Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Noch viel Arbeit
Kanzlerin Merkel fordert, die vereinbarten Integrationsmaßnahmen auch umzusetzen
(dpa) - Kanzlerin Angela Merkel sieht noch viel Arbeit im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus. „Da haben wir noch sehr, sehr viel zu tun, um wirklich die vielen Vorurteile aufzudecken, die teils bewusst, teils unbewusst da sind“, sagte die CDU-Politikerin nach dem 13. Integrationsgipfel der Bundesregierung. Merkel erinnerte unter anderem an die Taten der nationalsozialistischen Terrorzelle NSU und den Anschlag von Hanau. Es sei etwa für türkischstämmige Menschen nicht so einfach zu glauben, dass sie hierzulande wirklich willkommen seien und gleiche Chancen hätten.
Den Integrationsgipfel gibt es seit 15 Jahren. Wegen der Corona-Pandemie berieten Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen und Migrantenorganisationen digital. Dabei wurden auch die letzten Kapitel des Nationalen Aktionsplans Integration vorgestellt. Unter Leitung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), waren seit 1019 Dutzende Maßnahmen für eine bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland beschlossen worden. Unter anderem sollen eigens entwickelte Strategien für mehr Teilhabe im Gesundheitswesen, in Kultur, Medien und im Sport sorgen.
„Es ist jetzt sehr viel theoretische Arbeit gemacht worden“, sagte Merkel. Nun müsse es an die Umsetzung gehen. „Vieles von dem, was wir hier machen, muss zur Normalität werden, das ist der Wunsch. Und zwar in der breiten Gesellschaft.“Die Mehrheitsgesellschaft müsse offen sein und Vielfalt als Bereicherung begreifen. Zugleich bedürfe es aber auch der Bereitschaft von Menschen mit Migrationshintergrund, sich einzubringen.
Nach einer zum Integrationsgipfel veröffentlichten Studie des Sachverständigenrates
für Integration und Migration (SVR) beteiligen sich Deutsche mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich stark an Bundestagswahlen. Das gelte besonders für Wähler, die im Ausland geboren sind. Den Ergebnissen einer Befragung zufolge nahmen 85,8 Prozent der Erwachsenen ohne Migrationshintergrund an der Bundestagswahl 2017 teil. Unter den Wahlberechtigten mit ausländischen Wurzeln waren es nur 65 Prozent. Die Nachkommen von Zuwanderern gingen etwas häufiger zur Wahl (66,2 Prozent) als diejenigen, die selbst zugewandert waren (64,6).
Daniel Gyamerah vom Verein „Each One Teach One“, der sich für die Belange schwarzer Menschen einsetzt, drang auf eine spezifische Förderung für diskriminierte Gruppen sowie Gleichstellungs- und Teilhabegesetze auf Bundes- und Landesebene mit Quoten. Zudem müsse die Antidiskriminierungsstelle des Bundes deutlich gestärkt werden.
Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Filiz Polat, verlangte mehr Strukturmaßnahmen. „Das bedeutet etwa eine Abkehr von der kurzfristigen Projektförderung hin zu einer dauerhaften Förderung von Organisationen.“Es brauche ein echtes Demokratiefördergesetz und mehr Möglichkeiten, mehr als eine Staatsangehörigkeit zu behalten.