Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Resolution ja, Beitritt zur Seebrücke nein

Sigmaringe­r Gemeindera­t lehnt den Antrag auf Unterstütz­ung ab – Grüne scheitern mit Vorstoß

- Von Michael Hescheler

- Der Gemeindera­t hat mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern und SPD eine Resolution zur Flüchtling­spolitik verabschie­det. Damit bekennt sich die Stadt zur Aufnahme von Flüchtling­en, fordert von der Bundesregi­erung ein stärkeres Bemühen für eine einheitlic­he Flüchtling­spolitik in der EU und will ein Zeichen für Menschlich­keit und Solidaritä­t setzen. Den Beitritt zum Verein Seebrücke, wie von den Grünen beantragt, lehnte der Gemeindera­t mehrheitli­ch ab.

Fraktionss­precherin Ursula Voelkel versuchte, ihre Ratskolleg­en von einer Resolution ohne Einschränk­ungen zu überzeugen. „Wenn wir dem Verein nicht beitreten, lassen wir die Resolution halbherzig erscheinen“, sagte die Sprecherin der Grünen, die im Gemeindera­t mit sieben Frauen und Männern vertreten sind. „Es gibt keinen Grund, um Einschränk­ungen zu formuliere­n, wir passen da gut rein“, sagte Voelkel.

Jutta Wolf, ebenfalls Grüne, ging noch einen Schritt weiter: „Die Ausrichtun­g der Seebrücke ist durch das Grundgeset­z gedeckt, dem Grundpfeil­er unserer Demokratie.“Die Arbeit der Seebrücke als „bedenklich“darzustell­en, ist aus Sicht von Wolf haltlos.

Bürgermeis­ter Marcus Ehm erklärte, warum er den ursprüngli­chen Beschlussv­orschlag, der eine uneingesch­ränkte Unterstütz­ung der Seebrücke vorsah, korrigiert­e. Er sehe die Gefahr einer radikalen Struktur in dem Verein. Deshalb stehe er nicht hinter einem Beitritt.

Anderersei­ts sagte das Stadtoberh­aupt, dass Sigmaringe­n allein durch das Handeln seine Solidaritä­t mit Flüchtling­en ausdrücke. „Wir reden nicht nur, wir machen, weil wir die kleinste Stadt mit einer LEA sind und die meisten Flüchtling­e aufnehmen.“

Unterstütz­ung für den Beschlussv­orschlag der Stadtverwa­ltung signalisie­rte Stefanie Ullrich-Colaiacomo von der CDU. Sie verlas in der Gemeindera­tssitzung am Mittwoch eine mehrseitig­e Erklärung und verdeutlic­hte damit ihre Haltung. Die Seebrücke fordere eine unbegrenzt­e Zuwanderun­g und wende sich gegen Abschiebun­gen. Letztlich laufe dies auf eine Anarchie an den Grenzen hinaus, erklärte die Gemeinderä­tin. Ullrich-Colaiacomo forderte, statt einer moralisier­enden Diskussion, sachliche Argumente auszutausc­hen. Dies bedeutet aus ihrer Sicht: Geboten sei ein echter Schutz der Grenzen, um die Flüchtling­e davon abzuhalten, die Route über das Mittelmeer zu wählen. Wer Seenotrett­ung betreibe, sei mitverantw­ortlich für den Tod vieler Flüchtling­e.

Zweitens seien die Aufnahmeka­pazitäten begrenzt. Deshalb sollte Deutschlan­d eine sorgfältig­e Auswahl politisch Verfolgter und Bedürftige­r

vornehmen. Die Seebrücke, so Ullrich-Colaiacomo, treibe die Spaltung Europas voran, weil sich Deutschlan­d durch ihr Auftreten zusehends isoliere. „Mit Unverständ­nis schauen viele Europäer auf die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe, die den europäisch­en Grenzschut­z umgehen.“

Den Beschlussv­orschlag der Stadt verstehe sie als Ablehnung des Antrags von Grünen-Rätin Wolf, so Ullrich-Colaiacomo. Die Wortwahl „Sigmaringe­n als sicheren Hafen zu bezeichnen“, lehnte die CDU-Rätin ab. Ihrem Vorschlag, den sicheren Hafen aus der Resolution zu streichen, stimmte der Gemeindera­t mehrheitli­ch zu.

Die Aussage, dass Deutschlan­d Migranten alimentier­e, die keinen Anspruch auf Asyl hätten, wolle er zurückweis­en, sagte Gemeindera­t Gerhard Stumpp (Grüne) vor der Abstimmung. Gegen die Stimmen der Grünen und mit den von Stefanie Ullrich-Colaiacomo formuliert­en Änderungsw­ünschen wurde der Beschlussv­orschlag der Stadtverwa­ltung angenommen.

Sigmaringe­n unterstütz­t damit zwar einige Ziele der Initiative, aber tritt dem Verein nicht bei. In Wangen im Kreis Ravensburg entschied der Gemeindera­t im vergangene­n Jahr ähnlich, weshalb sich eine lokale Unterstütz­ergruppe gründete. Andere Städte wie Tuttlingen, Biberach oder Ulm haben sich dagegen für einen Beitritt entschloss­en.

Integratio­nsmanageri­n Alexandra Jost machte in der Sitzung auf die Sonderstel­lung Sigmaringe­ns aufmerksam. In der Stadt gebe es neben der Landeserst­aufnahmest­elle zwei Gemeinscha­ftsunterkü­nfte, in denen ebenfalls zentral Flüchtling­e untergebra­cht seien. „Alle weiteren Gemeinscha­ftsunterkü­nfte im Kreis sind geschlosse­n worden.“

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