Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Mehr als 80 Mitarbeiter bangen um Job
Bei Helios-Preisser soll Großteil der Stellen wegfallen – IG Metall kündigt Widerstand an
- Beim Handmesstechnik-Hersteller Helios-Preisser in Gammertingen sollen massiv Stellen gestrichen werden. Die IG Metall Albstadt befürchtet den Abbau von mehr als 80 Arbeitsplätzen. „Wir hoffen, dass wir so weit nicht gehen müssen“, sagt Stephan Gais, Geschäftsführer der Mahr-Gruppe, zu der das Unternehmen Helios-Preisser gehört. „Wir werden aber nicht alle Arbeitsplätze halten können.“Während Gais auf eine „sozialverträgliche Lösung“hofft, kündigt die Gewerkschaft „entschlossenen Widerstand“an.
Wie die IG Metall der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, war die Belegschaft Anfang März darüber informiert worden, dass die Fertigung in Gammertingen bis Ende des Jahres geschlossen werden soll. Von den 110 Arbeitsplätzen könnten damit mehr als 80 verloren gehen. Das, sagt Stephan Gais, sei noch längst nicht sicher: Bis zu 50 Stellen könnten vielleicht gehalten werden. „Wir arbeiten zusammen mit den Mitarbeitern an einer Lösung. Vielleicht könnten etwa Teile der Sonderfertigung in Gammertingen bleiben.“
Handlungsbedarf sieht der Geschäftsführer vor allem wegen des bevorstehenden Wandels in der Automobilindustrie – weg vom Verbrennungsmotor, hin zum Elektromotor. „Ein Verbrennungsmotor besteht aus 3000 sehr genauen Teilen, ein Elektromotor aus 300 Teilen“, sagt Gais. „Dass die Politik einseitig auf Elektroautos setzt, hat für uns weitreichende Konsequenzen.“Erschwerend hinzu kämen die Folgen der Corona-Pandemie.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, will Mahr die Produktion von Helios-Preisser nach China und Tschechien verlagern. Betriebsrat und Gewerkschaft reagieren fassungslos. „Schwäbische Wertarbeit ist plötzlich nichts mehr wert“, heißt es in der Mitteilung an die „Schwäbische Zeitung“. An motivierten, loyalen und qualifizierten Mitarbeitern werde nicht mehr festgehalten. „Anstatt am Standort Deutschland festzuhalten, in neue Technologien zu investieren und Mitarbeiter weiter zu qualifizieren, soll billiger im Ausland produziert werden.“
Laut Mitteilung der Gewerkschaft zeichnet sich Helios-Preisser durch „eine gute Auslastung, schwarze Zahlen und langjährige, erfahrene Beschäftigte“aus. 2019 sei HeliosPreisser von der Mahr-Gruppe aufgekauft worden – keinem chinesischen, sondern „ausgerechnet“einem schwäbischen Familienunternehmen, das Schwerpunkte auf die Entwicklung, die Fertigung und den Vertrieb von Fertigungsmesstechnik legt. „Den Mitarbeitern wurde damals versichert, dass es in Gammertingen keine Änderungen geben wird und ihre Arbeitsplätze sicher sind.“
Stephan Gais kontert, hält die Lage dann doch nicht für so rosig wie beschrieben. „Wir haben Werke in Göttingen, China, Tschechien und den USA“, sagt er. „Im Vergleich liegt Gammertingen wettbewerbsmäßig nicht auf Platz eins.“Den Standort zu erhalten liege trotzdem auch in seinem Interesse. „Wir kaufen ihn ja nicht, um ihn zuzumachen“, sagt der Mahr-Geschäftsführer. „Aber die Welt hat sich nunmal verändert.“
Gais betont, dass sowohl die Marke als auch die Firma Helios-Preisser in Gammertingen erhalten bleiben sollen. „Offen ist, in welcher Dimension“, sagt er. „Wir sind noch mitten in diesem Prozess. Aber wir müssen uns jetzt anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben – hoffentlich mit einer sozialverträglichen Lösung.“
Die IG Metall kündigt an, für den Standort zu kämpfen. Dass nur die Verwaltung bleiben soll, ist ihr zu wenig. „Ziel ist der Erhalt des Standorts mit sämtlichen Arbeitsplätzen“, sagt Gewerkschaftssekretärin Dorothea Ertl. „Wenn etwas passiert, dann mit Hand und Fuß und einem vernünftigen Konzept – aber nicht ohne Fertigung in Gammertingen.“
Der Betriebsratsvorsitzende Thomas Göckel kritisiert, dass die Arbeitnehmervertretung bislang „komplett übergangen“worden sei. „Wir stehen völlig unter Schock“, wird er in der Mitteilung der IG Metall zitiert. Auch diese fühlt sich vom angekündigten Stellenabbau überrumpelt. „Wir haben keine Informationen darüber, was im Detail geplant ist“, sagt Dorothea Ertl. Die Gewerkschaft wolle nun alle nötigen Unterlagen anfordern – und dem geplanten Stellenabbau dann mit eigenen Ideen entschieden entgegentreten.