Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Nix mit Wiener Schmäh
Tatort: Die Amme (So., ARD, 20.15 Uhr) -
Es ist kaum zu ertragen: Ein Psychopath entführt Kinder, Buben, deren Mütter als Prostituierte gearbeitet haben und die er zuvor grausam ermordet hat. Wiener Schmäh ist diesmal Fehlanzeige. Noch nicht einmal die bei den Fans so beliebten Sticheleien zwischen Oberstleutnant Eisner (Harald Krassnitzer) und der seiner Kollegin Bibi (Adele Neuhauser) hellen die düstere Atmosphäre auf. Sie wären auch unpassend, und es spricht für das Fingerspitzengefühl von Autor und Regisseur (Mike Majzen und Christopher Schier), dass sie das inzwischen perfekt aufeinander eingespielte Ermittlerteam keine Witze reißen lassen. Nicht angesichts von Kindern in Todesangst, die an ihren Füßen angekettet sind.
„Die Amme“ist kein klassischer Krimi. Die Zuschauer wissen immer mehr als die Kommissare. Sie kennen den Täter, der, als Frau und Mutter verkleidet, das Trauma seiner eigenen Kindheit immer und immer wieder durchspielt. Bibi droht zu zerbrechen unter dem Druck, die entführten Kinder rechtzeitig zu finden. Und so liefert sich Eisner nicht nur ein atemloses Katzund Maus-Spiel mit dem Täter, dem er näher ist, als er denkt. Er sorgt sich um seine Kollegin, die nächtelang keinen Schlaf findet – und in ihrer Trance dann doch der richtigen Fährte folgt. Und der Schluss am Krankenbett? Man könnte sie fast versöhnlich nennen, die liebevollen Gesten zwischen dem Moritz und der Bibi. Nach einem spannenden Fall, der nicht nur Bibi, sondern auch manchem Zuschauer den Schlaf rauben wird.