Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mehr als 14 Millionen Hobbymusiker in Deutschland
Singen im Chor ist Frauendomäne – Männer spielen eher in Bands und Kapellen
(KNA) - Dass Musik gut für Körper und Seele ist, erleben viele Menschen gerade in Corona-Zeiten besonders deutlich. Nun hat eine Studie, die der Deutsche Musikrat in Auftrag gegeben hat, erstmals untersucht, wer hobbymäßig welcher musikalischen Aktivität nachgeht.
Die wenigsten Musiker sind Profis: Rund 600 000 Menschen in Deutschland verdienen mit Musik ihr Geld oder zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts. Aber immerhin 14,3 Millionen Bundesbürger oder fast 19 Prozent der Bevölkerung ab sechs Jahren musizieren in ihrer Freizeit: entweder in Band, Orchester oder Chor. Oder sie spielen für sich zu Hause, bei privaten oder geselligen Anlässen.
Die repräsentative Studie über das Amateurmusizieren im Land von Bach und Beethoven ist die erste mit dieser Fragestellung. Nach der am Mittwoch in Bonn veröffentlichten Allensbach-Studie bezeichnen rund 3,5 Millionen Kinder und Jugendliche und 10,8 Millionen Personen ab 16 Jahre Musik als Hobby. Damit dürfte die Zahl der Musizierenden laut Musikrat in den letzten rund 20 Jahren relativ stabil geblieben sein.
80 Prozent der Amateurmusiker ab 16 Jahre spielen ein Instrument: 92 Prozent der Männer und 68 Prozent der Frauen. 40 Prozent singen: 56
Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer. Singen ist damit eher eine Frauendomäne, während Männer eher Instrumente spielen.
Laut Studie ist das Musizieren stark alters-, geschlechts- und schichtgebunden: Während bei Personen ab 16 Jahre 16 Prozent singen oder ein Instrument spielen, ist es bei Kindern und Jugendlichen von sechs bis 15 Jahren fast jeder Zweite. Der Kreis der Hobbymusiker verringert sich vor allem beim Übergang von der Schule zur Ausbildung gravierend, ein zweites Mal beim Übergang ins Berufsleben. So musizieren noch 31 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, aber nur 13 Prozent der 30- bis 44-Jährigen. Allerdings blieben die meisten von denen, die mit 30 Jahren noch musizieren, bis ins hohe Alter dabei. Ein weiterer Faktor ist die soziale Schicht. Personen mit hohem sozio-ökonomischen Status musizieren signifikant häufiger als Personen aus den mittleren und unteren Schichten. So zählen sich 25 Prozent der Personen ab 16 Jahre aus der hohen sozialen Schicht zu den Freizeitund Hobbymusikern, aber nur 12
Prozent aus den unteren und 14 Prozent der Personen aus den mittleren Sozialschichten.
Bei Kindern und Jugendlichen ist auffällig, dass noch viel mehr Mädchen als Jungen musizieren. So machen 58 Prozent der sechs- bis 15-jährigen Mädchen, aber nur 39 Prozent der gleichaltrigen Jungen Musik. Im Erwachsenenalter hingegen verschwinden die Geschlechterunterschiede fast vollständig. 16 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen über 16 Jahre spielen ein Instrument oder singen in ihrer Freizeit.
Gitarre und Klavier führen die Liste der beliebtesten Instrumente an: 33 Prozent der Amateurmusiker ab 16 Jahre spielen Gitarre, 27 Prozent Klavier. Auch andere Tastenund Zupfinstrumente sind beliebt. So spielen 17 Prozent ein elektronisches Tasteninstrument, etwa ein elektrisches Klavier, Keyboard oder Synthesizer und weitere 9 Prozent eine E-Gitarre oder einen E-Bass.
Unter den Holzblasinstrumenten ist die Blockflöte mit Abstand am weitesten verbreitet: 13 Prozent spielen Blockflöte, jeweils zwei Prozent
Querflöte oder Saxofon, ein Prozent auch Klarinette. Ein Schlagzeug, Drums oder ein anderes vergleichbares Instrument nutzen sechs Prozent. Für Streichinstrumente interessieren sich hingegen eher wenige.
Insgesamt sind acht von zehn Musizierende ab sechs Jahre auch im Familienoder Freundeskreis aktiv. 26 Prozent sind Mitglied in einem Chor, 20 Prozent treten auch bei Konzerten oder anderen Gelegenheiten auf, fast ebenso viele musizieren in der Kirche. Für die Jüngeren sind Schulchor und Musik-AG wichtig: 36 Prozent in dieser Gruppe sind hier Mitglied. 33 Prozent der jungen Musiker besuchen eine Musikschule.
Einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen zeigt sich beim Ort, an dem Musik gemacht wird. So ist der private Rahmen zwar für beide gleichermaßen der mit Abstand am häufigsten genutzte Raum für das Hobby Musik. Ansonsten musizieren Frauen jedoch weit häufiger in Chören oder in der Kirche, Männer hingegen spielen signifikant häufiger in Bands oder Vereinen, etwa einer Kapelle oder einem Spielmannszug.