wegen Straftaten nach dem Waffengese­tz bearbeitet, teilt die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg mit. Die Anzahl umfasst alle Verstöße in den Landkreise­n Ravensburg, Sigmaringe­n,

Biberach und Bodensee. In diesem Zuständigk­eitsbereic­h leben etwa 620 000 Einwohner. Eine nennenswer­te Steigerung sei in diesem Jahr nicht zu verzeichne­n, sagt Diehl. Die Hälfte der Fälle betreffe den Besitz von verbotenen Gegenständ­en, die nicht vorrangig scharfe Schusswaff­en seien, sondern Schlagring­e, Würgehölze­r, Butterfly-, Fall-, Spring- und Faustmesse­r. Diese Objekte sind weder legal zu kaufen noch zu besitzen.

Wenn die Staatsanwa­ltschaft wegen illegalen Schusswaff­enbesitzes ermittelt, falle immer wieder auf, dass die Betroffene­n die Waffen oft schon lange Zeit besitzen - ohne den dazu nötigen Waffensche­in zu haben. Das hänge damit zusammen, dass die Waffen unbemerkt zu Hause aufbewahrt und erst durch Hinweise oder Zufallsfun­de entdeckt werden.

Verstöße gegen das Waffengese­tz werden auch vom Zollamt erfasst. Es werden unter anderem Briefe, Pakete und Kuriersend­ungen kontrollie­rt, die aus dem Ausland kommen, wie Pressespre­cher Hagen Kohlmann vom Hauptzolla­mt Ulm sagt. „Seit Jahren verzeichne­n wir stagnieren­de Zahlen beim Waffenschm­uggel.“Seit 2016 gehe die Tendenz sogar nach unten. Im Jahr 2017 hat der Zoll knapp 100 illegale Waffen in den Landkreise­n Ost-Alb, Biberach und Ravensburg sichergest­ellt. 2019 seien es nur noch 43 Stück gewesen. „Seit der Reformieru­ng des Schweizer Waffenrech­ts vor mehreren Jahren ist der Waffenimpo­rt in der Grenzregio­n ein geringes Problem“, erklärt Kohlmann. Meist handle es sich bei den Funden um Softguns oder Paintballp­istolen, die zu viel Energie freisetzen. „Das heißt, es handelt sich weniger um bedrohlich­e Absichten der Käufer, sondern mehr um jugendlich­en Leichtsinn.“

Im Landkreis Ravensburg kann das Polizeiprä­sidium ebenfalls auf stagnieren­de Zahlen verweisen. So gab es 2017 insgesamt 103 Verstöße gegen das Waffengese­tz, 2018 waren es 129, und vergangene­s Jahr hat sich die Zahl deutlich verringert – lediglich 73 Verstöße wurden 2019 gezählt. Allerdings seien nicht alle Verstöße so gravierend, dass sie strafrecht­lich verfolgt werden müssen, erklärt Oberstaats­anwalt Diehl.

Das Landratsam­t Ravensburg hat als untere Waffenbehö­rde dieses Jahr (Stand 24.11.) 49 kleine Waffensche­ine ausgestell­t. 2019 waren es 78 Stück, 2018 knapp 70 Stück. Der kleine Waffensche­in berechtigt einen Besitzer zum Führen von erlaubnisf­reien Schrecksch­uss-, Reiz-, und Signalwaff­en.

Laut Pressespre­cherin des Landratsam­ts beantragen überwiegen­d Bürger einen kleinen Waffensche­in. In der Regel seien es keine Sportschüt­zen oder Jäger. Beim Landratsam­t dürfen zudem straffrei illegale Waffen abgegeben werden, sollte man sie beispielsw­eise im Keller oder auf dem Dachboden finden. Allein 2020 wurden 69 Waffen der Behörde übergeben. 2019 lag die Zahl noch bei 97.

Inwiefern die Corona-Krise Einfluss auf eine private Aufrüstung in der Bevölkerun­g nimmt, können aktuelle Statistike­n nicht zeigen. Staatsanwa­ltschaft und Zollamt schätzen die Gefahr des Waffenhort­ens jedoch als gering ein.

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SYMBOLFOTO: OLIVER KILLIG Der kleine Waffensche­in berechtigt den Besitzer zum Tragen einer Schrecksch­usswaffe.

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