Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Christoph 45: Gemeinderat lehnt Verlegung ab
Land soll Planung zur Verlegung des Rettungshubschraubers beenden – Kritik an Gutachten
- Nach dem Kreistag hat sich am Montag auch der Häfler Gemeinderat in Sachen Verlegung von Christoph 45 eindeutig positioniert. Einstimmig hat sich das Gremium für die Beibehaltung des Rettungshubschrauber-Standorts am Klinikum Friedrichshafen ausgesprochen. Die Landesregierung wurde außerdem aufgefordert, entsprechende Planungen zur Verlegung des Standorts zu beenden. In einem Vortrag hatte zuvor Chefarzt und Zentrumsdirektor Volker Wenzel vom Klinikum das Gutachten, auf dem die Überlegungen einer Verlegung des Hubschraubers basieren, heftig kritisiert und diesem in vielen Punkten widersprochen.
„Die Verlegung müssen wir kategorisch ablehnen“, sagte Wenzel im Gemeinderat nach seiner Präsentation. Der Chef der Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Klinikum hatte zuvor ein Gutachten zur Flugrettung im Land, das das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement München (INM) für das Landesinnenministerium erstellt hatte, auseinandergepflückt. In dem Papier wird die Verlegung von Christoph 45 nach Norden, zum Beispiel nach Bavendorf empfohlen (die SZ berichtete mehrfach).
Wenzel widersprach etwa der Behauptung des Gutachtens, der Hubschrauber habe aufgrund von Nebelwetters zu wenige Einsätze. So sei Christoph 45 nicht wie im Gutachten angegeben an 34, sondern nur an 15 Tagen wegen Nebel nicht im Einsatz gewesen. Wenzel belegte mit Statistiken, dass die Sonnenscheindauer am Bodensee seit den 1980er-Jahren zunimmt.
Die im Gutachten als weißer Fleck bezeichnete Region, die mit der Verlegung von Christoph 45 besser versorgt werden solle, könne auch jetzt schon in 20 Minuten vom Rettungshubschrauber erreicht werden, „bei einer realistischen Annahme der Fluggeschwindigkeit.“Diese werde im Gutachten zu gering angesetzt. „Es gibt keine Versorgungslücke“. Außerdem werde im Gutachten etwa die Verlegung von Christoph 41 von Leonberg nach Tübingen vorgeschlagen, was das als weißen Fleck bezeichnete Gebiet ebenfalls abdecke. „Das ist eine weitere Absurdität dieses Gutachtens“, sagt der Facharzt.
Wenzel verwies noch einmal darauf, dass Christoph 45 wegen Verlegungsflügen von Friedrichshafen zu weit entfernten Spezialkliniken oft lange unterwegs sei. Das werde im Gutachten nicht berücksichtigt. „Weil er in der Luft ist, kann er nicht so viele Einsätze fliegen.“Im Gutachten würde außerdem nicht der Nutzen mit den Kosten abgewogen. So könnten durch die Verlegung fünf Patienten pro Jahr schneller erreicht werden, dafür müsste aber für 7,5 Millionen Euro ein neuer Standort aufgebaut werden. Außerdem würden dadurch 36 Patienten am See später erreicht. Wenzel verwies als Begründung für den jetzigen Standort auch auf „mehr als ein Dutzend Ertrunkene im Bodensee im Sommer 2020“. Er kritisierte, dass die internationale Zusammenarbeit, die es am Bodensee mit Österreich und der Schweiz gebe, im Gutachten nicht berücksichtigt werde. In der Fragerunde sagte Wenzel, dass man im Landkreis Sigmaringen mit der Forderung nach der Verlegung von Christoph 45 nur von eigenen Problemen ablenken und sie auf andere abschieben wolle. Dort habe man es nicht geschafft, einen zweiten Notarzt zu installieren.
Aufgrund der Einigkeit im Gemeinderat bei dem Thema, beschränkte man sich auf eine gemeinsame Fraktionserklärung, die Dagmar Höhne vortrug. „Wir stehen alle ohne Zweifel für den Verbleib von Christoph 45 am Standort Friedrichshafen“, sagte Höhne. Warum sollte man einen Standort auf der grünen Wiese schaffen, wenn man am aktuellen Standort ein gutes Team an Notärzten hat, fragte sie. Sie verwies auf die besondere Situation am See mit B 31, Messe, Flughafen und Tourismus. Christoph 45 solle kein Objekt politischer Eitelkeiten werden, sondern den größten Nutzen erzielen. „Christoph 45 muss am Standort Friedrichshafen bleiben.“