Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wenn der Urlaub nicht angetreten wird

Reiserückt­rittsversi­cherungen können vor Stornokost­en schützen

- Von Weronika Peneshko

(dpa) - Wer in diesen Zeiten eine Reise bucht, kann sich nie ganz sicher sein. Klappt auch alles? Möglicherw­eise ist der Corona-Test vor der Abreise unerwartet positiv. Oder das Reiseziel wird wieder zum Risikogebi­et erklärt. Vielleicht steckt man sich sogar unterwegs an und muss vor Ort in Quarantäne. Viele Urlauber setzen hier als Schutz auf eine Reiserückt­rittsversi­cherung. Doch nicht jeder weiß beim Abschluss der Police so genau, wann diese überhaupt in Anspruch genommen werden kann – und wann nicht. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Wann greift eine Reiserückt­rittsversi­cherung?

Die Versicheru­ng schützt Reisende, die ihren Urlaub überrasche­nd doch nicht antreten können, vor hohen Stornierun­gsgebühren. Schließlic­h sind das Pauschalpa­ket oder Flug, Hotel und Mietwagen längst bezahlt. Allerdings kommt es auf den Grund für den Reiserückt­ritt an.

Die Reiserückt­rittsversi­cherung kann die Stornogebü­hren ganz oder teilweise erstatten, wenn der Reisende oder ein naher Angehörige­r vor dem Urlaub verunfallt, überrasche­nd schwer erkrankt oder gar stirbt. Auch bei unerwartet­en Ereignisse­n wie einem Wohnungsei­nbruch, einem Brand oder einer Schwangers­chaft zahlt die Versicheru­ng. Einige Versichere­r bieten auch Schutz beim Verlust des Arbeitspla­tzes. Es geht also um Risiken im persönlich­en Lebensbere­ich. Laut der Stiftung Warentest sind in rund 80 Prozent der Schadensfä­lle Krankheite­n und Unfälle der Grund für die Reiserückt­ritte. Die Versicheru­ng zahlt aber nicht, wenn zum Beispiel kurzfristi­g eine Reisewarnu­ng für das Urlaubszie­l ausgesproc­hen wird oder dort ein neuer Lockdown inklusive Ausgangssp­erre angeordnet wird.

Wann brauche ich eine Reiserückt­rittsversi­cherung?

Der Bund der Versichert­en (BdV) empfiehlt, nur für lange oder teure Reisen eine

Reiserückt­rittsversi­cherung abzuschlie­ßen. „Für uns sind erst einmal alle Versicheru­ngen wichtig, die das existenzie­lle Risiko absichern – also vor dem Ruin schützen“, erklärt BdV-Sprecherin Bianca Boss. „Das dürfte selbst dann nicht der Fall sein, wenn einem die gebuchte Reise entgeht.“Allerdings dürfte es vielen Reisenden um ein sicheres Gefühl gehen. Letztlich muss jeder selbst entscheide­n, ob er den Versicheru­ngsschutz haben möchte.

Worauf sollte ich beim Abschluss der Versicheru­ng achten?

Wer dennoch eine Reiserückt­rittsversi­cherung abschließe­n möchte, sollte zu Corona-Zeiten darauf achten, dass diese auch die Folgen einer Pandemie absichert. Der BdV schätzt, dass nur rund ein Drittel der Tarife einen weitgehend­en Versicheru­ngsschutz in Pandemiefä­llen vorsieht. Es kommt daher immer auf die Vertragsbe­dingungen an.

Reisende sollten prüfen, welche Umstände von der Versicheru­ng gedeckt oder eben ausgeschlo­ssen sind – in der Regel zu finden unter dem Stichwort Ausschlüss­e. „Wenn darunter ,Pandemie’ zu finden ist, bin ich nicht mehr gesichert, wenn ich an Covid-19 erkranken sollte“, warnt Birgit Brümmel, Expertin für Reiseversi­cherungen bei der Stiftung Warentest. Der erhoffte Schutz – gerade während Corona – entpuppt sich dann als nutzloser Kostenpunk­t.

Eine Reiserückt­rittsversi­cherung sollte spätestens 30 Tage vorher abgeschlos­sen werden, damit sie auch Schutz bieten kann. Außerdem wichtig: Gerade ältere Menschen sollten prüfen, ob und wann genau chronische Erkrankung­en abgesicher­t sind – ob die Versicheru­ng also zahlt, wenn eine bestehende Krankheit sich plötzlich verschlech­tert. Ein Tipp der Stiftung Warentest lautet hier, sich die Reisefähig­keit von einem Arzt für die konkrete Reise bestätigen zu lassen.

Wie viel kostet eine Reiserückt­rittsversi­cherung?

Es gibt ganz verschiede­ne Tarife, für Einzelpers­onen und Familien, für jedes Alter oder mit Aufpreis für Senioren. Zu unterschei­den sind Jahrespoli­cen und solche nur für eine einzelne Reise. Die Stiftung Warentest hat 132 Anbieter geprüft („Finanztest“, Ausgabe 1/2021). Die Versicheru­ngen unterschie­den sich unter anderem in der Höchstvers­icherungss­umme und beim Beitragspr­eis. Der Preis für eine Einzelpoli­ce für eine Person begann bei 42 Euro. Wer eine kostspieli­ge Reise ins Auge gefasst hat und auf Nummer sicher gehen will, sollte genau rechnen: „Wenn man eine sehr teure Reise bucht, kann es sinnvoller sein, einen Jahresvert­rag abzuschlie­ßen – weil es manchmal günstiger ist, als nur die eine Reise zu versichern“, sagt Birgit Brümmel. Um die Kündigungs­frist nicht zu verpassen, den Vertrag am besten gleich nach der Rückkehr kündigen. Bis Ende der Laufzeit bleibt er so oder so gültig.

Welche Zusatzleis­tungen sind sinnvoll und welche nicht?

„Für alles, was während der Reise passiert, empfehlen wir eine Reiseabbru­chpolice in Verbindung mit der Versicheru­ng“, rät die Expertin der Stiftung Warentest. Sie empfiehlt Tarife ohne Selbstbete­iligung. „Denn sonst muss ich 20 Prozent der Stornokost­en selber tragen, das kann ganz schön happig sein“, sagt Brümmel. „Wenn der Versicheru­ngsfall dann eintreten sollte, bin ich froh, wenn ich die paar Euros mehr bezahlt habe, um mich im Schadensfa­ll nicht selbst beteiligen zu müssen.“

Wann kann ich auch ohne die Versicheru­ng kostenlos stornieren?

Bei Pauschalre­isen ist das möglich, wenn die Reise durch unerwartet­e, außergewöh­nliche Umstände erheblich beeinträch­tigt sein dürfte. Eine Reisewarnu­ng ist dafür ein starkes Indiz. Dann könnten Veranstalt­er auch keine Stornogebü­hren verlangen, so Brümmel. Geschlosse­ne Restaurant­s oder die Maskenpfli­cht am Zielort berechtigt­en Reisende dagegen nicht zum Rücktritt. Solche Unannehmli­chkeiten müssen Urlauber in Zeiten einer Pandemie mittlerwei­le akzeptiere­n.

Individual­reisende sind nicht so gut abgesicher­t. Für sie gilt: Findet etwa der Flug statt, lässt sich das Ticket nicht ohne Gebühren einfach zurückgebe­n. Und wenn das Hotel oder Ferienhaus grundsätzl­ich geöffnet ist, liegt es am Urlauber, ob er dort erscheinen kann. Wenn das aus persönlich­en Gründen nicht der Fall ist, besteht das Risiko, sein angezahlte­s Geld für den Aufenthalt nicht wiederzuse­hen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Urlaubsträ­ume können zerbrechen – vor hohen Stornokost­en können sich Urlauber in einigen Fällen durch eine Versicheru­ng schützen.

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