Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bis zu zehn Prozent weniger Lohn für die gleiche Arbeit
Pflegekräfte des Pflegeheims St. Wunibald streiken zeitgleich mit anderen Mitarbeitern der Stiftung Liebenau
- Mitarbeiterinnen des Pflegeheims St. Wunibald haben am Donnerstag mit der Unterstützung der Gewerkschaft Verdi gestreikt. Sie kämpfen schon länger um eine gerechte Entlohnung innerhalb der Stiftung Liebenau (die SZ berichtete). Nun standen sie mit Transparenten und Verdi-Fahnen vor dem Pflegeheim an der Bundesstraße, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Das Pflegeheim St. Wunibald gehört zu einer Tochtergesellschaft der Stiftung Liebenau „Leben im Alter“. Es sind 21 Pflegeheime, in denen 850 Mitarbeiter ihren Dienst tun. Parallel gibt es unter dem Dach der Stiftung eine weitere Tochtergesellschaft „Lebenswert Alter“, in der die Angestellten besser verdienen. Das Team in Scheer fordere eine gleiche Entlohnung für die gleiche Arbeit, erklärt Claudia Kuchelmeister, Teamdelegierte und Streikleiterin. Die Verträge seien unterschiedlich. Für das Team in Scheer ist es so, dass die Mitarbeiterinnen mehr Arbeitsstunden leisten müssen und auch bei den Zuschlägen für Nacht- und Wochenendarbeit und bei der Altersversorgung benachteiligt sind. „Am Ende des Monats haben wir zwischen fünf und zehn Prozent weniger Lohn“, berichtet Kuchelmeister.
Die Mitarbeiterinnen haben für ihren Arbeitskampf die Gewerkschaft Verdi dazu geholt: „Weil wir ohne die Unterstützung der Gewerkschaft machtlos sind“, so Kuchelmeister. Das Team fordere einen Tarifvertrag, damit der Arbeitgeber an den Vereinbarungen nicht mehr rütteln kann. Die Geschäftsleitung mache seit Jahren Versprechungen, die nicht eingelöst worden seien. Nun sei das Vertrauen verspielt.
Von der Gewerkschaft Verdi war Benjamin Andelfinger gekommen, um die Streikenden zu unterstützen. Er machte eine Kundgebung und forderte, dass die Geschäftsleitung der Stiftung Liebenau wieder an den Verhandlungstisch zurückkehre. Parallel wurde in weiteren Pflegeheimen der Tochtergesellschaft der Stiftung gestreikt. Andelfinger erklärte die Hintergründe des Streiks. Vor zehn Jahren sei die Stiftung Liebenau aus den Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas ausgestiegen. Das habe sich für die Mitarbeiterinnen nachteilig ausgewirkt. Dann sei die Geschäftsleitung auf die Gewerkschaft zugekommen, um einen Tarifvertrag auszuhandeln, berichtet Andelfinger. Die Verhandlungen waren ziemlich weit gediehen, es habe für die Pflegeteams ganz gut ausgesehen. Doch da habe sich Anfang November die Geschäftsleitung aus den Verhandlungen zurückgezogen. Der Geschäftsleitung
wurde ein Ultimatum gestellt, das am 24. November abgelaufen ist. „Wir streiken also, um die Geschäftsführung wieder an den Verhandlungstisch zu holen“, so Andelfinger.
Im Pflegeheim St. Wunibald leben 30 Senioren. Im Team arbeiten insgesamt rund 30 Kräfte, manche in Teilzeit, andere in Vollzeit. Im Haus sind 14 Teammitglieder Verdi-Mitglieder. Natürlich wurden die Heimbewohner während des Streiks gepflegt. „Das hat für uns oberste Priorität“, erklärt Kuchelmeister. Es gebe eine Notdienstvereinbarung, die auch an Streiktage greife. Sie entspreche der Besetzung der Sonntage. „Wir bestreiken den Früh- und den Spätdienst“, berichtet sie. Das bedeutet, dass beim Frühdienst eine examinierte Pflegekraft mit drei Helferinnen
oder Schülerinnen arbeitet und beim Spätdienst sind es eine examinierte Pflegekraft mit einer Helferin und zwischen 17 und 20 Uhr eine weitere Helferin. „Brisant ist, dass in St. Wunibald die Sonntagsbesetzung eigentlich die reguläre Besetzung ist. Es ist ein kleines Haus und hat zu wenig Mitarbeiterinnen. In Scheer ist die Personaldecke auf Kante genäht“, sagt Andelfinger. Und Kuchelmeister wünscht sich für ihre Kolleginnen, dass der Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zurückkehrt und ihnen einen fairen Vertrag zugesteht. „Wir sind wegen des Streiks von der Geschäftsleitung in einem Brief unter Druck gesetzt worden. Der Streik bringe Einschränkungen für die im Haus betreuten Menschen. Das ist nicht der Fall, das würden wir unseren Senioren nicht antun“, betont sie.