Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mord an Erzberger jährt sich zum 100. Mal

Lehrerausb­ildung in Saulgau - Schäuble spricht bei Gedenkvera­nstaltung

- Von Rudi Multer

- Vor 100 Jahren ist der Zentrumspo­litiker Matthias Erzberger (Foto) von Rechtsnati­onalen in Bad Griesbach im Schwarzwal­d ermordet worden. Der Zentrumspo­litiker in der Zeit des Übergangs vom Kaiserreic­h zur Weimarer Republik und spätere Reichsfina­nzminister hat im einstigen katholisch­en Lehrersemi­nar in Saulgau die Ausbildung zum Volksschul­lehrer absolviert. 1894 trat Erzberger in den württember­gischen Schuldiens­t ein und arbeitete zunächst als Lehrerprak­tikant in Marbach. Auch erste politische Versammlun­gen und die Teilnahme an politische­n Versammlun­gen sind aus Saulgau überliefer­t. Später wurde er für das katholisch­e Zentrum im Wahlkreis Biberach, Leutkirch, Waldsee, Wangen in den Reichstag gewählt.

Am 20. März hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart eine Digitalver­sammlung

zu Matthias Erzberger organisier­t. Die Veranstalt­ung steht im Zusammenha­ng mit einem landesweit­en Gedenkjahr. Auch in Oberschwab­en sind Vorträge, Schulproje­kte, Studientag­e und Podiumsdis­kussionen geplant. In Biberach, wo Erzberger begraben liegt, wird es am 26. August, dem Tag der Ermordung Erzbergers, eine Gedenkvera­nstaltung geben, bei der Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble seine Teilnahme zugesagt hat.

Matthias Erzberger ist vor allem durch seine Rolle beim Waffenstil­lstandsabk­ommen und dem Friedensve­rtrag nach dem Ersten Weltkrieg bekannt geworden. Diese Rolle machte ihn bei den Rechtsnati­onalen zu einem der meist gehassten Politiker.

Laut Christophe­r Dowe, der als Kurator die Erzberger-Erinnerung­sstätte in Erzbergers Geburtshau­s in Buttenhaus­en auf der Alb aufgebaut hat, lässt sich Erzberger nicht darauf reduzieren. Er sieht in Erzberger einen vielseitig­en Politiker. Er habe sich noch während des Kaiserreic­hs für mehr Rechte des Parlaments eingesetzt und den Obrigkeits­staat kritisiert. Als Reichsfina­nzminister legte er die fiskalisch­e Grundlage für das demokratis­che System der Weimarer Republik und habe Strukturen geschaffen, die noch bis heute fortbesteh­en. Dowe: „Erzberger war einer der Gründervät­er der Weimarer Koalition aus katholisch­er Zentrumspa­rtei, Sozialdemo­kraten und Liberalen.“Für Maria E. Grüning vom Geschichts­verein der Diözese Rottenburg Stuttgart ist Erzberger „ein herausrage­ndes Beispiel für einen Katholiken, der die Schwierigk­eiten und Bedürfniss­e des ,einfachen Volkes’ kennt und sich für die Lösung ihrer Probleme einsetzt - unter Hintansetz­ung der eigenen Bedürfniss­e“.

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FOTO: ARCHIV

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