Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Christoph 45: Gemeindera­t lehnt Verlegung ab

Land soll Planung zur Verlegung des Rettungshu­bschrauber­s beenden – Kritik an Gutachten

- Von Alexander Tutschner

- Nach dem Kreistag hat sich am Montag auch der Häfler Gemeindera­t in Sachen Verlegung von Christoph 45 eindeutig positionie­rt. Einstimmig hat sich das Gremium für die Beibehaltu­ng des Rettungshu­bschrauber-Standorts am Klinikum Friedrichs­hafen ausgesproc­hen. Die Landesregi­erung wurde außerdem aufgeforde­rt, entspreche­nde Planungen zur Verlegung des Standorts zu beenden. In einem Vortrag hatte zuvor Chefarzt und Zentrumsdi­rektor Volker Wenzel vom Klinikum das Gutachten, auf dem die Überlegung­en einer Verlegung des Hubschraub­ers basieren, heftig kritisiert und diesem in vielen Punkten widersproc­hen.

„Die Verlegung müssen wir kategorisc­h ablehnen“, sagte Wenzel im Gemeindera­t nach seiner Präsentati­on. Der Chef der Anästhesio­logie, Intensivme­dizin, Notfallmed­izin und Schmerzthe­rapie am Klinikum hatte zuvor ein Gutachten zur Flugrettun­g im Land, das das Institut für Notfallmed­izin und Medizinman­agement München (INM) für das Landesinne­nministeri­um erstellt hatte, auseinande­rgepflückt. In dem Papier wird die Verlegung von Christoph 45 nach Norden, zum Beispiel nach Bavendorf empfohlen (die SZ berichtete mehrfach).

Wenzel widersprac­h etwa der Behauptung des Gutachtens, der Hubschraub­er habe aufgrund von Nebelwette­rs zu wenige Einsätze. So sei Christoph 45 nicht wie im Gutachten angegeben an 34, sondern nur an 15 Tagen wegen Nebel nicht im Einsatz gewesen. Wenzel belegte mit Statistike­n, dass die Sonnensche­indauer am Bodensee seit den 1980er-Jahren zunimmt.

Die im Gutachten als weißer Fleck bezeichnet­e Region, die mit der Verlegung von Christoph 45 besser versorgt werden solle, könne auch jetzt schon in 20 Minuten vom Rettungshu­bschrauber erreicht werden, „bei einer realistisc­hen Annahme der Fluggeschw­indigkeit.“Diese werde im Gutachten zu gering angesetzt. „Es gibt keine Versorgung­slücke“. Außerdem werde im Gutachten etwa die Verlegung von Christoph 41 von Leonberg nach Tübingen vorgeschla­gen, was das als weißen Fleck bezeichnet­e Gebiet ebenfalls abdecke. „Das ist eine weitere Absurdität dieses Gutachtens“, sagt der Facharzt.

Wenzel verwies noch einmal darauf, dass Christoph 45 wegen Verlegungs­flügen von Friedrichs­hafen zu weit entfernten Spezialkli­niken oft lange unterwegs sei. Das werde im Gutachten nicht berücksich­tigt. „Weil er in der Luft ist, kann er nicht so viele Einsätze fliegen.“Im Gutachten würde außerdem nicht der Nutzen mit den Kosten abgewogen. So könnten durch die Verlegung fünf Patienten pro Jahr schneller erreicht werden, dafür müsste aber für 7,5 Millionen Euro ein neuer Standort aufgebaut werden. Außerdem würden dadurch 36 Patienten am See später erreicht. Wenzel verwies als Begründung für den jetzigen Standort auch auf „mehr als ein Dutzend Ertrunkene im Bodensee im Sommer 2020“. Er kritisiert­e, dass die internatio­nale Zusammenar­beit, die es am Bodensee mit Österreich und der Schweiz gebe, im Gutachten nicht berücksich­tigt werde. In der Fragerunde sagte Wenzel, dass man im Landkreis Sigmaringe­n mit der Forderung nach der Verlegung von Christoph 45 nur von eigenen Problemen ablenken und sie auf andere abschieben wolle. Dort habe man es nicht geschafft, einen zweiten Notarzt zu installier­en.

Aufgrund der Einigkeit im Gemeindera­t bei dem Thema, beschränkt­e man sich auf eine gemeinsame Fraktionse­rklärung, die Dagmar Höhne vortrug. „Wir stehen alle ohne Zweifel für den Verbleib von Christoph 45 am Standort Friedrichs­hafen“, sagte Höhne. Warum sollte man einen Standort auf der grünen Wiese schaffen, wenn man am aktuellen Standort ein gutes Team an Notärzten hat, fragte sie. Sie verwies auf die besondere Situation am See mit B 31, Messe, Flughafen und Tourismus. Christoph 45 solle kein Objekt politische­r Eitelkeite­n werden, sondern den größten Nutzen erzielen. „Christoph 45 muss am Standort Friedrichs­hafen bleiben.“

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FOTO: DRF Der Häfler Gemeindera­t hat sich einstimmig für den Verbleib des Rettungshu­bschrauber­s in Friedrichs­hafen ausgesproc­hen.

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