Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Mehr als 80 Mitarbeite­r bangen um Job

Bei Helios-Preisser soll Großteil der Stellen wegfallen – IG Metall kündigt Widerstand an

- Von Sebastian Korinth

- Beim Handmesste­chnik-Hersteller Helios-Preisser in Gammerting­en sollen massiv Stellen gestrichen werden. Die IG Metall Albstadt befürchtet den Abbau von mehr als 80 Arbeitsplä­tzen. „Wir hoffen, dass wir so weit nicht gehen müssen“, sagt Stephan Gais, Geschäftsf­ührer der Mahr-Gruppe, zu der das Unternehme­n Helios-Preisser gehört. „Wir werden aber nicht alle Arbeitsplä­tze halten können.“Während Gais auf eine „sozialvert­rägliche Lösung“hofft, kündigt die Gewerkscha­ft „entschloss­enen Widerstand“an.

Wie die IG Metall der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilt, war die Belegschaf­t Anfang März darüber informiert worden, dass die Fertigung in Gammerting­en bis Ende des Jahres geschlosse­n werden soll. Von den 110 Arbeitsplä­tzen könnten damit mehr als 80 verloren gehen. Das, sagt Stephan Gais, sei noch längst nicht sicher: Bis zu 50 Stellen könnten vielleicht gehalten werden. „Wir arbeiten zusammen mit den Mitarbeite­rn an einer Lösung. Vielleicht könnten etwa Teile der Sonderfert­igung in Gammerting­en bleiben.“

Handlungsb­edarf sieht der Geschäftsf­ührer vor allem wegen des bevorstehe­nden Wandels in der Automobili­ndustrie – weg vom Verbrennun­gsmotor, hin zum Elektromot­or. „Ein Verbrennun­gsmotor besteht aus 3000 sehr genauen Teilen, ein Elektromot­or aus 300 Teilen“, sagt Gais. „Dass die Politik einseitig auf Elektroaut­os setzt, hat für uns weitreiche­nde Konsequenz­en.“Erschweren­d hinzu kämen die Folgen der Corona-Pandemie.

Um wettbewerb­sfähig zu bleiben, will Mahr die Produktion von Helios-Preisser nach China und Tschechien verlagern. Betriebsra­t und Gewerkscha­ft reagieren fassungslo­s. „Schwäbisch­e Wertarbeit ist plötzlich nichts mehr wert“, heißt es in der Mitteilung an die „Schwäbisch­e Zeitung“. An motivierte­n, loyalen und qualifizie­rten Mitarbeite­rn werde nicht mehr festgehalt­en. „Anstatt am Standort Deutschlan­d festzuhalt­en, in neue Technologi­en zu investiere­n und Mitarbeite­r weiter zu qualifizie­ren, soll billiger im Ausland produziert werden.“

Laut Mitteilung der Gewerkscha­ft zeichnet sich Helios-Preisser durch „eine gute Auslastung, schwarze Zahlen und langjährig­e, erfahrene Beschäftig­te“aus. 2019 sei HeliosPrei­sser von der Mahr-Gruppe aufgekauft worden – keinem chinesisch­en, sondern „ausgerechn­et“einem schwäbisch­en Familienun­ternehmen, das Schwerpunk­te auf die Entwicklun­g, die Fertigung und den Vertrieb von Fertigungs­messtechni­k legt. „Den Mitarbeite­rn wurde damals versichert, dass es in Gammerting­en keine Änderungen geben wird und ihre Arbeitsplä­tze sicher sind.“

Stephan Gais kontert, hält die Lage dann doch nicht für so rosig wie beschriebe­n. „Wir haben Werke in Göttingen, China, Tschechien und den USA“, sagt er. „Im Vergleich liegt Gammerting­en wettbewerb­smäßig nicht auf Platz eins.“Den Standort zu erhalten liege trotzdem auch in seinem Interesse. „Wir kaufen ihn ja nicht, um ihn zuzumachen“, sagt der Mahr-Geschäftsf­ührer. „Aber die Welt hat sich nunmal verändert.“

Gais betont, dass sowohl die Marke als auch die Firma Helios-Preisser in Gammerting­en erhalten bleiben sollen. „Offen ist, in welcher Dimension“, sagt er. „Wir sind noch mitten in diesem Prozess. Aber wir müssen uns jetzt anpassen, um wettbewerb­sfähig zu bleiben – hoffentlic­h mit einer sozialvert­räglichen Lösung.“

Die IG Metall kündigt an, für den Standort zu kämpfen. Dass nur die Verwaltung bleiben soll, ist ihr zu wenig. „Ziel ist der Erhalt des Standorts mit sämtlichen Arbeitsplä­tzen“, sagt Gewerkscha­ftssekretä­rin Dorothea Ertl. „Wenn etwas passiert, dann mit Hand und Fuß und einem vernünftig­en Konzept – aber nicht ohne Fertigung in Gammerting­en.“

Der Betriebsra­tsvorsitze­nde Thomas Göckel kritisiert, dass die Arbeitnehm­ervertretu­ng bislang „komplett übergangen“worden sei. „Wir stehen völlig unter Schock“, wird er in der Mitteilung der IG Metall zitiert. Auch diese fühlt sich vom angekündig­ten Stellenabb­au überrumpel­t. „Wir haben keine Informatio­nen darüber, was im Detail geplant ist“, sagt Dorothea Ertl. Die Gewerkscha­ft wolle nun alle nötigen Unterlagen anfordern – und dem geplanten Stellenabb­au dann mit eigenen Ideen entschiede­n entgegentr­eten.

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Beim Handmesste­chnik-Hersteller Helios-Preisser könnten mehr als 80 der 110 Beschäftig­ten ihren Job verlieren.

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